Der Wille Gottes – unser Glück
Impuls zum 5. Sonntag im Jahreskreis C — 7. Februar 2016
Rom, 5. Februar 2016, Zenit.org, Msgr. Peter von Steinitz
Der wunderbare Fischfang, von dem im heutigen Evangelium die Rede ist, hat sich später, nach der Auferstehung Jesu wiederholt. Überhaupt gibt der Herr, als der vollkommene Pädagoge, der er ist, den Menschen nicht nur einmal eine Gelegenheit, seine Worte zu verstehen, sondern nicht selten geschieht das gleiche mehrmals, weil wir Menschen sehr oft langsam sind im Verstehen, besonders im Verstehen der Wahrheit.
Der Kern der Botschaft, die in diesem erstaunlichen Ereignis vermittelt werden soll, ist die Wirksamkeit des Gehorsams. Wenn wir so wollen, sind die oft spektakulären Zeichen, die Jesus vollbringt, so etwas wie eine himmlische Werbung. Würde der Herr eine Betrachtung über den Wert des Gehorsams halten, würde das die Menschen nicht besonders beeindrucken. Wenn aber Jesus den Jüngern zeigt, dass er göttliche Macht hat, den Gehorsam auch noch zu belohnen, dann hat die Botschaft eine ganz andere Durchschlagskraft.
Die Geschichte ist einfach. Petrus und seine Gefährten haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen. Am Morgen treffen sie den Herrn, der ihnen sagt, sie sollen die Netze zur Rechten des Bootes auswerfen. Petrus macht einen Einwand, der vernünftig ist und seiner langjährigen Erfahrung entspricht. Die Fische kommen nur nachts an die Oberfläche. Bei Tage zu fischen, hat keinen Sinn, denn dann ziehen sich die Fische nach unten zurück.
Nachdem Petrus diesen von der Sache her gerechtfertigten Einwand ausgesprochen hat, bemerkt er, dass der Herr doch bei seinem Auftrag bleibt. Und hier zeigt sich wieder einmal die Grösse des heiligen Petrus. Er bleibt nicht hartnäckig bei seiner Meinung. Immerhin ist er der Fachmann, Jesus versteht – rein menschlich gesehen – nichts vom Fischfang, er ist ja gelernter Zimmermann. Aber Petrus hat eines verstanden: Jesus ist einerseits gütig und nachsichtig, aber er ist auch der absolute Herr, dem man zu gehorchen hat.
Heute, zweitausend Jahre nach diesem relativ unbedeutenden Ereignis des Fischfangs stehen wir alle ebenfalls in dieser Situation. Ist das Wort des Herrn für mich bindend? Vor allem in elementaren Fragen unseres Lebens? Muss ich das tun, was Jesus will? Haben wir nicht inzwischen tausend Gründe dafür, dass Gehorsam etwas Negatives ist? Haben nicht im Dritten Reich unzählige Menschen über unser Volk Unheil gebracht, weil sie gehorcht haben? Das Problem, das sich hier auftut, ist aber in Wirklichkeit nicht unüberwindbar. Es kommt darauf an, wem ich gehorche. “Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen”, sagen die Apostel vor dem Hohen Rat (Apg 5,29).
Es kommt natürlich vor, dass Gott das Recht, den Gehorsam einzufordern, an bestimmte Menschen delegiert. Das gilt sowohl im kirchlichen als auch im politischen Bereich. Auch da kommt es wieder darauf an, wer derjenige ist, dem man gehorcht.
Ein klassischer Konflikt zwischen genau diesen beiden Bereichen ist das Problem, vor das sich Thomas More und John Fisher im 16. Jahrhundert gestellt sahen. Da stand das kirchliche Gesetz, das keine Zweitehe erlaubt, solange der erste Ehepartner lebt, gegen das Gesetz des Königs (übrigens ein Problem, das zu allen Zeiten seine Aktualität hat). Die beiden ‘Rebellen’ konnten ruhigen Gewissens dem König widerstehen, denn sie wussten, dass das kirchliche Gesetz dem Gesetz Gottes entsprach.
Dass der Gehorsam in manchen Situationen ausserordentlich schwer sein kann, weiss unser Herr aus eigener Erfahrung. Er, der seinem Vater immer und sehr feinfühlig gehorcht hat, sah sich auch einmal mit der Versuchung konfrontiert, den Willen des Vaters nicht zu tun, nämlich als er im Ölgarten aus begreiflicher Angst vor dem furchtbaren Leiden, das ihm bevorstand, darum bat, dass ihm diese schwere Aufgabe erspart bleiben möge.
Jesus, der in allen Situationen seines irdischen Lebens uns ein Beispiel gibt, und der deshalb genau weiss, wie uns zumute ist, wenn etwas uns sehr schwer fällt, zeigt uns, wie man mit dieser Versuchung umgehen soll. “Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen!“ Aber sofort kommt die ‘Kurskorrektur’: “Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“
Es ist also so, wie in allen Versuchungen. Die Tatsache, dass wir versucht werden, ist nichts Beunruhigendes. Es kommt nur darauf an, letztlich den Willen des Vaters zu tun. Die Belohnung folgt dann auf dem Fuss. Petrus und seine Freunde erleben durch ihren Gehorsam einen sensationell reichen Fischfang. Jesus gelingt es durch seinen Gehorsam, das ganze Menschengeschlecht zu erlösen.
Im Vaterunser beten wir oft: “Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden!“ Aber wie oft meinen wir eigentlich: Mein Wille geschehe, und Gott möge sich an diese meine Wünsche anpassen. Sollten wir uns nicht gelegentlich die Frage stellen: ist der Gehorsam nicht im Grunde etwas sehr Schönes, ja etwas Himmlisches, wenn doch alle Engel und Heiligen im Himmel ständig den Willen Gottes tun (“wie im Himmel, so auf Erden“). Das vollkommene und glückselige Leben der Himmelbewohner schliesst ja nicht aus, dass sie vollkommen frei sind. Im Gegenteil! Sie tun den Willen Gottes nicht, weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Von der Dienerin Gottes Luisa Piccareta (1865 – 1947), die über das Leben “im Willen Gottes, nicht nur nach dem Willen Gottes” tiefsinnige Betrachtungen schrieb, stammt das schöne Stoßgebet: “Volontà di Dio – paradiso mio”, der Wille Gottes, mein Paradies.
Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: “Pantaleon der Arzt”, “Leo – Allah mahabba” (auch als Hörbuch erhältlich) und “Katharina von Ägypten”.
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