Kardinal Koch: Eucharistie und Abendmahl nicht identisch

Kardinal Koch: Eucharistie und Abendmahl sind nicht identisch

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Im Interview mit Radio Vatikan hat Kardinal Kurt Koch nach einer Messe in Manoppello über die Ökumene gesprochen. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates würdigt das Dokument des deutschen Ökumenischen Arbeitskreises (ÖAK) zu Abendmahl und Eucharistie. Allerdings sieht er noch offene Fragen zum Verständnis der Eucharistie.

In der Frage des Amtes sehe er „einen klaren Gegensatz zwischen dem, was im Text steht und dem, was in der evangelischen Kirche Praxis ist”, so Koch. Der ÖAK hatte das Papier „Gemeinsam am Tisch des Herrn – Ökumenische Perspektiven bei der Feier von Abendmahl und Eucharistie“ im September vorgelegt und plädiert darin für eine Abendmahlsgemeinschaft.

In Bezug auf den erstarkenden Antisemitismus in Deutschland beruft sich Kardinal Koch auf eine Aussage von Papst Franziskus: „Es ist unmöglich, Christ zu sein und zugleich Antisemit”. Vom internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar erwarte er sich ein „wirkliches Zeichen” gegen Antisemitismus. Kardinal Koch selbst wird zur Gedenkveranstaltung an den Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in den kommenden Tagen nach Yad Vashem reisen.

Lesen Sie hier den Volltext des Interviews:

Vatican News: Wir sind hier in Manoppello. Sie sind jetzt schon zum dritten Mal hier. Was bedeutet Ihnen persönlich dieser Ort?

Kardinal Koch: „Es ist ein wunderbarer Ort, weil hier das heilige Gesicht Gottes steht. Wir glauben an einen Gott, der nicht einfach ein abstraktes Wesen ist, den es einfach irgendwo im Himmel gibt, sondern einen Gott, der sich konkret offenbart und in seinem Sohn Jesus Christus sein wahres Gesicht gezeigt hat. Es ist ein Ort, an dem ich die Nähe Gottes immer wieder spüren darf – in unserem persönlichen Leben, im Leben der Kirche und im Leben der Welt. Die Aufgabe der Kirche besteht ja darin, die Nähe Gottes in dieser Welt zu verkünden und wir müssen sie selber immer wieder neu erfahren.“

Vatican News: Was kann das Volto Santo für die Ökumene, die Einheit der Christen, bedeuten? Geschieht hier Anbetung im besonderen ökumenischen Sinn?

Kardinal Koch: „Wir hatten vor drei Jahren hier die Vollversammlung der internationalen Gemischten Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche auf Einladung von Erzbischof Forte von Chieti. Forte hat dem orthodoxen Erzbischof die Gelegenheit gegeben, hier die orthodoxe Liturgie zu feiern. Wir waren alle anwesend. Ich glaube, die gemeinsame Ausrichtung auf Christus, die gemeinsame Anbetung seines Gesichtes, hilft uns, auch in der Einheit weiterzukommen.“

Vatican News: Wie waren die Reaktionen danach?

Kardinal Koch: „Die orthodoxen Bischöfe und Theologen waren sehr berührt. Erzbischof Forte hat jedem ein Bild des heiligen Gesichtes mit auf den Weg gegeben. Es war eine grosse Freude, auch für uns Katholiken.“

Vatican News: Was erhoffen Sie sich von der Gebetswoche für die Einheit der Christen und was erwarten Sie von den Gläubigen?

Kardinal Koch: „Ich hoffe und erwarte, dass alle Gläubigen mitbeten. Denn die Einführung der Gebetswoche für die Einheit der Christen stand am Anfang der ökumenischen Bewegung. Sie war immer eine Gebetsbewegung. Papst Benedikt der XVI. hat das einmal mit dem schönen Bild zum Ausdruck gebracht, das ‚ökumenische Schiff‘ hätte den Hafen nie verlassen, wenn es nicht diese Gebetsströmung gegeben hätte. Wenn wir für die Einheit beten, bekennen wir, dass wir die Einheit nicht schaffen. Wir schaffen Spaltungen. Wie die Geschichte und auch die Gegenwart zeigen: Die Einheit ist ein Geschenk des Heiligen Geistes. Und die beste Vorbereitung, um dieses Geschenk empfangen zu können, ist das Gebet.“

Vatican News: „In den vergangenen Tagen wurde der Aufsatz von Benedikt XVI. zum Zölibat sehr stark diskutiert. Der Text geht stark vom Judentum aus. Insgesamt stellt man fest, dass Benedikt XVI. in seinen Büchern immer wieder stark auf die jüdischen Wurzeln des Christentums zurückkommt. Wie beurteilen Sie das, auch im Verhältnis zum Judentum heute?

Kardinal Koch: „Das Judentum ist unsere gemeinsame Wurzel. Wir haben ein gemeinsames Erbe. Ich bin überzeugt, wenn wir dieses Erbe im Alten Testament sehen, kommen wir auch als Christen in den verschiedenen Kirchen näher zueinander. Es ist wirklich beeindruckend, wie er selbst in diesem Text – wo es um das katholische Priestertum geht – die Wurzel im Alten Testament sieht und sie dann weiter ins Neue Testament führt. Ich bin überzeugt, dass diese Diskussion der Ökumene weiterhelfen kann.“

„Wir brauchen ein klares Zeichen“

Vatican News: Was erwarten Sie von Ihrem Aufenthalt in Yad Vashem?

Kardinal Koch: „Das ist eine grosse Einladung, anlässlich des 75. Jahrestages des Gedenkens an den Holocaust. Es muss ein wirkliches Zeichen in die Welt hinein sein. Wir haben heute ein furchtbares Neuerwachen des Antisemitismus, auch – und gerade – in Deutschland. Wir brauchen ein klares Zeichen. Wie es Papst Franziskus immer wieder sagt, es ist unmöglich, Christ zu sein und zugleich Antisemit. Diese Botschaft muss in die Welt gesetzt werden. Und von uns Christen die Politiker, die dann auch in Yad Vashem versammelt sind, werden ihre Botschaft sagen.“

Vatican News: Sie haben auf der Konferenz in Augsburg das Thema der Anbetung stark thematisiert. Man weiss aber, dass gerade in Deutschland eigentlich niemand mehr zur Aussetzung des Allerheiligsten kommt. Wie kann Anbetung wieder mehr Raum finden in den Gemeinden und bei den Gläubigen?

Kardinal Koch: „Ich habe das auch gehört. Als bekannt wurde, dass ich nach Augsburg gehe, hiess es: ‚Ah, Sie sind jetzt konservativ geworden‘. Aber dann ist auch die Heilige Schrift konservativ. Wenn Sie das Matthäus-Evangelium nehmen, das beginnt im zweiten Kapitel mit den Magiern, die nach Bethlehem kommen und das Kind anbeten, und es endet damit, dass die Jünger vor dem Auferstanden Herrn in die Knie gehen und ihn anbeten. Das Matthäus-Evangelium ist ein Kreislauf der Anbetung, und das soll uns zu denken geben. Wenn wir Gott nicht anbeten, dann beten wir andere Sachen an.“

Vatican News: Noch eine Frage zum ökumenischen Arbeitskreis, wo es auch um die Wechselseitige Teilnahme am Abendmahl geht. Da hat der evangelische Theologe Volker Leppin betont: ‚Unser Votum argumentiert auf einer so breiten biblischen und wissenschaftlichen Grundlage, dass sich die Argumentationslast gegenüber dem gewohnten umkehrt. Wer etwas gegen die Abendmahlsgemeinschaft sagen will, braucht sehr starke Gründe.’ Wie sehen Sie das?

Kardinal Koch: „Da hat er völlig Recht. Nur muss ich zurückgeben, dieser Text hat sehr viel Gutes. Vor allem, was die Geschichte der Entwicklung betrifft. Aber er geht von einer Voraussetzung aus, die ich so nicht teilen kann. Nämlich, dass die katholische Eucharistiefeier und das evangelische Abendmahl identisch seien. Im Text wird von Abendmahl/Eucharistie gesprochen. Das ist eine Voraussetzung, in der gesagt wird, hier ist eigentlich schon alles klar. Und das kann ich nicht teilen. Hier sind viele offene Fragen im Verständnis der Eucharistie, zum Beispiel kommt der Gedanke des Opfers gar nicht vor. Dann die Frage des Amtes, hier sehe ich einen klaren Gegensatz zwischen dem, was im Text steht und dem, was in der evangelischen Kirche Praxis ist. In Deutschland beispielsweise, im Text, den die EKD anlässlich des Reformationsgedenkens herausgegeben hat, heisst es: Durch die Reformation sei ein völlig neues Verständnis von Kirche eingeführt worden. Das Neue bestehe darin, dass jeder Getaufte die Sakramente spenden könne. Es soll nur der äusseren Ordnung halber ein Ordinierter sein. Im Text steht etwas Anderes. Und ich glaube, über diese offenen Fragen muss man noch diskutieren.“

Die Fragen stellte Claudia Kaminski.

vaticannews – claudia kaminski, 20. Januar 2020

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