‘In jedem dieser Fälle war es der Hund, der starb’
“Wir dürfen uns darauf verlassen, dass der Hl. Geist die Kirche führt”
Trotz der teilweise sehr problematischen Vorstösse einiger Teilnehmer an der Familiensynode dürfen wir uns darauf verlassen, dass der Heilige Geist die Kirche führt.
Ein kath.net-Kommentar von Johannes Graf
Vatikan, kath.net/jg, 24. Oktober 2014
Etliche Wortmeldungen der ausserordentlichen Bischofssynode zur Familie, insbesondere der Synoden-Zwischenbericht, haben bei Katholiken, die treu zur Kirche stehen, Besorgnis ausgelöst. Einige Vorstösse in Richtung Anerkennung einer zweiten zivilrechtlichen Ehe oder homosexueller Partnerschaften und Zulassung der betroffenen Personen zur Eucharistie sind tatsächlich sehr problematisch. Es geht hier um Sakramente und damit um Kernbereiche des katholischen Glaubens.
Trotzdem dürfen wir uns darauf verlassen, dass der Heilige Geist die Kirche auch heute leitet. Auch das gehört zum katholischen Glauben. Die Kirche ist und bleibt der “mystische Leib Christi”. Ihr Haupt ist Christus, der seiner Kirche versprochen hat, dass die Mächte der Unterwelt sie nicht überwältigen werden. (Mt 16,18)
Das soll nicht als naiver Fatalismus missverstanden werden, der die Hände in den Schoss legt und alles dem direkten Einwirken Gottes überlässt. Christus erwartet von uns, dass wir uns zu ihm bekennen. “Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen”, verheisst er uns (Mt 10,32). An derselben Stelle sagt er auch Auseinandersetzungen voraus: “Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen.” (Mt 10,34) Die gegenwärtigen Diskussionen sollten daher nicht nur als (kirchen-) politische Konfrontation zweier Fraktionen gesehen werden, die man gern mit den politischen Begriffen “konservativ” und “liberal” oder “rechts” und “links” bezeichnet.
Die angesprochene Versuchung gibt es für beide Fraktionen. Wer ihr verfällt, leidet in erster Linie unter der Existenz der jeweils anderen und ergeht sich in wortreichem Gejammer über die dadurch herbeigeführte schlimme Lage der Kirche. Die erlösende und befreiende Botschaft des Glaubens tritt vor lauter Kirchenpolitik leicht in den Hintergrund. Evangelisierung wird zweitrangig, erst muss der innerkirchliche Gegner bekämpft werden. Der Psychiater und Theologe Manfred Lütz hat diese Situation in seinem Buch “Der blockierte Riese”pointiert beschrieben.
Im Wissen um den Beistand Gottes sind wir aufgerufen, für den weiteren synodalen Prozess und alle Beteiligten zu beten. Kath.net hat deshalb eine Gebetsinitiative gestartet, auf die ich vor diesem Hintergrund gerne verweisen möchte. Wir sind auch dazu aufgerufen, die geltende kirchliche Lehre, wie sie etwa im nachsynodalen Schreiben Familiaris consortio, der Enzyklika Humanae vitae und im Katechismus der Katholischen Kirche dargelegt ist, zu studieren, zu leben und uns zu ihr zu bekennen. Wir sind weiters dazu aufgerufen, die Bischöfe, insbesondere die Teilnehmer an der Synode, zu einer klaren Linie im Sinne der göttlichen Offenbarung und der Tradition der Kirche zu ermuntern. Gott möchte auch durch das Tun der Menschen wirken, durch ihr Gebet und ihr Handeln. Wir dürfen das alles mit einer gewissen Gelassenheit und voll Vertrauen auf Gott tun, ohne Angst und Verbissenheit.
John Henry Newman, der durch das Studium der Entwicklung der kirchlichen Lehre zur katholischen Kirche gefunden hat, drückt die geheimnisvolle Verbindung von göttlichem und menschlichem Wirken so aus: “Wunderbar ist es, zu sehen, wie sich die Lehre entwickelt; mit wie viel Mühe und Zögern, Warten und Unterbrechung – mit wie viel Schwankungen nach rechts und links – mit wie viel Rückschlägen und doch mit welcher Sicherheit des Fortschritts, mit welcher Genauigkeit in ihrem Weg und welch endgültiger Vollendung.” (15. Universitätspredigt) Gott weiss um die Schwäche der Menschen, auch der Bischöfe, Theologen und Journalisten. Bereits bei der Berufung der Apostel, auf die er seine Kirche gegründet hat, hat er um die theologischen Auseinandersetzungen aller Epochen gewusst. Wenn er den Menschen trotzdem die Kirche anvertraut, dann dürfen wir sicher sein, dass er uns dabei nicht alleine lässt. “Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage, bis zum Ende der Welt.” (Mt 28,20) Mit dieser tröstlichen Zusage Christi endet das Matthäus-Evangelium.
Die gegenwärtigen Verwirrungen können auch als Aufforderung für kirchentreue Katholiken verstanden werden, ihr Vertrauen in den göttlichen Beistand zu vertiefen. Denn, so sagt G.K. Chesterton, “mindestens fünf Mal, mit dem Arianer und dem Albigenser, mit dem humanistischen Skeptiker, nach Voltaire und nach Darwin, schien der Glaube vor die Hunde zu gehen. In jedem dieser fünf Fälle war es der Hund, der starb.” (Der unsterbliche Mensch)
Johannes Graf ist Chefkommentator der kath.net-Redaktion
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