Wie Kirche sich selbst versenkt
Was die Kirche in den deutschsprachigen Landen braucht, sind Beter: Von Guido Horst
Das Memorandum, mit dem ein guter Teil der deutschsprachigen Theologenschaft den Prozess innerkirchlicher Selbstbeschäftigung nochmals anzukurbeln versucht, wird gläubige Katholiken nicht erschrecken. Es entlarvt sich selbst. Dümmlich im Stil, soziologisch in der Argumentation und protestantisch eingefärbt enthält es nichts, was mit dem wirklichen Leben zu tun hätte sowie mit dem, woran die Kirche tatsächlich leidet: einer tiefen Krise des Glaubens. Selbst der Skandal, der am Anfang dieser pseudo-theologischen Turnübung stand, ist letztlich Ausdruck einer Glaubenskrise: Hätten die Geistlichen, die sich an Schutzbefohlenen vergangen haben, mit den Augen des Glaubens und der Liebe auf die Kinder und Jugendlichen geschaut, hätten sie diese nie missbraucht. Was die Kirche in den deutschsprachigen Landen braucht, sind Beter, ist ein vertieftes Leben aus den Sakramenten, sind Ehrfurcht und Andacht vor dem Herrn und eine grosse Liebe zur Mutter Kirche. Zu all dem haben die Unterzeichner des Memorandums nichts zu sagen. Stattdessen fordern sie schon in Punkt drei den Aufbau einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bald ist Karneval und man darf jetzt schon herzhaft lachen.
Die einzigen, die angesichts eines solchen Papiers erschrecken müssen, sind die Bischöfe dieser Theologen. Denn sie sind die Hüter und Verkünder des Glaubens und tragen die Verantwortung dafür, wer die nachwachsenden Generationen von Theologen und Religionspädagogen ausbildet. Man darf nicht vergessen, dass es die Theologenzunft war, die in Deutschland dafür gesorgt hat, dass die Weitergabe des katholischen Glaubens im schulischen Religionsunterricht völlig in sich zusammengebrochen ist – von als heroisch zu bezeichnenden Ausnahmefällen einmal abgesehen. Es ist zwar so, dass die katholische Theologie in Deutschland aufgrund ihres Niveauverlusts im gesellschaftlichen Diskurs und in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr die geringste Rolle spielt. Die Zeiten grosser theologischer Namen sind vorbei. Aber die Bischöfe wissen auch, welchen Einfluss es auf die nachwachsenden Generationen hat, wenn die akademischen Lehrer des Glaubens nicht mehr katholisch, sondern nur noch in “Strukturen” denken und alles, was genuin christlich ist, dem weltlichen Denken anpassen. Nichts gegen diese Welt, und den Menschen in “gleichgeschlechtlichen Partnerschaften” oder wiederverheirateten Geschiedenen kann man nur alles Gute wünschen. Auch für sie ist die Kirche da. Aber die katholischen Standards bis auf Weltniveau immer weiter herunterzubrechen, weil man den Mensch gewordenen Gott und sein Gesetz aus den Augen verloren hat, darf bei denen nicht geschehen, die im Namen dieses Gottes – “theo” – von den überaus ordentlichen Bezügen eines Theologieprofessors leben.
Reform in der Kirche bedeutet, Überflüssiges und Störendes wegzunehmen, damit das Eigentliche wieder zum Vorschein kommt, Jesus Christus selbst, der in seiner Kirche so lebendig ist wie vor zweitausend Jahren unter seinen Aposteln. Wenn eine Theologenzunft nichts mehr taugt, weil sie schal geworden ist, wäre es an der Zeit, bei ihnen mit einer solchen Reform zu beginnen.
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