Geistliche To-Do-Liste für Weihnachten
Advent im Endspurt: Was jetzt geistlich gesehen noch wichtig ist, erklärt Seelsorger und Priester Engelbert Recktenwald in der letzten Folge des “Tagespost”-Adventsguides
Quelle
Augen auf im Advent | Die Tagespost
22.12.2024
In unserem Advents-Guide begleiten wir Sie durch den Advent und zeigen Ihnen dabei, wie Sie die Vorweihnachtszeit geistlich gestalten können und werfen einen Blick auf die wichtigsten Festtage und dazugehörige Bräuche. Mit dieser letzten Folge wünschen wir Ihnen schon einmal frohe und gesegnete Weihnachten!
Jetzt ist es so weit! Nein – noch nicht ganz, aber wirklich fast! Können wir das noch, wie Kinder die fast nicht auszuhaltende Spannung zwischen dem vierten Advent und Weihnachten spüren? Vieles ist schon fast wie Weihnachten: Vielleicht hängt schon die weihnachtliche Dekoration, die Geschenke sind verpackt und sicher vor neugierigen Blicken versteckt – und doch ist da noch der quälende Montag, an dem sich der ein oder andere Späteinkäufer durch den Nieselregen schlägt, um noch das letzte Item auf der To-Do-Liste durchzustreichen. Oder an dem die To-Do-Liste zusammengeknüllt im Mülleimer landet, weil man sich eingestehen muss, dass am Ende doch nicht alles klappt. Frust, Vorfreude, Kaufrausch, Resignation – diese letzten Tage können prallvoll sein.
Was es braucht, ist eigentlich eine geistliche To-Do-Liste. Dabei muss die weltliche Liste aber nicht grundsätzlich leiden. “Das Kopfzerbrechen über die Wahl der Geschenke, das Einkaufen und Verpacken und all die Vorbereitungen können stressen und gehören doch dazu”, weiß Engelbert Recktenwald, “Tagespost”-Kolumnist und Priester in der Bruderschaft St. Petrus. Im Gespräch mit der “Tagespost” rät er dazu, die Vorbereitungen vielmehr ganz bewusst aus Liebe zu tun: “Damit nicht der Stress, sondern die Liebe das letzte Wort hat und meine Stimmung prägt.”
Wesentlich ist Jesus
Leitstern für die gelungene Weihnachtszeit, so Recktenwald, sei Jesus:
“Das Wesentliche ist der Herr. Gott ist Mensch geworden, um uns ganz nahe zu kommen.” An Weihnachten gehe es deshalb darum, diese Nähe zuzulassen. “Wir öffnen unser Herz und schenken ihm unsere Aufmerksamkeit, unsere Zeit, unsere Liebe.” Das göttliche Kind mache Gottes Liebe zu uns sichtbar. Und zwar zu allen, die es wissen wollen. Ein Gedankenspiel: Wenn Jesus heute geboren werden würde, statt vor 2.000 Jahren – wer würde dann zuerst zur Krippe kommen? “Es kommen jene zu ihm, die ein reines Herz haben und dadurch für das göttliche Licht empfänglich sind”, so Recktenwald. Wer das sei, könne kein Mensch sagen. “Das kann man an keinem sozialen Stand, an keinem Beruf, an nichts Äußerlichem festmachen. Zu Jesus kamen sowohl die armen Hirten wie auch die reichen Magier. Erst wenn er da ist, wird offenbar, was in des Menschen Herz ist.”
Auch für den einen oder anderen Christen kann Weihnachten eine Zeit der Ablenkung vom Wesentlichen sein: Denn die Welt dreht sich trotz der Feiertage weiter, und damit auch die Nachrichtenindustrie und unser Social-Media-Feed. Aber woher weiß man überhaupt, ob diese oder jene Nachricht in dieser Zeit wesentlich ist – oder eben nicht? “Alles, was mich näher zum Herrn bringt oder die Freude über diese Nähe ausdrückt, ist weihnachtlich gut. Was mich dagegen hindert, mich Ihm in meinem Herzen zu öffnen, gehört auf den Prüfstand”, erklärt Recktenwald. Das hänge natürlich auch davon ab, wie weit man sich stressen lasse. Weihnachtsvorbereitungen können stressig sein, gehören aber dazu. Beim halbstündigen Blick auf den X- oder Instagram-Feed ist dann vielleicht mal ein vorsichtiges Hinterfragen angesagt.
Genuss und Nächstenliebe
Was sollte also auf der “geistlichen To Do-Liste” für Weihnachten stehen? Kritisch könnte man vielleicht die kulinarische Opulenz auf dem Weihnachtstisch beäugen. Eierlikör, Plätzchen, Gänsebraten, Lebkuchenhäuser und was nicht noch alles. Lenkt das nicht vielleicht von der besinnlichen Stimmung ab? Nein, so Recktenwald: “Das Festliche drückt unsere Freude über die Ankunft des Herrn aus”, so der Priester. “Wenn wir das Wesentliche von Weihnachten verstanden haben und die Wahrheit von Weihnachten unser Herz erreicht, dann wird dadurch auch die ‘leibliche’ Feier geheiligt. Es gereicht Ihm zur Ehre!” Genuss soll also nicht zu kurz kommen. Was kommt noch auf die Liste? “Zeichen und Taten der Nächstenliebe”, empfiehlt Recktenwald, “besonders gegenüber Einsamen. Für einsame Menschen ist die Weihnachtszeit oft die Schmerzlichste.”
Filmtipp:
Evan Allmächtig (2007): Der Familienfilm mit Comedy-Genie Steven Carrell in der Hauptrolle erzählt auf unterhaltsame Weise von einem eingebildeten Politiker, den Gott (gespielt von Morgan Freeman) auf eine ungewöhnliche Mission schickt. Dabei braucht er eine Menge Demut, Gottvertrauen und die Hilfe seiner ganzen Familie, die sich auf das Abenteuer einlassen muss. Ein leichter, aber berührender Streifen für das Einstimmen auf das Wesentliche zur Weihnachtszeit.
“Evan Allmächtig” ist zurzeit bei Amazon Prime im Abo, auf AppleTV oder im SkyStore zum Ausleihen oder zum Kauf verfügbar.
Buchtipp:
Lois Lowry: Hüter der Erinnerung (1993): In einer dystopischen Welt, in der es keine Farben, Gerüche und nur streng kontrollierte Beziehungen gibt, erbt der 12-jährige Jonas die Last des “Hüters der Erinnerung”. Dabei macht er eine schreckliche Entdeckung und muss sich entscheiden: Für wildwachsendes Leben oder sterile Kontrolle. Lowrys Roman stellt die Frage, was für den Menschen wesentlich ist, provokativ und für Kinder ab 10 Jahren verständlich.
Lois Lowry: Hüter der Erinnerung. München: dtv junior, 208 Seiten, 9,95 EUR.
Geschenktipp:
Wer jetzt noch ein Geschenk sucht, ist wirklich spät dran! Aber aus der Not lässt sich eine Tugend machen. Nicht einfach panisch zum Geldbeutel greifen: Verschenken lässt sich auch Zeit, vor allem: Gemeinsame Zeit. Und dazu braucht es nur ein schönes Blatt Papier, ein Stift und alles, was die eigene Schönschrift und Kreativität anzubieten hat. Schnell lässt sich ein Gutschein basteln. Hier ein paar Ideen, über die sich Familienmitglieder wie auch Freunde garantiert freuen:
- Ein gemeinsamer Besuch im Museum, Zoo, Kino, Freizeit- oder Kletterpark
- Eine Einladung zum Frühstück, Kaffee oder Abendessen
- Ein selbstorganisierter Spieleabend
Gebetstipp:
Familie kann in der Weihnachtszeit ein Reizthema sein – ob man sie nicht hat und sie sich wünscht, oder sie hat, aber nicht leiden kann. Deshalb empfehlen wir in Vorbereitung für die Weihnachtszeit – bevor das Christuskind endlich in die Krippe hüpft – dieses Gebet von Papst Franziskus an die Heilige Familie:
Für Frieden in Familien, und für Familien für die Einsamen.
Jesus, Maria und Josef,
in euch betrachten wir
den Glanz der wahren Liebe,
an euch wenden wir uns voll Vertrauen.
Heilige Familie von Nazareth,
mache auch unsere Familien
zu Orten innigen Miteinanders
und zu Gemeinschaften des Gebetes, zu echten Schulen des Evangeliums und zu kleinen Hauskirchen.
Heilige Familie von Nazareth,
nie mehr gebe es in unseren Familien Gewalt, Halsstarrigkeit und Spaltung; wer Verletzung erfahren
oder Anstoß nehmen musste,
finde bald Trost und Heilung.
Heilige Familie von Nazareth,
lass allen bewusst werden,
wie heilig und unantastbar die Familie ist
und welche Schönheit sie besitzt im Plan Gottes.
Jesus, Maria und Josef,
hört und erhört unser Flehen.
Amen.
Predigten von Pater Engelbert Recktenwald finden Sie auf seinem YouTube-Kanal.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen
Themen & Autoren
Sally-Jo Durney
Advent
Heilige
Papst Franziskus
Stift Klosterneuburg
Schreibe einen Kommentar