Freue dich!
Impuls zum 4. Fastensonntag (Laetare), Lesejahr C — 6. März 2016
Rom, zenit.org, 4. März 2016, Peter von Steinitz
Mit Recht trägt dieser 4. Fastensonntag den Titel Laetare (Freue dich!), denn das Gleichnis, das Jesus erzählt, gibt jedem Menschen, der ein offenes Herz hat, die wahre und bleibende Freude.
Wir befinden uns mitten im ‚Jahr der Barmherzigkeit‘ und hören im heutigen Sonntagsevangelium das Gleichnis vom Barmherzigen Vater.
Aber verstehen wir die Barmherzigkeit Gottes richtig?
Im Alten Testament, das manchmal auch von der strengen Gerechtigkeit Gottes spricht, wird ausdrücklich auf die göttliche Barmherzigkeit hingewiesen: „Denn er ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Güte und es reut ihn, dass er das Unheil verhängt hat“ (Joel 2,13). Woraus natürlich auch hervorgeht, dass es im Tun der Menschen Dinge gibt, die Unheil hervorrufen.
Erschütternd ist in diesem Zusammenhang die tiefe Reue des Königs David, der, ohne es sich richtig klar gemacht zu haben, einem seiner Untergebenen die Frau weggenommen hatte und dazu noch für seinen Tod in der Schlacht gesorgt hatte, und der daraufhin vom Propheten Gad verschiedene Arten von Strafe zur Wahl gestellt bekam. Da er seine Sünde zutiefst bereut, sieht er die Notwendigkeit einer Strafe grundsätzlich ein, möchte aber, wenn er wählen kann, nicht durch Menschen diese Strafe erfahren: „Da sagte David zu Gad: Ich habe grosse Angst. Ich will lieber dem Herrn in die Hände fallen, denn seine Barmherzigkeit ist gross. Den Menschen aber möchte ich nicht in die Hände fallen“ (Chronik 1,21,13).
Die Barmherzigkeit Gottes bedeutet also nicht, dass Gott einfach lieb zu uns ist. Er ist nun einmal der Herr und hat uns gegenüber Rechte. Er hat uns seine Gebote gegeben. Dass die Gebote zu unserem Besten sind, wissen wir aus Erfahrung. Aber die Gebote brechen, ist nicht nur unklug, sondern zuerst einmal ein Affront gegen unseren Schöpfer.
Und genau da zeigt sich die unglaublich grosse Bedeutung der göttlichen Barmherzigkeit. Obwohl er alles Recht dazu hat, will Gott uns eben nicht strafen. Nur im Extremfall, wenn der Mensch gar nicht kapiert, kommt eine Strafe, die aber ihrerseits auch nur aus seinem Erbarmen kommt, denn sie hilft uns, nachträglich zu verstehen und uns zu ändern.
Metanoia, Umkehr, das war schon den antiken Heiden vertraut, weil sie – im Gegensatz zu den heutigen Heiden – den Zusammenhang von Schuld, Sühne und Umkehr kannten und Schuld auch wirklich Schuld nannten.
Das Gleichnis, das wir heute hören, ist wohl das schönste Gleichnis Jesu überhaupt. Es zeigt uns, wie weit die Barmherzigkeit Gottes geht. Papst Benedikt hat dieser Parabel gleich drei Bezeichnungen gegeben: Das Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“, vom „Barmherzigen Vater“ und von den „Beiden Brüdern“.
Im Barmherzigen Vater sehen wir eine wunderbare Charakterisierung des Himmlischen Vaters. Er lässt seinen Kindern alle Freiheit. Was auch bedeutet, dass er sie nicht daran hindert, falsche Wege einzuschlagen. Aber er sehnt sich danach, dass sein Kind zurückkommt.
Jeden Tag tritt er vor das Haus, um nach dem verlorenen Sohn Ausschau zu halten. Und als er dann endlich auftaucht, ist der Vater nur Liebe und Freude. Ja, er vergibt sich sogar die Möglichkeit, dem Tunichtgut wenigstens eine Standpauke zu halten. Nein, er läuft ihm entgegen, umarmt den völlig Überraschten, küsst ihn und lässt ihn nur Güte erfahren.
Sein Schuldbekenntnis lässt er ihn nur ansatzweise sagen. Es ist ja schon deutlich geworden, dass er bereut, das genügt ihm. Und so ist die so herzerwärmende Szene ein deutliches Bild für das Sakrament der Beichte, wo es dem Herrn auch genügt, wenn der Sünder seine Schuld bekennt und, so gut er es kann, bereut.
Die Reue sollte eine „contritio“ sein, also eine Reue aus Liebe. Aber da der Mensch das nicht immer schafft (auch beim jungen Mann im Gleichnis wissen wir nicht genau, ob das „Insichgehen“ aus Liebe erfolgt oder zunächst aus der Notwendigkeit, etwas zu essen zu bekommen), genügt die „attritio“, die eine solche unvollkommene Reue ist. Das, was an dem Ganzen fehlt, ersetzt die objektive Kraft des Sakraments. Und der reuige Sünder erlebt dann das heitere Glück, wieder daheim zu sein.
Wollten wir Menschen doch begreifen, dass Gott genau das will: dass wir glücklich sind!
Der ältere Bruder war zwar immer brav zuhause geblieben, hat aber das Wesentliche nicht begriffen. Er ärgert sich darüber, dass sein Bruder so leicht wieder aufgenommen wird. Das Gleichnis lässt offen, was schwerer wiegt, der Leichtsinn des jüngeren Bruders oder die Hartherzigkeit des älteren.
Der hl. Johannes Paul II. hat nicht nur die grossartige Barmherzigkeitsenzyklika geschrieben und die Ordensfrau Faustyna heiliggesprochen, die man als die Prophetin der göttlichen Barmherzigkeit bezeichnen könnte. Als der heilige Papst am Ende seines Lebens selbst nicht mehr sprechen und nicht mehr handeln konnte, hat er – sozusagen als feierlichen Schlusspunkt seines Lebens – die Barmherzigkeit Gottes durch seinen eigenen Tod verkündet. Er starb am Vorabend des von ihm eingesetzten Festes der Göttlichen Barmherzigkeit (des Sonntags nach Ostern). Sein Sekretär, der jetzige Kardinal von Krakau, feierte an seinem Sterbebett die hl. Messe vom Barmherzigkeitssonntag als Vorabendmesse.
Immer wieder hat Papst Johannes Paul II. Maria als die Mutter der Barmherzigkeit angerufen. So in einem besonders feierlichen Weiheakt an die Gottesmutter, den er am 13. Mai 1982, ein Jahr nach dem glücklich überlebten Attentat, in Fatima betete:
„Noch einmal zeige sich in der Geschichte der Welt die unendliche Macht der erbarmenden Liebe. Dass sie dem Bösen Einhalt gebiete! Dass sie die Gewissen wandle! In Deinem Unbefleckten Herzen offenbare sich allen das Licht der Hoffnung!“
In dieser Hoffnung sollten wir heute die Mutter der Kirche um ihre Fürsprache für alle Glieder der Kirche bitten, dass möglichst viele im ‚Jahr der Barmherzigkeit‘ durch Umkehr und Busse das Erbarmen und die Freude Gottes finden.
Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.
Kategorien
Archiv
Ausgewählte Artikel
-
XVI General Ordinary Assembly of the Synod of Bishops – Opening Prayer Tagesevangelium und Worte […]
-
Kolumbien – Friedensabkommen mit der FARC: Bischöfe wünschen Berücksichtigung der Änderungsvorschläge Quelle YouTube – Erzbischof […]
-
Papst an Fokolar-Bewegung: Evangelium durch Dialog und Offenheit An die Teilnehmer der Generalversammlung der Fokolar-Bewegung […]
-
Kardinal Amato leitet Seligsprechung Vladimir Ghikas An diesem Freitag beginnen in Bukarest die Feierlichkeiten für […]
-
Kardinal Woelki entbindet Verantwortliche von Aufgaben
“Unabhängige Untersuchung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln” vorgestellt – Keine Pflichtverletzungen von […]
Schreibe einen Kommentar