Das Glaubensbekenntnis ist mehr als ein liturgischer Text

Das Glaubensbekenntnis ist mehr als ein liturgischer Text, es ist die gemeinsame Sprache der Kirche und der Maßstab für ein Leben aus dem Glauben

Quelle
Porta fidei
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10.07.2025

Wolfgang Ipolt

Immer wenn es um das Leben als Christ oder seine besondere Ausformung in einer bestimmten Berufung geht, bedarf es des ausdrücklichen Bekenntnisses des Glaubens an den, dem der Christ in seinem Leben folgen will. Dieser Zusammenhang wird besonders deutlich in unserer Liturgie. Wenn Eltern wünschen, dass ihr Kind getauft wird, werden sie zuerst nach ihrem Glauben an den dreifaltigen Gott gefragt und ob es ihr Wunsch ist, dass das Kind auf diesen Glauben – den Glauben der Kirche – getauft wird. Bevor junge Menschen das Sakrament der Firmung empfangen, müssen sie sich selbst als gläubig zu erkennen geben und vor der versammelten Gemeinde mehrfach den eindrücklichen Satz wiederholen: “Ich glaube.” Ohne diesen ihren persönlichen Glauben bliebe der Empfang des Sakramentes ein fruchtloser Ritus, der aus einer gewissen Tradition heraus vollzogen wird, aber keine Folgen hat.

In seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen ist das Bekenntnis des Glaubens besonders dann, wenn jemand in den Dienst der Kirche tritt – als Bischof, Priester, Katechetin, Religionslehrer oder theologischer Lehrer – und damit für den Glauben der Kirche einsteht und es zu seinem Beruf machen will, diesen Glauben zu verkünden und anderen Menschen nahe zu bringen. Alle diese Genannten wollen letztlich andere Menschen zum Glauben führen oder ihnen helfen, die eigene Glaubensentscheidung zu vertiefen. Die Gläubigen und die, die noch auf der Suche nach Gott sind, erwarten darum mit Recht, dass sie in den Dienern der Kirche bekennenden Christen begegnen, deren Leben vom Glauben durchdrungen und geprägt ist. Bis heute sprechen zum Beispiel die Priester vor ihrer Weihe in der Professio fidei das Glaubensbekenntnis, das im Kern in Nizäa formuliert wurde. Ebenso wird dieser Text verwendet, wenn Frauen und Männern in der “Missio canonica” die kirchliche Sendung verliehen wird und sie als glaubwürdige Zeugen für den Glauben der Kirche in einen konkreten Dienst gesandt werden.

Ein Kernstück der Ökumene

Es ist ein großes Geschenk, dass uns das Konzil von Nicäa vor 1700 Jahren eine Glaubensformel hinterlassen hat, die bis heute alle Christen teilen. “Das nizäno-konstantinopolitanische Bekenntnis, das auf dem vierten Konzil von Chalkedon 451 als allgemeines Symbolum ratifiziert wurde, ist das einzige Glaubensbekenntnis, das von der römisch-katholischen, evangelischen und orthodoxen Christenheit gemeinsam geteilt wird. Das hierzulande gebräuchliche Apostolische Glaubensbekenntnis hat in den Kirchen des Ostens keine liturgische Rezeption gefunden, hier besteht eine Differenz der gottesdienstlichen Praxis. Dennoch ist das nizäno-konstantinopolitanische Bekenntnis ökumenisch von allergrößter Bedeutung, was nicht nur Papst Franziskus, sondern auch der Ökumenische Rat der Kirchen in Genf herausgestellt hat. Kein anderes Bekenntnis hat eine solche einmütige Aufnahme erfahren.

Weil es im Glaubensbekenntnis um mehr geht als um die Rezitation eines alten Textes im Gottesdienst oder bei anderen bestimmten Gelegenheiten, ist an dieser Stelle noch ein anderes wichtiges Element zu bedenken. Wer den Text des Glaubensbekenntnisses spricht, reiht sich ein in die Gemeinschaft der Kirche vor ihm und heute und in Zukunft. Insofern hat das Bekennen des Glaubens mit den Worten des Credos von Nizäa immer auch eine ekklesiologische Bedeutung. Ich mache mir meinen Glauben nicht selbst zurecht. Ich wähle auch nicht aus. Ich mache mir vielmehr die Worte zu eigen, die viele vor mir gesprochen haben. Manche von ihnen haben dafür sogar das Martyrium erlitten. Denn: Niemand glaubt ja für sich allein. Wir sind und bleiben immer Mit-Glaubende mit anderen. Das ist tröstlich, weil wir um die Gebrochenheit des eigenen persönlichen Glaubens wissen und erfahren, dass wir hinter dem gesprochenen Bekenntnis immer zurückbleiben. Zugleich ermöglicht ein solches gemeinsames Bekennen es erst, dass wir Kirche sein können – eine Gemeinschaft von Glaubensstarken und Glaubensschwächeren, die sich gegenseitig stützt und sich immer wieder ausrichtet an dem, was sie in den Worten des Symbolum ausdrückt”.

Durch die Taufe sind wir Christus gleichgestaltet

Der Katechismus der Katholischen Kirche drückt das so aus: “Wer sagt ‘Ich glaube’, sagt: ‘Ich glaube das, was wir glauben’. Die Gemeinschaft im Glauben bedarf einer gemeinsamen Glaubenssprache, die für alle verbindlich ist und im gleichen Bekenntnis des Glaubens eint.” Für mich ist es einer der bewegendsten Augenblicke im Kirchenjahr, wenn in der Osternacht die versammelte Gemeinde angesichts des Ereignisses der Auferstehung Jesu sich neu zu ihrem Taufglauben bekennt. Denn das Sakrament der Taufe hat uns ein für alle Mal Christus gleichgestaltet in Tod und Auferstehung. Auch der Priester oder Bischof, der in der Liturgie die vorgesehenen Fragen an die Gemeinde stellt, weiß in diesem Augenblick, dass auch er nur glauben kann in der großen Gemeinschaft derer, die mit ihm den Weg des Glaubens gehen und aus deren Glauben auch sein Dienst Nahrung und Halt empfängt.

In den Feiern des Katechumenats für die Erwachsenen, die sich auf die Taufe vorbereiten, ist eine eigene Übergabe des Glaubensbekenntnisses an die Taufbewerber vorgesehen. Dieser kleine Ritus will deutlich machen, dass es um den Glauben der ganzen Kirche geht, in den der Katechumene hineinfinden und den er annehmen soll.

Das Bekenntnis muss das ganze Leben prägen

Bei der Übergabe des Glaubensbekenntnisses sagt der Priester zu den Taufbewerbern: “Die hier versammelte Gemeinde wird Ihnen nun das Glaubensbekenntnis vorsprechen. Es sind nur wenige Sätze, aber sie umfassen den ganzen Reichtum unseres Glaubens. Nehmen Sie diese Worte in sich auf, damit sie eine Quelle der Freude und ein fester Halt in Ihrem Leben sind.” Mit dieser Formulierung werden wir auf einen wichtigen Zusammenhang aufmerksam gemacht, der nicht übersehen werden darf. Das Bekennen des Glaubens darf nie zu leeren Worten erstarren, sondern muss sich im Leben auswirken, soll das ganze Leben prägen. Die fides quae (Inhalt des Glaubens) und die fides qua (Glaubensakt) sind untrennbar miteinander verbunden. Das scheint heute manchmal in Vergessenheit geraten zu sein. Denn viele koppeln das alltägliche Leben mit seinen kleinen und manchmal auch großen Entscheidungen von ihrer Glaubensüberzeugung ab. So entsteht ein Dissens, ein tiefer Graben, der auf Dauer von Gott und der Kirche wegführt. Wir müssen bedenken: Unser Glaube ist immer nur Antwort auf den Gott, der uns angesprochen hat. Somit ist er eine Beziehung, aus der das eigene Leben Sinn und Ziel empfängt. “Der Glaube ist die Entscheidung, beim Herrn zu sein und mit ihm zu leben” hat Papst Benedikt im Apostolischen Schreiben “Porta fidei” erklärt.

Nur wenn die Worte des Glaubensbekenntnisses in das eigene Leben übersetzt werden und ihm Gestalt geben, bleiben sie nicht leere Formeln, sondern werden zur sinnstiftenden und fruchtbaren Richtschnur für den Alltag. Das ist der tiefste Grund dafür, warum die Kirche von denen, die in den Dienst der Verkündigung des Glaubens treten, mit Recht verlangt, dass sie wirklich gläubige Christen sind und dies in Wort und Tat bezeugen. Nur so sind sie “glaub-würdig” im tiefen Sinn dieses Wortes. Den Glauben bekennen und den Glauben leben – das gehört untrennbar zusammen wie die zwei Seiten einer Münze.

Der Verfasser ist Bischof von Görlitz.

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