Lesbos: Müde in ein neues Leben

Ein neues Leben beginnen, davon träumen in diesen Tagen Millionen von Menschen

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Erst heute haben deshalb wieder hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer ihr Leben verloren. Drei syrische Familien können dank Papst Franziskus‘ Besuch auf Lesbos seit Samstag ein neues Leben beginnen. Franziskus brachte sie per Losverfahren von Lesbos nach Italien und die Sant‘Egidio Gemeinschaft in Rom nahm sie auf.

Beim ersten Abendessen in Sicherheit zeigten sich grosse Emotionen und vor allem Dankbarkeit, wie Daniela Pompei im Gespräch mit Radio Vatikan berichtet. Sie ist für den Flüchtlingsdienst der Gemeinschaft Sant‘Egidio zuständig.

„Das Klima war sehr warm und behaglich. Die anderen Flüchtlinge, die in unserem Haus der Gastfreundschaft bereits Gäste sind, haben ein syrisches Essen vorbereitet und dieses hat schon Dimensionen gehabt von in eine Familie kommen: da waren Falafel, syrische Süssigkeiten, vorbereitet von der ersten syrischen Familie, die hier angekommen ist. Sie waren schon ein bisschen müde und benommen, aber sehr zufrieden. Sie haben es nicht erwartet. Viele haben gesagt: ‚Wir sind sprachlos!‘ Die Worte, die ständig wiederholt wurden, waren: Danke! Danke! Danke Papst Franziskus!“

Ein Vater hat erzählt, dass er vor seiner Ankunft ängstlich war, was ihn erwarten werde, doch das Erlebte lasse ihn vergessen, was er in Syrien erlebt habe. In der Tat habe die Umarmung des Papstes deren Leben geändert. Die Flüchtlinge wussten, dass der Papst kommen würde und auch die Bedeutung dieses Besuches, doch dass sie mit ihm zurück fliegen werden, war eine Überraschung für die zwölf muslimischen Syrer, wie einer von ihnen erzählt: „Das war wie im Traum. Wir konnten das alles überhaupt nicht verstehen. Es ist einfach unglaublich. Wir konnten einfach nicht verstehen, was passiert ist. Wir haben es erst verstanden, als wir uns mit der Verantwortlichen von Sant‘Egidio getroffen haben.“

Im Flugzeug grüsste Papst Franziskus jeden Einzelnen von ihnen und als sie sicheren italienischen Boden betraten, nahm er sich noch kurz Zeit für sie und sprach mit ihnen, wie einer der Flüchtlinge berichtet: „Als wir den Papst auf dem Flughafen trafen, segnete er uns. Er fragte uns, wie es auf Lesbos war. Wir bedankten uns für all das, was er für die Flüchtlinge – speziell für die syrische Flüchtlinge getan hat, die an der mazedonisch-griechischen Grenze aber auch im Moria Camp auf Lesbos gefangen sind.“ Jetzt will er selbst sich für die Flüchtlinge einsetzen, die es noch nicht ins sichere Europa geschafft haben.

Ganz wie Daniela Pompei. Eben jene Verantwortliche von Sant‘Egidio, erklärt, dass die Familien nicht nach ihrer Religion ausgesucht wurden – alle drei Familien sind muslimisch – sondern auch nach ihrem Zustand der Verletzlichkeit. „Allein die Tatsache, dass sie Familien sind, Familien auf der Flucht sind, ist schon an sich eine verwundbare Bedingung und dann natürlich, dass diese Personen aus einem Land kommen, in dem seit über fünf Jahren Krieg herrscht.“ Eine der Familien komme aus einem Gebiet in Syrien, wo der sogenannte Islamische Staat herrscht, die anderen beiden Familien kommen aus der Nähe von Damaskus, dem Grenzgebiet, wo die Kämpfe sie zur Flucht gezwungen haben.

Bevor die Kämpfe in Syrien losgingen, führten die drei Familien ein ganz normales Leben, sie waren ganz normale Menschen. Das jüngste Ehepaar sind beides Ingenieure. Ihr Leben sei so positiv vorherbestimmt gewesen. Bei den anderen Paaren sah es nicht anders aus. Die Frau ist Näherin, die andere Friseurin, der eine Mann Geschäftsmann, der andere Bauer, weiss Pompei nach dem ersten Wochenende mit den Familien in Rom. „Es sind Familien, die ihr eigenes Leben hatten, ein Leben in Würde. Zwei von diesen Familien haben uns erzählt, dass ihre Häuser so sehr bombardiert wurden, dass man in ihnen nicht mehr leben konnte. Sie haben auch die Gewalt des Islamischen Staats miterlebt. Eine der Frauen erzählte uns, dass sie gezwungen wurde die Burka zu tragen und ein anderer erzählte, wenn Männer Jeans trugen, wurden sie ausgeschimpft.“

Nun sind die zwölf Syrer im Haus der  Gastfreundschaft von Sant‘Egidio untergebracht, in der schon einige Flüchtlinge leben. Sant‘Egidio ist nicht erst seit diesem Wochenende eine Gemeinschaft der Aufnahme und Integration. Die Familien kommen in eine bereits funktionierende Gemeinschaft, die weiss, was diese Menschen nun brauchen. „Bereits heute Morgen sind die Familien in unsere Sprach- und Kulturschule, um sich registrieren zu lassen, um sofort mit dem Prozess der Integration zu beginnen. Tatsächlich ist das auch notwendig: nicht nur begleitet und aufgenommen zu werden, sondern auch sofort den Integrationsprozess zu beginnen. Sie haben alles, was sie wünschen. Obwohl sie müde sind – glücklich, aber müde – haben sowohl die Männer als auch Frauen mich gefragt, ob sie in die Sprachschule kommen und sich einschreiben können.“ Bereits auf Lesbos hatten sich die Familien gefragt, wie das Schulsystem auch für die Kinder funktionieren würde. Alle Fragen zeigen den Wunsch, ein neues Leben zu beginnen, erklärt Pompei. „Wir hoffen auf ein neues und sicheres Leben hier in Italien besonders für mein Kind und meine Frau. Das war mein Traum, ein sicheres Land erreichen, um meine Familie zu retten, um mein Leben mit meiner geliebten Familie weiterzuführen.“

rv 18.04.2016 pdy

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