Das Evangelium mit Demut aufnehmen
Impuls zum 14. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A — 9. Juli 2017
7. Juli 2017, Peter von Steinitz”
„Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“ sagt der Herr im heutigen Sonntagsevangelium. Und es ist wirklich so.
Wie viele Menschen nehmen übermässige Lasten und Schwierigkeiten auf sich um einer Karriere oder sonst eines rein diesseitigen Zieles willen. Wie kommt es nur, dass man das sanfte Joch Jesu ablehnt, wo doch das Ziel um ein Vielfaches besser ist, ja eigentlich das einzige dauerhafte Ziel ist im Leben eines Menschen. Denn Karriere, Besitz und sogar Familie vergehen, das ewige Leben, die unvorstellbare Glückseligkeit sind für immer.
Aus dem relativ kurzen Evangeliumstext geht aber auch hervor, dass der Herr sich dessen bewusst ist, dass die nach Massstäben der Welt intelligenten und erfahrenen Menschen das nicht begreifen, während die ‚Unmündigen‘, d.h. die einfachen und schlichten Menschen, diesen und manch anderen Zusammenhang verstehen – wieder einmal ein typisches christliches Paradoxon.
Aber bedeutet das nun, dass die Nachfolge Christi und damit das ewige Leben nur für minder Bemittelte ist? Natürlich nicht. Es ist für alle, aber die von Natur aus mit mehr Verstand Begabten müssen um etwas ringen, was den anderen beinahe in den Schoss fällt: sie müssen die Lehre Jesu mit Demut aufnehmen. Wenn diese fehlt, ist es unmöglich, den Weg zum Himmel zu finden. Man kann natürlich ohne weiteres die Einzelheiten der christlichen Lehre lernen und memorieren, aber dass sie im Leben des Menschen wirksam sind, das hat mit Intelligenz nicht viel zu tun.
Die beiden Wesenselemente für den Weg des Christen sind also dies: Tugenden und Gnade. Denn das Bemühen des Menschen allein reicht selbstverständlich ebenfalls nicht. Auch wenn er erkannt hat, dass man die Lehren Jesu mit Demut aufnehmen muss, so ist sein Bemühen allein doch nicht in der Lage, ihn zum Himmel zu führen. Es muss die Gnade Gottes, die jemand mal als den Betriebsstoff des inneren Lebens bezeichnet hat, ihre Wirkung tun. Ein wirksames Zusammenspiel von Himmel und Erde. Der Psalmist drückt das so aus: „Die Treue spriesst aus der Erde hervor, und die Gerechtigkeit schaut vom Himmel herab“ (Ps. 85,12).
Wenn wir diesen Zusammenhang begriffen haben und mit der entsprechenden Haltung an die Hl. Schrift herangehen, stellen wir fest, dass die Bibel und speziell das Evangelium anders ist als sonst die Bücher, die wir lesen. Es ist zwar von Menschen geschrieben, das Evangelium sogar von vier verschiedenen Autoren, aber wirklich verständlich ist es nur, wenn wir das berücksichtigen: die menschlichen Autoren, Markus, Matthäus, Lukas und Johannes, sie haben ganz nach menschlichen Gesichtspunkten (Erinnerungen, Zeugenaussagen etc.) aufgeschrieben, was sie aufschreiben konnten. Aber dabei hat – völlig unmerklich, aber wirksam – der Heilige Geist dafür gesorgt, dass genau das aufgeschrieben wurde, was die Menschen aller Zeiten, die das lesen würden, für ihr geistliches Fortkommen brauchen würden.
Es lohnt sich, in diesem Geist der Demut an die Hl. Schrift und überhaupt an den Glauben heranzugehen. Der hl. Josefmaria nannte das den „Übernatürlichen Blick“, den der Mensch braucht, um die Dinge Gottes recht zu verstehen. Kurz vor seinem Tod sprach der Heilige auffallend oft davon, dass es unbedingt notwendig sei, die Dinge Gottes und der Welt nicht nur mit menschlichen Augen zu sehen, sondern eben übernatürlich.
Zu jener Zeit, Anfang der Siebziger Jahre, war dieser Hinweis besonders angebracht, denn damals, nach dem Konzil, haben tatsächlich viele gutmeinende Menschen in der Kirche den übernatürlichen Blick verloren. Das zeigte sich besonders darin, dass man vielfach nur nach rein menschlichen Gesichtspunkten an den Strukturen der Kirche herumlaborierte. In einem kürzlich von katholisch.de veröffentlichten Interview sagte Johannes Vilar, der Autor des vor kurzem erschienen Buches ‚Nazareth‘, über den Gründer des Opus Dei: „ Er sah stets einen Bezug zwischen Himmel und Erde. Nicht nur im Beten, in der Frömmigkeit. Escrivá betonte immer, dass auch die normalen Dinge des Alltags für einen getauften Christen Wege zur Heiligkeit sind“.
Jesus sagt: „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11, 27). Darum wollen wir bitten – demütig – dass der Sohn uns den Vater offenbart. Das ist ja das letzte Ziel. Aus uns selbst können wir es nicht erreichen. Aber gleichzeitig will es der Herr uns gerne schenken. Es bedarf nur der richtigen Haltung unsererseits.
Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“. Der Fe-Medienverlag hat einige ZENIT-Beiträge vom Autor als Buch mit dem Titel „Der Stein, den die Bauleute verwarfen“ herausgebracht.
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