Ostern in Rom
Ostern in Rom – Franziskus erscheint selber auf der Loggia und spendet den Segen “Urbi et Orbi”. Die Osterbotschaft der Hoffnung verliest sein Zeremonienmeister
“Jedes Leben ist kostbar, vom Mutterleib bis ins hohe Alter”
20.04.2025
Der Morgen hatte kühl und grau begonnen. Aber als Kardinal Angelo Comastri, ehemals Erzpriester der Vatikanbasilika, die feierliche Ostermesse auf der Altarinsel vor dem Petersdom begann, war der Petersplatz gut gefüllt – der sich wie jedes Jahr zu Ostern von holländischen Gärtnereien reich mit Blumen und Pflanzen geschmückt präsentierte. Bis weit in die Via della Conciliazione hinein drängten sich Gläubige und Pilger, der Himmel hatte inzwischen eine bläuliche Färbung angenommen und die Sonne wärmte die Menschen schnell wieder auf.
Comastri verlas die Predigt des Papstes, mit fester Stimme hob der 81-jährige Kardinal die Hoffnung hervor, die sich mit Ostern verbindet:
“Brüder und Schwestern,
hierin liegt die größte Hoffnung unseres Lebens: Wir können uns in diesem armen, zerbrechlichen und verletzten Leben an Christus klammern, weil er den Tod besiegt hat, weil er unsere Dunkelheit besiegt und die Finsternis der Welt besiegen wird, damit wir für immer mit ihm in Freude leben können.”
Hoffnung als Medizin gegen weltliche Ablenkung
Die Hoffnung ist auch das Thema des Heiligen Jahres, und in der von Comastri verlesenen Predigt beschreibt sie Papst Franziskus als Medizin gegen jedwede weltliche Ablenkung und Traurigkeit: “Das Heilige Jahr ruft uns auf, das Geschenk dieser Hoffnung in uns zu erneuern, ihr unsere Leiden und Sorgen zu überlassen, die Menschen, denen wir auf unserem Weg begegnen, mit dieser Hoffnung anzustecken, und ihr die Zukunft unseres Lebens und das Schicksal der Menschheit anzuvertrauen. Deshalb dürfen wir unser Herz nicht in den Illusionen dieser Welt ‘parken’ oder es in Traurigkeit verschließen; wir müssen voller Freude loslaufen. Laufen wir Jesus entgegen, entdecken wir die unschätzbare Gnade, seine Freunde zu sein. Lassen wir zu, dass sein Wort des Lebens und der Wahrheit unseren Weg erleuchtet.”
Wer würde mittags auf der Loggia des Petersdoms erscheinen, um die Botschaft zum Segen “Urbi et orbi” zu verlesen? Das war die Frage, die sich vor allem die Medien, aber auch viele der Anwesenden auf dem Petersplatz stellen. Um 12.03 Uhr ist es soweit: Sein Pfleger schiebt den Papst selber im Rollstuhl auf den mit dem päpstlichen Wappen geschmückten Balkon, die Kapelle der Schweizer Garde spielte die ersten Takte eines Marschs und Franziskus wünscht mit eigener, belegt klingender Stimme frohe Ostern. Aber die Ansprache verliest dann der Zeremoniar für die liturgischen Feiern des Papstes, Erzbischof Diego Giovanni Ravelli.
Papst wendet sich an Notleidende in aller Welt
Die Osterbotschaft des Papstes dreht sich zunächst um den Kern des christlichen Glaubens an die Erlösung des Menschen durch die Auferstehung Jesu Christi: “Christus ist auferstanden! Diese Botschaft enthält den ganzen Sinn unseres Daseins, das nicht für den Tod, sondern für das Leben bestimmt ist. Ostern ist das Fest des Lebens! Gott hat uns für das Leben erschaffen und er will, dass die Menschheit aufersteht! In seinen Augen ist jedes Leben kostbar! Das der Kinder im Mutterleib ebenso wie das der Alten oder Kranken, die in immer mehr Ländern als Menschen betrachtet werden, derer man sich entledigen kann.”
Dann wendet sich der Papst an diejenigen, die heute in der Welt die größte Not leiden, und er beginnt mit den Christen im Heiligen Land: “Vom Heiligen Grab in der Auferstehungskirche aus, wo Katholiken und Orthodoxe dieses Jahr am selben Tag Ostern feiern, möge das Licht des Friedens ausstrahlen über das gesamte Heilige Land und die ganze Welt. Den leidenden Christen in Palästina und Israel wie dem gesamten israelischen und palästinensischen Volk bekunde ich meine Nähe. Das wachsende Klima des Antisemitismus, das sich in der ganzen Welt ausbreitet, ist besorgniserregend. Gleichzeitig sind meine Gedanken bei den Menschen und insbesondere bei der christlichen Gemeinde im Gazastreifen, wo der schreckliche Konflikt weiterhin Tod und Zerstörung bringt und eine dramatische und unwürdige humanitäre Situation verursacht. Ich appelliere an die Kriegsparteien, das Feuer einzustellen, die Geiseln freizulassen und den Menschen zu helfen, die hungern und sich nach einer friedlichen Zukunft sehnen!”
Bemühungen um gerechten und dauerhaften Frieden fortsetzen
Weiter gedenkt Franziskus der christlichen Gemeinschaften im Libanon und in Syrien, erwähnt das Volk des Jemen, das aufgrund des Krieges eine der schlimmsten “verlängerten” humanitären Krisen der Welt durchlebt, und kommt dann auf den Krieg in Europa zu sprechen: “Möge der auferstandene Christus der gepeinigten Ukraine das österliche Geschenk des Friedens zuteilwerden lassen und alle Beteiligten ermutigen, ihre Bemühungen um einen gerechten und dauerhaften Frieden fortzusetzen.”
Erwähnt werden auch die Völker Afrikas, “die insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan und im Südsudan Opfer von Gewalt und Konflikten sind”. Es könne keinen Frieden geben ohne echte Abrüstung, fordert der Papst: “Der Anspruch eines jeden Volkes, für seine eigene Verteidigung zu sorgen, darf nicht zu einem allgemeinen Wettrüsten führen. Das Osterlicht spornt uns an, die Schranken zu überwinden, die Spaltungen hervorrufen und eine Vielzahl an politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen nach sich ziehen.”
Papst ist sichtbar, aber auf Hilfe angewiesen
Schließlich der Segen selbst. Die Einführung mit den Voraussetzungen für einen vollkommenen Ablass beim Empfang des Ostersegens verliest der Kardinalvikar für die Diözese Rom, Erzbischof Baldassare Reina, den Segen “im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes” erteilt Franziskus selber, wieder mit einer recht schwachen Stimme. Was sich der Papst aber nicht nehmen lässt, ist eine weit ausgedehnte Fahrt durch die Reihen der Gläubigen auf dem Petersplatz bis zur Via della Conciliazione.
Nach langer Krankheit ist der Papst wieder da – aber er kann kaum selber sprechen oder Liturgien feiern. Die diesjährige Karwoche und die Feier des Tods und der Auferstehung Jesus Christi – ein Besuch am Gründonnerstag bei römischen Gefangenen eingeschlossen – war wohl der Beginn einer Zeit, in der Franziskus wieder sichtbar ist, aber die Hilfe seiner Kardinäle und Kurienprälaten braucht.
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