Maria erwog alles in ihrem Herzen
Hochfest der Geburt des Herrn (Am Morgen) B (25.12.2017)
Quelle
L1: Jes 62,11-12; L 2: Tit 3,4-7; Ev: Lk 2,15-20
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Einzigartig war das Ereignis der Geburt des Sohnes Gottes aus der Jungfrau Maria. Himmel und Erde hielten gleichsam den Atem an, als das ewige Wort Gottes inmitten der Nacht vom Himmel herabstieg (vgl. Weish 18,14–15) und uns Menschen das Heil brachte.
Die Hirten auf dem Felde waren die ersten, die von den Engeln aus dem Himmel Kunde erhielten von jenem wunderbaren Geschehen im Stall von Bethlehem.
Weil die Hirten auf Gott vertrauten, glaubten sie den Worten der Engel und machten sich auf, um das neugeborene Kind zu suchen. Sie fanden alles so vor, wie es ihnen die Engel gesagt hatte: das Kind lag in einer Krippe, Maria und Josef nahmen sich des neugeborenen Kindes an und sorgten für alles Nötige. Weil das Geheimnis der Liebe Gottes so groß ist, dass Gott sich klein und arm macht um unseretwillen, darum verharrten die Hirten an der Krippe in anbetendem Schweigen, erfüllt von Freude und Ehrfurcht zugleich!
Dann aber machten sich die Hirten auf und erzählten allen, die sie kannten und trafen, von jenem Geschehen mitten in der Heiligen Nacht. Die Engel hatten sie ja in Kenntnis darüber gesetzt, dass dieses Kind der Retter ist, „der Messias, der Herr“ (vgl. Lk 2,11).
Wie aber erging es der heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria? Im Evangelium vom Weihnachtsmorgen gibt uns die Heilige Schrift einen Einblick in das Innerste der Gottesmutter, gleichsam in ihr Herz. Was hat sie hier bewegt? Wie ist sie mit den Ereignissen der Geburt Christi umgegangen? Wie hat sie all das an sich selbst erfahren und gedeutet?
Es ist ein kurzer, aber doch bedenkenswerter Satz, den der heilige Evangelist Lukas hier formuliert hat. Es heißt nämlich in seinem Evangelium: „Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ (Lk 2,19) Oder, wie es in der neuen Fassung der Einheitsübersetzung heißt: „Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen.“
Die Gottesmutter Maria war also höchst aufmerksam für all das, was sich ereignete und was Gott ihr und anderen kundgetan hatte. Ihr Herz war auf Gott hin ausgerichtet und von Liebe zu Gott und zu den Menschen erfüllt. Sie konnte zwar nicht alles verstehen, aber sie hielt in ihrem Herzen alles fest, was geschehen war und was Gott mitgeteilt hatte. Diese innere Haltung des Bewahrens und Meditierens hat sie ihr ganzes Leben lang begleitet. Auf diese Weise konnte bei Maria die Glaubenseinsicht wachsen, denn mit der Zeit enthüllte sich immer mehr, worin denn der verborgene Plan Gottes bestand: Gott will uns ja in seiner „Güte und Menschenfreundlichkeit“ (Tit 3,4) aus der Verfallenheit an die Sünde und den Tod erretten und uns das Heil in der Gemeinschaft mit Gott neu schenken. Auf diese Weise sind wir durch die Gnade Gottes gerechtfertigt, und wir dürfen das Erbe des ewigen Lebens erhoffen (vgl. Tit 3,7), wie es die Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an Titus zum Ausdruck bringt.
Auf diese Weise wendet sich das Schicksal der „Tochter Zion“ (Jes 62,11), wie es in der Lesung aus dem Buch Jesaja heißt. Der Name „Zion“ bezeichnet die Gottesburg in Jerusalem und steht zugleich für die ganze Stadt und das ganze Volk der Erwählten. Auch die Kirche als das Volk des neuen Bundes wird als „Zion“ bezeichnet, und die Gottesmutter Maria als „Tochter Zion“. Maria darf also diese heilsgeschichtliche Wende vom Dunkel zum Licht, von der Sünde zur Gnade, vom Unheil zu Heil und Segen, vom Tod zum Leben in ihrer Person darstellen. Sie hat dem Erlöser in ihrem Herzen eine Wohnung bereitet, sodass er als Kind in ihrem Schoß heranwachsen konnte. Sie hat ihn in jener stillen und heiligen Nacht im Stall von Bethlehem zur Welt gebracht, damit er fortan der Heiland aller Menschen sei. Was künftig zählt ist nicht das private Glück der Heiligen Familie, sondern ihr Auftrag, ihre Sendung, das Heil Gottes für sein auserwähltes Volk und dann für die ganze Menschheit zu vermitteln.
Denn in diesem Kind, das sich äußerlich nicht von anderen Kindern unterscheidet, erblickt der Glaube Marias den Sohn Gottes, der sich für uns alle zum Geschenk gemacht hat. Dafür wollen wir Gott danken und ihn loben und preisen! Amen.
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