Tote Ruinen oder Gotteshäuser?

Der Streit um die Eintrittsgelder für Französische Kirchen müsste ein Weckruf sein: Es ist an der Zeit, den Glauben mit aller Kraft wiederzubeleben

Quelle
Sorge um das religiöse Erbe Frankreichs | Die Tagespost
Kathedrale Notre-Dame de Paris vor Wiedereröffnung
Die Arbeiter, die Notre-Dame restauriert haben
Notre-Dame Paris
Polnischer Kardinal Ryś: “Die Synodalität ist nichts Neues”

20.11.2024

Meldung

Um “die Zukunft des religiösen Erbes in Frankreich und die Mittel für diese Zukunft“ ging es laut dem Vorsitzenden der französischen Bischöfe, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort von Reims, am Montagabend in der Bischofskonferenz. De Moulins-Beaufort stellte Amtsbrüdern und anwesenden Politikern den Abschlussbericht zur landesweiten Erhebung “États généraux du patrimoine religieux“ (EGPR) über den Zustand der französischen Kirchen vor. Fazit: Die französischen Kirchen sind seit der Jahrtausendwende nicht nur immer öfter Ziel für Einbrüche geworden, viele von Ihnen wurden auch geschändet oder sind marode.

Dem Bericht zufolge wurden seit der Jahrtausendwende 1476 Kirchen in Frankreich beschädigt und 396 geschändet, in 2666 Kirchen und Kapellen in 69 französischen Bistümern wurde eingebrochen. Hinzukommt, dass zwischen 1905 und 2023 in 87 Diözesen 411 Kirchen und Kapellen profanisiert worden sind – rund zwei Drittel davon in den 10 Jahren seit der letzten Erhebung 2015. Weitere 1700 Kirchen sind aus Gesundheits- und Sicherheitsbedenken oder wegen Entvölkerung geschlossen. In 69 Diözesen wurden seit dem Jahr 2000 149 Kirchengebäude abgerissen. Dagegen befinden sich 16 Kirchengebäude im Bau.

“Verrat an der ursprünglichen Bestimmung” von Kirchen

Da in Frankreich die Kathedralen dem Staat und die Kirchen den Gemeinden gehören, ist der Kirchenerhalt nicht alleinige Sache der Kirche. Wie die Tagespost berichtete, hatte die französische Kulturministerin Rachida Dati im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung von Notre-Dame de Paris am 7. Dezember vorgeschlagen, ein Eintrittsgeld von 5 Euro zu verlangen. Dies würde 75 Millionen Euro jährlich einbringen, genügend Geld für den Erhalt von Kirchen in ganz Frankreich, argumentierte sie.

Erzbischof de Moulins-Beaufort hielt in seiner Rede dagegen. Er befand, es wäre ein Verrat an der ursprünglichen Bestimmung von Kirchen, wenn man den Zugang aus Sicherheitsgründen einschränken oder durch Eintrittsgeld erschweren würde. Vielmehr wolle er Frankreichs Kirchen und Kathedralen “vor der zunehmenden Kommerzialisierung der Kulturstätten” bewahren. Wörtlich sagte er: “Unsere Kirchen sollten offen und zugänglich für jeden sein, der sie betreten möchte.”

Moment der Ruhe, des Nachdenkens oder der Erholung

Es seien nicht nur Gemeindemitglieder des Ortes, die die Kirche beträten, “sondern auch diejenigen, die sie für einen Moment betraten, sei es, um die Architektur zu bewundern, sei es, um zu versuchen, ihre Geschichte schnell zu verstehen, sei es, um einen Moment der Ruhe, des Nachdenkens oder der Erholung … von ihrem hektischen Leben zu genießen”.

In der Gesellschaft, in der alles überwacht wird und viele Dinge nur gegen Bezahlung zugänglich sei, würden die Kirchen und Kathedralen in Frankreich eine wunderbare Ausnahme bilden. Dati blieb indes bei ihrer Ansicht. Nach dem Vortrag des Erbischofs bat sie darum, den Vorschlag dennoch “gemeinsam ernsthaft” zu prüfen. Sie finde ihn schlüssig. “Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich das religiöse Erbe ‘kommerzialisiere’, Monsignore, ganz im Gegenteil.”

Für die Zerbrechlichkeit der heiligen Bauwerke sensibilisiert

Die Bestandsaufnahme der Kirchen seitens der französischen Bischöfe war eine Reaktion auf eine Anfrage der französischen Senatoren Pierre Ouzoulias und Anne Ventalon vom Juli 2022. Forscher schickten einen 150-Fragen-Katalog an die 94 französischen Diözesen. 87 Diözesen schickten ihre Antworten ein.

Ziel der Erhebung war es laut Bericht, “Eigentümern, Nutznießern und Gemeinschaften zu helfen, ihr kulturelles Erbe zu verstehen, Gemeinschaften dabei zu helfen, das ihnen anvertraute Erbe in seiner ganzen Vielfalt besser kennenzulernen” und dann Lösungen zu suchen, wie das Erbe erhalten werden könne.

Es waren der Brand der Kathedrale Notre-Dame de Paris vor fünf Jahren und jener in der Kathedrale von Nantes im Jahr 2020, der die französische Gesellschaft für die Zerbrechlichkeit der heiligen Bauwerke sensibilisiert und zahlreiche Initiativen zur Rettung französischer Kirchen auf den Plan gerufen hatte.

Die Bischöfe haben den Politikern nun einen Leitfaden zum Mäzenatentum für das religiöse Erbe überreicht und damit den Ball an die Politik zurückgespielt. Moulins-Beaufort hofft, “dass die staatlichen Stellen zur Verbreitung des Leitfadens beitragen können”. Weiter sagte er: “Wir hoffen auch, dass ein Rundschreiben des Innenministeriums mit der notwendigen Rechtssicherheit die Arten von Ausgaben präzisieren kann, die im Rahmen der Erhaltung und Instandhaltung von Kultgebäuden, die Eigentum der Gemeinden sind, getätigt werden können.”

DT/dsc

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