Großerzbischof Schewtschuk über das Ostergeheimnis im Krieg

Ukraine: Großerzbischof Schewtschuk über das Ostergeheimnis im Krieg

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Im Interview mit den vatikanischen Medien hat das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, über die Kraft der Hoffnung gesprochen – nicht als vager Optimismus, sondern als gelebte christliche Tugend im Angesicht des Krieges. Er erzählt von einem Volk, das trotz tiefer Wunden nicht verzweifelt, sondern sich in der Nachfolge Christi gegenseitig stützt und gemeinsam auf das Licht der Auferstehung zugeht.

Svitlana Dukhovych und Mario Galgano – Vatikanstadt

Besonders erschütternd war der russische Raketenangriff am Palmsonntag auf die Stadt Sumy, bei dem 34 Menschen – darunter zwei Kinder – ums Leben kamen. “Zwei Raketen trafen gezielt das Stadtzentrum”, berichtet der Großerzbischof. Die zweite explodierte, als bereits Rettungskräfte vor Ort waren – ein absichtlicher Akt gegen die Zivilbevölkerung. Doch anstatt in Panik zu verfallen, reagierten die Menschen mit Zusammenhalt: “Nach dem Angriff flohen die Menschen nicht, sondern halfen einander, bereiteten sich dann weiter auf Ostern vor. Sie lassen sich nicht einschüchtern.”

“Für uns ist die Hoffnung heute zur Quelle unseres Überlebens geworden.”

Dennoch sehe er Zeichen der Hoffnung, so Schewtschuk weiter: “Für uns ist die Hoffnung heute zur Quelle unseres Überlebens geworden, zur Kraft, die uns trägt”, hat Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk gesagt. Im Gespräch mit den vatikanischen Medien spricht das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche auch über das Heilige Jahr, die Bedeutung der Hoffnung in Zeiten des Krieges und den tiefen christlichen Sinn von Leid und Tod.

“Kraft des Auferstandenen, die in uns lebt und pulsiert”

Die Hoffnung, so erklärt Schewtschuk, sei für das ukrainische Volk heute keine bloße Emotion mehr, sondern eine Tugend, eine “Kraft des Auferstandenen, die in uns lebt und pulsiert”. Gerade in einer Zeit, in der das Leid zunimmt, wachse das Gefühl, dass Christus nicht nur mit uns, sondern in uns sei. Diese Hoffnung sei eine erlebte Wirklichkeit. Viele Gläubige pilgern trotz der Gefahr zu den Wallfahrtsorten und Sakramenten, um in der Gemeinschaft mit Christus und der Kirche Kraft zu schöpfen.

Der örtliche Priester von Sumy, Oleksandr Diadia, habe ihm geschildert, dass das Büro der Caritas nur 200 Meter vom Einschlagsort entfernt liegt – und dennoch seien am nächsten Tag alle Mitarbeiter wieder zur Stelle gewesen, um zu helfen. Besonders große Sorge gilt den Kindern. Schewtschuk dankte dem italienischen Caritas-Verband, der angeboten hat, 20 Kinder aus Sumy zu Erholungsaufenthalten nach Italien zu holen. Doch der Bedarf sei viel größer: “Hunderte Kinder brauchen zwei, drei Wochen in ruhigeren Regionen, um seelisch heilen zu können.”

Auch in der Ukraine

Das Heilige Jahr, dessen Motto “Pilger der Hoffnung” lautet, wird in der Ukraine trotz aller Widrigkeiten gefeiert. Im Unterschied zu früheren Jubiläumsjahren werde das Geschenk der Gnade in der jetzigen Notlage viel bewusster wahrgenommen. “Wenn du Schmerz und Begrenztheit erlebst, wird dir klar, dass du nicht autark bist”, so Schewtschuk. Daraus erwachse das Bedürfnis, mit anderen gemeinsam weiterzugehen – eine gelebte Solidarität, nicht nur zwischen den Menschen vor Ort, sondern auch mit der universalen Kirche. “Die Weltkirche geht mit uns, und wir spüren diese Nähe sehr stark.”

“Wenn du Schmerz und Begrenztheit erlebst, wird dir klar, dass du nicht autark bist.”

Auch seine eigene Sicht auf das Amt als Oberhaupt seiner Kirche habe sich durch die drei Kriegsjahre verändert. Die Ostkirchen feiern in jeder Liturgie die Freude der Auferstehung – doch nun begreife man tiefer, dass die “österliche Wirklichkeit auch Leid und Tod umfasst”. In einer Welt, die den Tod gerne verdrängt, werde er in der Ukraine täglich Realität. “Doch gerade im Leiden erkennen wir die Gegenwart Christi, im Tod sehen wir den Gekreuzigten, der unsere Todesangst auf sich genommen hat, um uns neues Leben zu schenken.”

Diese Erfahrung hat Auswirkungen auf das pastorale Wirken: Die Kirche begleitet die Menschen auf diesem Kreuzweg und bezeugt unermüdlich, dass das Leid kein Ende, sondern ein Anfang ist – “eine Tür zur Hoffnung, ein Schritt hin zur österlichen Wirklichkeit des Herrn”.

Zum Schluss richtet der Großerzbischof einen Ostergruß an die Welt: “Auch in der Ukraine ist Christus auferstanden, auch wir leben. Wir sind ein Volk auf dem Weg zur endgültigen Osterfreude. Wir wünschen euch die Freude, die durch die Tränen trägt. Christus ist auferstanden – er ist wahrhaft auferstanden!”

vatican news, 16. April 2025

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