“Kirche in Not” schlägt Alarm
‘Es steht nicht gut um die Religionsfreiheit in dieser Welt’
Die Tagespost, 07. November 2014
Von Guido Horst
Die barbarische Verbrennung eines christlichen Ehepaars bei lebendigem Leibe in Pakistan ist wie ein trauriges Fanal: Es steht nicht gut um die Religionsfreiheit in dieser Welt. Doch es geht nicht um Einzelfälle, die alle für sich genommen schrecklich sind, sondern es gibt einen Trend: Die Kultur der religiösen Toleranz verfällt insgesamt.
Die Freiheit jedes Einzelnen, über seinen Glauben entscheiden und ihn praktizieren zu können, ist auf dem Globus des 21. Jahrhunderts ernsthaft bedroht. Das geht auch aus dem Bericht “Religionsfreiheit weltweit 2014” hervor, den jetzt das internationale Hilfswerk “Kirche in Not” herausgegeben hat. Die umfangreiche Faktensammlung belegt, dass dieses “erste aller Menschenrechte”, wie es Benedikt XVI. in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2011 genannt hat, in fast sechzig Prozent aller Länder dieser Welt nicht ausreichend geachtet wird.
Der Bericht, der alle zwei Jahre erscheint, stellt sogar eine starke und zunehmende Verschlechterung im Vergleich zu 2012 fest. Religiöse Intoleranz oder aktive Verfolgung Andersgläubiger ist in zwanzig Ländern als hoch zu beschreiben, in vierzehn dieser Länder steht die religiöse Verfolgung im Zusammenhang mit islamistischem Extremismus, und zwar in Afghanistan, in der Zentralafrikanischen Republik, in Ägypten, im Iran, Irak, in Libyen, auf den Malediven, in Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen. Lessings Ringparabel von Nathan dem Weisen ist ein vorgegaukelter Traum, den heute die Wirklichkeit mehr und mehr in Luft auflöst.
Der Kerngedanke Papst Benedikt XVI. in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2011 war der, dass die Religionsfreiheit das entscheidende Fundament ist, um national wie international eine gerechte und friedvolle Ordnung aufzubauen. Wo sie fehlt, kommt es zu Gewalt, Verfolgung und Krieg. Die Ereignisse im Mittleren Osten und in Zentralafrika geben dem deutschen Papst auf schreckliche Weise Recht. Der Bericht von “Kirche in Not” fordert die religiösen Amtsträger dazu auf, ihre Kanzeln und die Medien dazu zu nutzen, sich lautstark gegen religiös motivierte Gewalt und für Toleranz gegenüber Andersgläubigen auszusprechen.
Den Verantwortlichen der Staaten im Westen muss aber auch klar sein, dass die Religionsfreiheit kein Recht ist, das sich relativieren lässt: Wer drohende Massaker im Nahen und Mittleren Osten verurteilt, muss auch die Stimme gegen die Diskriminierung von Christen am Arbeitsplatz in der westlichen Welt erheben. Niemand darf gezwungen werden, als Arzt oder Krankenschwester gegen sein Gewissen und seine religiösen Überzeugungen zu handeln.
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