Afrika boomt, Europa schwächelt
Regelmässig informiert das Statistische Jahrbuch des Vatikans über die Entwicklung der katholischen Kirche
Eine Kirche aus vielen Sprachen und Nationen: Das Statistische Jahrbuch des Vatikans gibt Auskunft über Entwicklungen und Tendenzen in der katholischen Weltkirche.
Rom, 30. April 2015
Wenn der neue Band des statistischen Jahrbuchs der katholischen Kirche herauskommt, erschlägt eine Unmenge von Daten und Zahlen den flüchtigen Leser. Aber es gibt detaillierte Auskunft über die wichtigsten Entwicklungen der Kirche – so zum Beispiel, dass sie scheinbar stetig wächst. Das jetzt vom Zentralbüro für Statistik im Vatikan unter Leitung des Salesianerpaters Sergio Pellini herausgegebene Jahrbuch für 2013 verzeichnet insgesamt 2 989 Kirchensprengel in der Welt – von Metropolitanbischofssitzen bis zu Territorialprälaturen und Apostolischen Vikariaten – und einen Anstieg der getauften Katholiken von 1,11 Milliarden im Jahr 2005 auf 1,25 Milliarden 2013. Da die Weltbevölkerung in der gleichen Zeit von 6,4 auf 7,1 Milliarden Menschen gestiegen ist, hat sich der Anteil der katholisch Getauften im gleich Zeitraum nur knapp von 17,3 auf 17,7 Prozent erhöht.
In den einzelnen Kontinenten sind die Entwicklungen allerdings ganz unterschiedlich. Das Jahrbuch spricht etwa von der “demographischen Situation auf dem alten Kontinent“ Europa, wo – es gilt immer der Berichtszeitraum zwischen 2005 und 2013 – die Zahl der Katholiken nur leicht um 6,5 Millionen Getaufte auf insgesamt 287 Millionen im Jahr 2013 angestiegen ist.
In Afrika dagegen scheint die Kirche zu explodieren. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Getauften um 34 Prozent erhöht: 2005 waren es noch 153 Millionen (17,1 Prozent der afrikanischen Gesamtbevölkerung), 2013 bereits 206 Millionen (19 Prozent der Gesamtbevölkerung). Die Kirche Afrikas arbeitet sich langsam an die europäische Kirche heran.
Zuwachsraten gibt es auch in Amerika und Asien: 10,5 beziehungsweise 17,4 Prozent. Doch spiegelt dieses Wachstum mehr oder weniger die demographische Entwicklung auf beiden Kontinenten wieder. Die amerikanischen Katholiken machen unverändert 63 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, während in Asien ein leichtes Wachstum von 2,9 Prozent 2005 auf 3,2 Prozent im Jahr 2013 festzustellen ist. Ähnliches, wenn auch auf weitaus geringerem Niveau, gilt für Ozeanien.
Das Jahrbuch gibt auch Auskunft über die “apostolischen Kräfte“ und zählt dazu Bischöfe, Priester, ständige Diakone, Ordensleute, Mitglieder von Säkularinstituten, Laien-Missionare und Katechisten, deren Gesamtzahl von 2005 bis 2013 um dreihunderttausend auf 4,8 Millionen angestiegen ist. Auch werden die Geweihten (Bischöfe, Priester, ständige Diakone) in Beziehung gesetzt zu der Gesamtzahl der pastoralen Mitarbeiter. Der Mittelwert für den gesamten Globus liegt 2013 bei 9,7 Prozent. Afrika mit 8,1 Prozent und Südost-Asien mit 9,4 Prozent liegen darunter, Europa etwa mit 19 Prozent und Nordamerika mit 12,5 liegen darüber, sind also in ihrer apostolischen Struktur “klerikaler“ als die jungen Kirchen.
Von der Gesamtzahl der 5 173 Bischöfe in allen Kirchensprengeln der Welt – die Zahl nimmt beständig zu – leben 37,4 Prozent in Amerika, 31,4 Prozent in Europa, 15,1 Prozent in Asien, 13,6 Prozent in Afrika und 2,5 Prozent in Ozeanien. In Afrika, Amerika und Ozeanien nimmt der Anteil der Bischöfe, die von aussen kommen, im Vergleich zu den einheimischen Bischöfen ab, in Europa und Asien nimmt er dagegen leicht zu.
Licht und Schatten zeigen sich bei den Berufungen zum Priestertum. Die Gesamtzahl der Priester – 2013 waren es 415 348 – ist in den Jahren seit 2005 auf Weltniveau um 2,2 Prozent gestiegen, aber die Entwicklungen waren sehr unterschiedlich: In Afrika gab es in diesem Zeitraum ein Plus von 29,2 Prozent, in Asien von 22,8 Prozent, während in Europa ein Minus von 7,1 Prozent zu verzeichnen war. In Nordamerika ist die Zahl der Priester um 10,4 Prozent zurückgegangen, in Mittel- und Südamerika dagegen um 11,5 Prozent gestiegen. Trotzdem lebten 2013 44,3 Prozent der Priester in Europa, wo sich weniger als 23 Prozent der Katholiken der Welt befinden, aber nur 10,1 Prozent in Afrika mit seinem Anteil von 16,4 Prozent an der Gesamtzahl der Katholiken weltweit. Angewachsen ist dagegen die Zahl der Ständigen Diakone in der Welt, von 2005 bis 2013 um 29 Prozent auf insgesamt 43 000.
Insgesamt rückläufig in der Welt ist die Zahl der Ordensfrauen, sie sank von 760 529 im Jahr 2005 auf 693 575 im Jahr 2013. Aber auch hier zeigt sich wieder, dass die Ortskirchen in Afrika und Asien auf Expansionskurs sind. Ging die Zahl der Ordensfrauen in Europa im Berichtszeitraum um 18,3 Prozent, in Amerika um 15,5 Prozent und in Ozeanien um 17,1 Prozent zurück, so wuchs sie in Afrika um achtzehn und in Asien um zehn Prozent.
Was die Zahl der Priesteranwärter angeht, so stellt das Jahrbuch auf Weltniveau eine Trendwende im Jahr 2011 fest. Bis dahin seien die Zahlen der Seminaristen immer gestiegen. Doch dann sei sie von 120 616 im Jahr 2011 in der ganzen Welt auf 118 251 im Jahr 2013 zurückgegangen. Es sei ein genereller Trend, stellt das Jahrbuch fest, gegenläufig sei er nur in Afrika, wo es in den beiden Jahren 2011 bis 2013 weiterhin einen Zuwachs von 1,5 Prozent gegeben habe. In Nordamerika sei sie dagegen in den beiden Jahren um 5,2 Prozent gesunken, in Südamerika sogar um sieben Prozent, besonders auffällig in Kolumbien (–10,5 Prozent), in Chile und Peru (jeweils –11,2 Prozent) sowie in Brasilien (–6,7 Prozent). Konstant geblieben sei die Zahl in Mittelamerika.
Leichte Rückgänge habe bei der Zahl der Priesteranwärter Asien zu verzeichnen gehabt, so in Südkorea und auf den Philippinen, leicht gewachsen sei sie allenfalls in Indien. In Ozeanien sei sie 2011 bis 2013 um 5,1 Prozent zurückgegangen. Stark rückläufig gehe es beim Priesternachwuchs in Europa zu: Von 2011 bis 2013 im Schnitt zwar nur um 3,6 Prozent, aber in einigen Ländern sei der Rücklauf auffällig: etwa in Polen (–10 Prozent), in Grossbritannien (–11,5), in Deutschland (–7,7 Prozent), in Tschechien (–13 Prozent) und in Österreich (–10,9 Prozent). Zugenommen habe sie hingegen in der Ukraine (+4,5 Prozent), in Belgien (+7,5 Prozent) und in Italien (+0,3 Prozent).
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