Ukrainischer Bischof: “Gott wird beenden, was der Mensch begonnen hat”

Der ukrainische Weihbischof Wolodymyr Hruza von Lwiw hat die in Berlin laufenden internationalen Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand in der Ukraine grundsätzlich begrüßt. Er warnte im Interview mit dem Domradio jedoch entschieden vor einem Friedensschluss um jeden Preis, da ein Kompromiss ohne Gerechtigkeit den russischen Imperialismus und das Böse stärken würde

Quelle
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Im Interview mit DOMRADIO.DE betonte Bischof Hruza, dass Gespräche immer wichtig seien, hob aber hervor, dass die Ukraine unbedingt am Dialog beteiligt sein müsse, damit die Verhandlungen nicht über ihre Köpfe hinweg geführt werden.

Warnung vor Landverzicht und Imperialismus

Angesprochen auf mögliche Friedenspläne, die unter anderem einen Rückzug ukrainischer Streitkräfte aus Teilen der Ostukraine oder den Verzicht auf NATO-Beitritt fordern, reagierte der Weihbischof mit großer Sorge.

Zum NATO-Beitritt betonte er: “Es geht nicht zwingend um einen Beitritt, sondern um Sicherheit. Die Menschen in der Ukraine wollen eine Garantie, die ihre Zukunft absichert.”

“Es geht nicht zwingend um einen NATO-Beitritt, sondern um Sicherheit. Die Menschen in der Ukraine wollen eine Garantie, die ihre Zukunft absichert”

Hinsichtlich des Verzichts auf Landesteile äußerte Hruza tiefe Betroffenheit: “Auf ein Stück Land verzichten? Das wäre sehr schmerzhaft. Denn das Land ist wie eine Einheit, wie ein Körper.” Er betonte, dass es nicht nur um die Ukraine gehe, sondern um die Sicherheit Europas und die Weltordnung: “Russland braucht nicht noch mehr Land, davon haben sie genug. Es geht um Imperialismus.” Ein Waffenstillstand ohne Gerechtigkeit und Sanktionen würde das Böse siegen lassen.

Erschöpfung im vierten Kriegswinter

Der Weihbischof beschrieb die Lage der ukrainischen Bevölkerung im vierten Kriegswinter als physisch und psychisch zutiefst erschöpft. Nirgendwo im Land herrsche Sicherheit, die Gefahr von Raketen- und Drohnenangriffen sei allgegenwärtig.

Die Menschen lebten von Tag zu Tag und könnten keine Zukunftspläne schmieden. In dieser Lage sei Aufgeben keine Option, da dies “hieße, in die Knechtschaft zu gehen.” Es sei wichtig, dass die Opfer nicht umsonst gewesen seien.

Glaube gibt Halt und die Kraft zur Vergebung

Trotz der allgegenwärtigen Gefahr bereiteten sich die Menschen auf Weihnachten vor und schöpften Kraft aus der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Besonders für junge Menschen, denen die Unbeschwertheit gestohlen werde, und für Familien mit Verlusten sei es wichtig, so viel Normalität wie möglich zu schaffen.

Hruza hob die stärkende Rolle des Glaubens hervor: “Corona hatte die Menschen von der Kirche entfernt und der Krieg hat sie wieder zurückgebracht.” In der Gemeinschaft suchten sie Unterstützung und Solidarität.

“Corona hatte die Menschen von der Kirche entfernt und der Krieg hat sie wieder zurückgebracht”

Auf die Frage nach der im Evangelium geforderten Feindesliebe angesichts des erlittenen Leids räumte der Bischof die Schwierigkeit ein. Er betonte aber: “Wenn wir Tag und Nacht mit dem Wunsch nach Rache und Vergeltung leben, wird es uns dann besser gehen? Das vernichtet uns auch.” Es sei entscheidend, Rache und Verletzungen in Mut zu verwandeln, um leben und sich verteidigen zu können.

Die Menschen vertrauten in dieser Situation nur noch Gott. “Wir glauben, dass Gott beenden wird, was die Menschen begonnen haben.”

Als wichtiges Anliegen nannte der Weihbischof die Rehabilitation traumatisierter Menschen und bat die Gläubigen in Deutschland um weitere Unterstützung. Die griechisch-katholische Kirche in Lwiw baut derzeit ein Rehazentrum auf, um den Menschen ganzheitliche psychologische und spirituelle Hilfe anzubieten.

domradio – mg, 16. Dezember 2025

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