Die ultimative Antwort fand er nicht bei Wikipedia

Bekehrung des Wikipedia-Gründers – Larry Sanger ist Mitgründer der Online-Enzyklopädie. Er verstand sich immer als ein Skeptiker, nun hat er zum Glauben gefunden

Quelle
Wie aus einem skeptischen Philosophen ein Christ wird – LarrySanger.org

23.02.2025

Elisabeth Hüffer

Vor fast genau 25 Jahren definierten Mitarbeiter einer kleinen Firma in Florida die Vision ihrer neuen Enzyklopädie: “Gelehrte auf der ganzen Welt schreiben für eine seriöse Online-Enzyklopädie, deren Einträge jedes gewünschte Medium frei verbreitet.” Das war der Anfang von Wikipedia. Nach einem Jahr brachte es die Online-Enzyklopädie schon auf achtzehntausend Einträge, bis August 2024 wurden es 63,5 Millionen.

Einer der Gründer ist Jimmy Wales, in bestimmten Kreisen weltberühmt. Und, “der andere”, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ihn vor Jahren in einer Veröffentlichung beschrieb, ist dieser Larry Sanger. Er machte mit der Gründung Wikipedias die Freude daran, Fragen zu stellen, was ihn schon als Kind charakterisiert haben soll, quasi zum Beruf. In katholischen Medien sorgte sein Name nun in jüngster Vergangenheit für Schlagzeilen. Der Grund: Am 5. Februar erschien Sangers Bekehrungsgeschichte als Essay in seinem Online-Blog. Eine Woche später folgte passend dazu die 90-minütige Verfilmung “How a Skeptical Philosopher Becomes a Christian”. “35 Jahre lang war ich nicht gläubig”, schreibt er dazu, “ein Anhänger der Rationalität, des methodischen Skeptizismus und einer etwas hartnäckigen und nüchternen (aber immer aufgeschlossenen) Strenge”.

Vom Gründer zum erbitterten Wikipedia-Kritiker

Studiert man die Entstehungsgeschichte Wikipedias, erscheint Larry Sangers Name ein wenig pflichtschuldig im Kleingedruckten. Wales hatte ihn zunächst von März 2000 bis Februar 2002 als Chefredakteur des Wikipedia-Vorgängers Nupedia, das Nacktbilder verbreitete, eingestellt. Zwei Jahre später, Wikipedia war zwei Jahre jung, verlässt Sanger die Online-Enzyklopädie bereits. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit Wales. Vielmehr wurde “Lawrence Mark Sanger”, so der vollständige Name des heute 57-Jährigen, bald sogar zum erbitterten Kritiker der Enzyklopädie: Er stufte es als unglaubwürdig für Bibliothekare, Lehrer und Akademiker ein, warf ihm Anti-Elitarismus vor und bezichtigte es der Verbreitung von Pornographie. Auf Sanger gehen viele der ursprünglichen, noch immer geltenden Prinzipien von Wikipedia wie das der Neutralität zurück. Das steht in dem ihm dort gewidmeten Eintrag.

Der promovierte Philosophieprofessor kam 1968 in Bellevue in Washington zur Welt und wuchs in Anchorage in Alaska auf. Sein Vater Gerry Sanger war Biologe bei der Marine, seiner Mutter zog die Kinder groß. Als Jugendlicher entfernte er sich von dem Glauben seiner lutherisch geprägten Familie. “Ich brauchte wirklich Hilfe, um diese Dinge zu durchdenken. Aber der Pfarrer hatte keine klaren oder überzeugenden Antworten”, kommentiert er seine damalige Entscheidung 2025 auf seinem Blog. Dass an Gott nur die glauben würden, die nicht in der Lage seien, schwierige Fragen zu beantworten, und denen es an Neugierde mangele, habe er damals gedacht. Auf der Suche nach der Wahrheit nahm er das Philosophiestudium am Reed College in Portland auf, welches er im Alter von 24 Jahren mit dem Bachelor of Arts abschloss. 2000 verlieh im die Ohio State University den “Ph.D.” in Philosophie. Bis 2005 lehrte er auch an Universitäten.

Initialzündung war seine Eheschließung

Damals sah er in den Geschichten der Bibel noch “primitive Mythen- und Weisheitsliteratur aus der Bronzezeit, die auf reicher Vorstellungskraft, missverstandenen Emotionen und anderen natürlichen psychologischen Erfahrungen beruhten”. Und heute? Heute haben sich seine Ansichten geändert, Sanger glaubt an Gott. Auslöser seien die Eheschließung 2001 mit seiner Frau, die er online kennengelernt haben soll und deren Namen er nicht preisgibt, sowie fünf Jahre später die Geburt seines ersten Sohnes gewesen. Insgesamt hat das Ehepaar nun zwei Söhne. Mehr als dass sie “gehomeschooled” werden, erfährt man auch über sie nicht. Sanger stellte seine atheistischen Positionen damals in Frage.

Etwa die, dass all unser Tun letztlich aus Eigeninteresse geschieht, denn, so seine Erwiderung: “Wenn ich bereit bin, für meine Frau und meine Kinder zu sterben, würde ich dann überhaupt in meinem eigenen Interesse handeln?” 2010 begann er, den Söhnen die Bibel vorzulesen und fand darin viele Antworten auf seine Fragen.

Die Bibel von Anfang bis Ende lesen

Er stieß außerdem auf den “Fall Epstein” und das damit verbundene System von Kinderhandel und Pädophilie. Dass solche Fälle mit okkulten spirituellen Praktiken in Verbindung stehen könnten, rief in ihm Interesse an der biblischen Lehre von Gut und Böse hervor. “Ich dachte, wenn ich etwas über Okkultismus lernen wollte, dann war es naheliegend, dass ich zuerst die Bibel von Anfang bis Ende lesen sollte, um einiges zu verstehen”, zitierte das Medienmagazin “Pro” ihn in einem kürzlich erschienen Artikel.

Mittlerweile macht er keinen Hehl mehr aus seiner Begeisterung für die Heilige Schrift: “Jeder sollte täglich die Bibel lesen”, postete er zu Beginn dieses Jahres. 2020 folgte Sangers öffentlichem Bekenntnis zu seinem Glauben an Gott sein philosophischer Aufsatz “Gott existiert: Ein philosophischer Fall für den christlichen Gott”. Das Evangelische Nachrichtenportal “Jesus.ch” zitierte vor kurzem sein öffentliches Glaubensbekenntnis:

“Ich akzeptiere (aus, wie ich meine, recht rationalen Gründen) die gesamte christliche Lehre, wie sie in der Bibel gelehrt wird; aber ich glaube an Gott, das heißt, ich bin loyal zu ihm und seinem Sohn und seinem Heiligen Geist, die eins sind”. Mitglied einer christlichen Kirche sei er bislang noch nicht, denn er habe noch zu viele Fragen und befürchte, mit seinen Ansichten anzuecken. Zu einer Sache fühle er sich aber mit Sicherheit berufen: Dazu, mit anderen Christen zusammen zu beten.

Katholischen Journalismus stärken

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!

Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:

Die Tagespost Stiftung- Spenden

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Hier kostenlos erhalten!

Themen & Autoren

Elisabeth Hüffer
Bibel
Glaubensbekenntnis
Gott
Heiliger Geist
Martin Luther
Pfarrer und Pastoren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel