Papst: “Geht in die Peripherien, sie sind voller Einsamkeit”

Die französische Organisation “Lazare”, die sich um arme und obdachlose Menschen kümmert und sie zusammen mit jungen Menschen unterschiedlichen Alters in “Solidaritätswohnungen” unterbringt, feiert zehn Jahren ihres Bestehens

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Lazarus
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Die französische Organisation “Lazare”, die sich um arme und obdachlose Menschen kümmert und sie zusammen mit jungen Menschen unterschiedlichen Alters in “Solidaritätswohnungen” unterbringt, feiert zehn Jahren ihres Bestehens. Der Jahrestag wurde mit dem Papst gefeiert, der eine Rede hielt, in der er daran erinnerte, dass diese Organisation “uns in einer Umgebung voller Gleichgültigkeit und Egoismus zu verstehen” gebe, “dass die Werte des echten Lebens in der Annahme der Unterschiede” bestehe.

Mario Galgano und Salvatore Cernuzio – Vatikanstadt

Man solle in die Peripherie gehen, “die oft von Einsamkeit, Traurigkeit, inneren Wunden und dem Verlust der Lebensfreude geprägt sind”, so der Papst in der Ansprache, die den Teilnehmern an der Audienz schriftlich übergeben wurde. Stattdessen unterhielt sich Franziskus lieber persönlich mit den Anwesenden. Dabei erzählten Betroffene von ihrem Schicksal und von der langen, oft vergeblichen Suche nach Respekt und Hilfe auf Augenhöhe, die sie nun, in der Vereinigung Lazarus, endlich erfahren konnten. Tränen wechselten sich mit gelösten Lachern ab, und Papst Franziskus genoss den Austausch sichtlich. So berichtete beispielsweise ein Muslim am Mikrofon vor dem Papst, wie er allein in der katholische Kirche offene Türen vorgefunden hatte – und brach vor Rührung in Tränen aus, so dass der Papst sich von seinem Stuhl erhob, um ihn zu trösten. Eine Frau, die nach ihrer Scheidung in die Drogensucht gefallen war, betonte, dass sie erst in der Organisation Lazare erfahren habe, was Liebe sei. Ein unvergessliches Erlebnis für alle Anwesenden.

Doch auch in seinem offiziellen Text fand Papst Franziskus ermutigende Worte für die Mission der französischen Vereinigung, die sich um Arme und Obdachlose kümmert und sie in “solidarischen Wohnungen” zusammen mit jungen Menschen unterschiedlichen Alters unterbringt. Dieses innovative Projekt, das in Frankreich entstanden ist und seit Kurzem auch auf andere Länder ausgeweitet wurde, besteht seit zehn Jahren. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums wurden die Freiwilligen und Gäste von “Lazare” vom Papst empfangen, der bereits am 21. Mai eine kleine Vertretung des Vereins in der Casa Santa Marta getroffen hatte.

“Ihr seid keine Ausgestossenen oder Versager, sondern ein kostbares Geschenk.”

Der Papst bedankte sich vor allem “für die schöne Erfahrung, die Sie im Zusammenleben und in der Brüderlichkeit machen, die Sie jeden Tag leben”. Die Mitglieder von “Lazare” hätten die Möglichkeit, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Welt ein Beispiel für die soziale Freundschaft zu sein, “zu der wir alle berufen sind”, so Franziskus.

In einem Umfeld, das von Gleichgültigkeit, Individualismus und Egoismus geprägt sei, machten sie, schrieb der Papst, “uns begreiflich, dass die Werte des wahren Lebens darin bestehen, die Unterschiede zu akzeptieren, die Würde des Menschen zu achten, den Schwächsten zuzuhören, sich um sie zu kümmern und ihnen zu dienen”.

“Nur wenn wir diese Art von Beziehungen pflegen, werden wir eine umfassende soziale Freundschaft und eine für alle offene Brüderlichkeit ermöglichen”, betonte Franziskus.

Die Armen sind wertvoll in Gottes Augen

Und er forderte die Mitglieder von Lazare, vor allem aber die Armen und Obdachlosen, die der Verein aufnimmt, auf, sich nicht entmutigen zu lassen: “In der Gesellschaft kann man sich isoliert und abgelehnt fühlen und unter Ausgrenzung leiden. Aber gebt nicht auf, sondern macht weiter und kultiviert in euren Herzen die Hoffnung auf ansteckende Freude.”

Ihr Lebenszeugnis erinnere uns daran, dass die Armen die wahren Verkünder des Evangeliums seien, weil sie die ersten waren, die evangelisiert und berufen wurden, an der Freude des Herrn und seines Reiches teilzuhaben.

“In der Tat dürfen wir nicht vergessen, dass die Armen einen besonderen Platz im Herzen Gottes haben”, erinnert der Papst und fügt an: “Auch wenn die Welt auf dich herabschaut, bist du wertvoll, du zählst viel in den Augen des Herrn.” Der Papst betonte: “Gott liebt euch, ihr seid seine Privilegierten. Lasst euch also nicht die Freude am Leben rauben und daran, anderen zu helfen.”

Auf die freie Liebe setzen

Daraus ergibt sich eine neue Aufforderung, “fest in euren Überzeugungen und in eurem Glauben zu bleiben”, aber auch, “über die normale Mission des letzten Jahrzehnts hinauszugehen”:

“Verbreitet das Feuer der Liebe, das kalte und trockene Herzen erwärmt. Begnügt euch nicht mit einem Leben der Freundschaft und des Austauschs unter den Mitgliedern eurer Vereinigung, sondern geht darüber hinaus. Wage es, auf die Liebe zu setzen, die frei gegeben und empfangen wird.”

vatican news, 28. August 2021

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