In der Schule Marias hin zum grossen Geheimnis
“Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach”
Mit dem Papst durch den Marienmonat Mai
Auf kath.net jeden Tag eine Betrachtung zur Gottesmutter aus dem Lehramt Benedikts XVI. zu Maria. Von Armin Schwibach
Rom, kath.net, 30. Mai 2012
Wir betrachten heute Maria, die jungfräuliche Mutter des eingeborenen Sohnes des Vaters; lernen wir von ihr, das Kind aufzunehmen, das für uns in Betlehem geboren ist. Wenn wir in dem von ihr geborenen Kind den ewigen Sohn Gottes erkennen und ihn als unseren einzigen Heiland aufnehmen, dürfen wir uns Söhne Gottes nennen und sind es wirklich: Söhne im Sohn. Der Apostel schreibt: “Gott sandte seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen” (Gal 4,4–5).
Der Evangelist Lukas wiederholt mehrmals, dass Maria in Stille nachdachte über diese ausserordentlichen Geschehnisse, in die Gott sie einbezogen hatte. Das haben wir auch in dem kurzen Abschnitt des Evangeliums gehört, den uns die Liturgie heute vorlegt. “Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach” (Lk 2,19). Das griechische Wort, das verwendet wird: symbállousa bedeutet wortwörtlich “zusammensetzen” und lässt an ein grosses Geheimnis denken, das nach und nach entdeckt werden muss.
Das Kind, das in der Krippe weint und scheinbar allen Kindern der Welt gleicht, ist aber zugleich ganz anders: Es ist der Sohn Gottes, es ist Gott, wahrer Gott und wahrer Mensch. Dieses Geheimnis – die Menschwerdung des göttlichen Wortes und die Gottesmutterschaft Marias – ist gross und mit der menschlichen Vernunft allein nicht leicht zu begreifen.
Aber in der Schule Marias können wir mit dem Herzen das erfassen, was die Augen und der Sinn allein nicht wahrnehmen und fassen können. Denn es handelt sich um ein so grosses Geschenk, dass wir es nur im Glauben annehmen können, ohne es ganz zu verstehen. Und auf diesem Glaubensweg kommt uns gerade Maria entgehen, sie stützt und leitet uns. Sie ist Mutter, weil sie Jesus im Fleisch geboren hat; sie ist es, weil sie dem Willen des Vaters ganz zugestimmt hat.
Der hl. Augustinus schreibt: “Für sie wäre die Gottesmutterschaft wertlos gewesen, wenn sie nicht Christus im Herzen getragen hätte, mit einem glücklicheren Los als dem, als sie ihn im Fleisch empfing” (De sancta Virginitate, 3,3). Und Maria bewahrte und “setzte” die nachfolgenden Ereignisse “zusammen”, deren Zeugin und Protagonistin sie war, bis zum Kreuzestod und zur Auferstehung ihres Sohnes Jesus.
Liebe Brüder und Schwestern, nur wenn wir alles, was wir erleben, zu einer Einheit zusammensetzen und im Herzen bewahren, können wir in der Nachfolge Marias in das Geheimnis eines Gottes eindringen, der aus Liebe Mensch geworden ist und uns ruft, ihm auf dem Weg der Liebe zu folgen: einer Liebe, die jeden Tag in einen grossmütigen Dienst an den Brüdern und Schwestern umzusetzen ist.
Predigt, 1. Januar 2008
Vatikan der Heilige Rosenkranz
Rosenkranz Seliger Papst Johannes Paul II.
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