Der Kriegsverbrecher wird belohnt
Für eine Kapitulation braucht die Ukraine den US-Präsidenten nicht. Trumps Forderung, die Krim Russland zu überlassen, beschädigt nicht nur die Ukraine, sondern das Völkerrecht
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28.04.2025
Einen Präsidenten, der selbstständig Teile des Staatsgebietes seines Landes an einen Nachbarstaat übereignen kann, nennen wir Diktator. Insofern ist die Idee Donald Trumps, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj müsse einer Abtretung der Krim an Russland nur zustimmen, absurd. Und sie wirft ein Licht auf Trumps eigenes Staats- und Rechtsverständnis. Nein, Präsident Selenskyj kann überhaupt keine Gebiete der Ukraine selbstherrlich und alleine an die Russische Föderation übereignen. Dazu bedürfte es einer Volksabstimmung und einer Verfassungsänderung, denn die Ukraine ist – im Gegensatz zu Russland – ein demokratischer Rechtsstaat.
Doch selbst wenn das Volk und das Parlament der Ukraine alle Weichen stellen sollten, um die Krim aufzugeben und – de jure oder de facto – Russland zu überlassen, ist damit der Krieg noch nicht zu Ende. Es handelt sich nämlich nicht um einen kleinen Grenzstreit, sondern um einen Kampf um das Selbstbestimmungsrecht der Völker und eine regelbasierte internationale Ordnung. Laut einem Vorschlag, den Trumps alter Geschäftsfreund und neuer Sondergesandter Steve Witkoff präsentierte, wollen die USA auch die russische Kontrolle über Luhansk, Saporischschia, Donezk und Cherson anerkennen. Doch um zu kapitulieren, hätten die Ukrainer der amerikanischen Vermittlung nicht bedurft!
Putin hat noch mehr Kriegsziele
Washington will also nun de facto alles anerkennen, was Russland sich militärisch angeeignet hat. Das betrifft nicht nur die Ukraine, denn damit sind die Spielregeln der Weltpolitik völlig neu geordnet: Das Völkerrecht und das internationale Vertragsrecht sind damit auch von US-Seite außer Kraft gesetzt; die unilaterale Kriegsführung einschließlich zehntausender Kriegsverbrechen wird ausdrücklich belohnt. Noch deutlicher kann man eine Einladung an Diktatoren in aller Welt, die Gebietsansprüche an ihre Nachbarn militärisch durchsetzen wollen, gar nicht formulieren.
Für Wladimir Putin, der die Zerstörung der Ukraine indes unvermindert fortsetzt, ist das gewiss kein Signal, seine öffentlich proklamierten Kriegsziele zu reduzieren. Wenn er jetzt Verhandlungsbereitschaft signalisiert, dann nur, weil Trump für ihn bereits gut verhandelt hat. Wenn die US-Agenda durchgesetzt wird, kann sich Putin die militärisch errungene Beute sichern, kann dafür die Aufhebung der Sanktionen fordern, seine Wirtschaft konsolidieren und dann den Rest seiner Kriegsziele in Angriff nehmen. Und deren Liste ist lang: Das weiß man in Kiew, auch in Warschau, Vilnius, Tallinn und Riga – offenbar aber nicht mehr in Washington.
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