Papst in Bangladesch: Die Kultur des Konfliktes verwandeln

Papst Franziskus hat Bangladeschs Kirche zur Friedensarbeit gemeinsam mit anderen Religionen ermutigt

Rede an die Bischöfe

Papst Franziskus hat Bangladeschs Kirche zur Friedensarbeit gemeinsam mit anderen Religionen ermutigt. Die Bischöfe sollten unablässig das Gespräch und den Kontakt mit anderen Religionsgemeinschaft suchen und mittels Bildungsarbeit zur interreligiösen Verständigung beitragen, sagte der Papst in einer Rede am Sitz des Erzbischofs von Dhaka. „Bemüht euch unablässig, Brücken zu bauen und den Dialog zu fördern. Das erleichtert nicht nur die Verständigung zwischen verschiedenen religiösen Gruppen, sondern weckt auch neu die geistlichen Kräfte, die für die Aufbauarbeit des Landes in Einheit, Gerechtigkeit und Frieden nötig sind.“

Die Religionsvertreter in dem muslimischen Land müssten Extremismus, Terror und der „brandstiftenden Logik des Bösen“ gemeinsam eine Absage erteilen, so Papst Franziskus: „Wenn die religiösen Oberhäupter sich öffentlich mit einer einzigen Stimme gegen Gewalt unter dem Deckmantel der Religion aussprechen und danach trachten, die Kultur des Konfliktes durch die Kultur der Begegnung zu ersetzen, schöpfen sie dabei aus den tiefsten geistlichen Wurzeln ihrer verschiedenen Traditionen. Sie leisten weiterhin einen unschätzbaren Dienst für die Zukunft ihrer Länder und der Welt, indem sie die jungen Menschen den Weg der Gerechtigkeit lehren.“

„Wie viel mehr noch getan werden muss!“

In seiner Rede wich Franziskus immer wieder vom vorbereiteten Redemanuskript ab, um auf bestimmten Punkten zu insistieren. Die Verantwortlichen der vatikanischen Pressearbeit kamen mit dem Transkribieren kaum nach; bis eine offizielle deutsche Fassung der gesamten Rede veröffentlicht werden kann, dürften einige Tage vergehen.

Ausdrücklich lobte der Papst den Einsatz der Ortskirche für die Armen, vor allem in abgelegenen Gebieten und den Stammesgemeinschaften. Positiv hob er zunächst die katholischen Schulen, Gesundheitszentren und anderen karitativen Dienste der Kirche hervor, um dann zum aktuellen Flüchtlingsdrama zu kommen:

„Und doch sehen wir, gerade im Licht der gegenwärtigen Flüchtlingskrise, wie viel mehr noch getan werden muss! Der Ansporn für eure Nothilfe muss immer seelsorgliche Liebe sein, welche die menschlichen Wunden schnell erkennt und großzügig auf jeden Einzelnen persönlich eingeht. Im Bemühen, eine ,Kultur der Barmherzigkeit‘ (vgl. Misericordia et Misera, 20) zu schaffen, zeigen eure Ortskirchen ihre Option für die Armen auf, stärken ihre Verkündigung der unendlichen Barmherzigkeit des Vaters und tragen in nicht geringem Maß zur ganzheitlichen Entwicklung ihrer Heimat bei.“

Franziskus sprach von einer „Flüchtlingskrise“; das Wort Rohingya verwendete er weiter nicht. Am Vortag hatte er Bangladesch für die Aufnahme der Flüchtlinge gedankt und die internationale Gemeinschaft zugleich zu entschiedenen Hilfsmaßnahmen und politischen Lösungen aufgerufen. Rund 620.000 muslimische Rohingya leben in Bangladeschs Grenzregion derzeit in riesigen überfüllten Lagern, was für Spannungen zwischen beiden Ländern sorgt. Der Papst überflog bei seiner Asienreise buchstäblich diese Konfliktlinie, als er am Donnerstag von Rangun nach Dhaka reiste.

Würdigende Worte fand der Papst in seiner Rede an die Bischöfe für die kirchliche Unterstützung von Familien und die Förderung von Frauen in Bangladesch. Dies entspreche dem Familiensinn, der Gastfreundschaft und der Sorge um Alte, Kranke und Wehrlose, die für die Bevölkerung des Landes charakteristisch seien. Die Familie sei „nicht lediglich Objekt kirchlicher Seelsorge, sondern auch einer der wirksamsten Träger der Evangelisierung“ zitierte der Papst aus dem Apostolischen Schreiben „Ecclesia in Asia“ (46) von Papst Johannes Paul II., der 1986 in Dhaka Station machte.

Potential der Laien besser ausschöpfen

Bangladeschs Kirche sei mit Priester- und Ordensberufungen „gesegnet“, formulierte der Papst, der zu einer guten Ausbildung des geistlichen Nachwuchses aufrief. Die Ortskirchen des Landes zeichneten sich durch „missionarischen Einsatz“ und „kollegialen Geist“ aus, der sich im Miteinander der Bischöfe und Priester mit den verschiedenen Gemeinschaften niederschlage. Franziskus ermutigte in diesem Kontext seine Zuhörer, diese Kontakte weiter zu pflegen und weiter auszubauen, etwa in Richtung der Ordensgemeinschaften und der Laien.

Vor allem den Laien müsse mehr Spielraum im Leben der Ortskirche eingeräumt werden, forderte der Papst – „auch durch kanonische Strukturen, die vorsehen, dass ihre Stimme gehört und ihre Erfahrungen gewürdigt werden. Erkennt die Charismen der Laien, Männer und Frauen, und bringt sie zur Geltung. Ermutigt sie, ihre Gaben in den Dienst der Kirche und der gesamten Gesellschaft zu stellen.“ In Bangladesch gebe es „zahlreiche eifrige Katecheten“, die wesentlich zum Glaubenswachstum und zur Ausbildung der jungen Leute beitrügen: „Sie sind wahre Missionare und Gebetsvorsteher, vor allem in den am weitesten abgelegenen Gebieten. Achtet auf ihre geistlichen Bedürfnisse und auf ihre ständige Glaubensbildung“, appellierte Franziskus an die Bischöfe.

Kardinal D’Rozario: „Unsere Brüder und Schwestern Rohingya“

Der Vorsitzende von Bangladeschs Bischofskonferenz, Kardinal Patrick D’Rozario, betonte in seinem Grußwort die Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Religionen. Franziskus hatte den Bangladeschi vor einem Jahr zum ersten Kardinal des Landes erhoben. Als Herausforderungen – auch für die Kirche Bangladeschs – nannte D’Rozario den Klimawandel sowie die Flüchtlingsproblematik, „unter ihnen auch unsere Brüder und Schwestern Rohingya“ sowie „Inkulturation und Evangelisierung“. Rosario kritisierte Rachefeldzüge der Mächtigen, religiösen Formalismus sowie Gewalt gegenüber Minderheiten.

Vor seiner Rede segnete Franziskus im Hof des erzbischöflichen Palais die Gedenktafeln zu den vorhergehenden Papstbesuchen: Paul VI. war 1970 da, als Bangladesch noch zu Pakistan gehörte, Johannes Paul II. im Jahr 1986.

rv 01.12.2017 pr

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