Zum Tod von Paul Badde: Hau rein, Kapelle!

Nun werden sie doch alle dorthin kommen, wo er sie immer haben wollte

Quelle
Vatican Magazin

Von Rudolf Gehrig

Manoppello – Samstag, 15. November 2025

Nun werden sie doch alle dorthin kommen, wo er sie immer haben wollte. Einige waren bereits in der Vergangenheit dort. Vielleicht aus Neugier, aus Gutmütigkeit, aus alter Freundschaft – oder einfach nur, weil Paul sie nicht in Ruhe ließ. Er konnte hartnäckig sein bis zur Penetranz, energisch bis zum Steine-Erweichen, emotional bis zum Pathos. Und nun ist er verstorben.

Doch nun werden sie alle kommen, so, wie Paul Badde es immer wollte. Sie werden sich auf den Weg machen nach Manoppello, in dieses 7.000-Einwohner-Örtchen zweieinhalb Stunden östlich von Rom. Dort werden sie Paul zum letzten Mal Lebewohl sagen. Und wenn sie schon mal da sind, werden sie es auch sehen, das “Göttliche Gesicht”. Paul wollte, dass es alle sehen.

Er selbst hat es gesehen. Jetzt sieht er es im Original. Am Montag, dem 10. November 2025, mitten in der Nacht, wurde er heimgerufen von Ihm, dem er ein Leben lang nachjagte. Dem göttlichen Gesicht, dem Heiland.

Paul Badde und das “Göttliche Gesicht”

Ein ganzes Buch hat er darüber geschrieben: “Das Göttliche Gesicht” (Fe-Verlag). Das Muschelseidentuch zeigt das Gesicht eines Mannes, von dem Paul Badde überzeugt ist, dass es ein Abdruck des Gesichtes Jesu Christi ist. Mit dem Eifer eines Missionars hat er dieser Überzeugung in zahlreichen Veröffentlichungen und Filmbeiträgen Ausdruck verliehen, bis sich 2006 der Heilige Vater selbst aus Rom aufmachte, um nach Manoppello zu kommen, wo das “Göttliche Gesicht” bis heute verehrt wird.

“Diese Recherchen sprengen fast unsere Vorstellungskraft”, schrieb die BILD-Zeitung damals über Pauls Buch; ein interessantes Urteil, ausgerechnet vom Springer-Konzern, dem es nie an “Vorstellungskraft” mangelte und für den Paul Badde als Korrespondent jahrelang in Jerusalem und Rom seine journalistischen Knochen hingehalten hat.

Zur Zeit der wilden 1968er hatte Paul noch ein “bewegtes Leben” geführt, was dazu führte, dass er “die meisten Irrwege seiner Generation mitging”, wie Pauls Ex-Kollege Alan Posener in einem bewegenden Nachruf für die “Welt” schreibt. Dann kam es, wie es fast schon kommen musste bei einem Menschen, der sich – typisch journalistisch – auf die Suche begibt nach dem Wahren und Schönen. Aus Saulus wurde Paulus, doch aus Paul wurde – nun ja, Paul, der halt den Weg zurück zu Gott und zur Kirche gefunden hat. Er vollzog eine Wende, eine Bekehrung, doch Paul blieb dabei Paul. Der Mann, der in Rom seinen alten Volvo in der Verlängerung des Borgo Pio zu parken pflegte, blieb auf der Autobahn des Lebens immer ein Bleifuß. Er kannte nur Vollgas.

Von Saulus zum Paulus, von Paul zu Paul

So, wie er mit Leidenschaft und Nachdruck sein altes Leben zurücklassen wollte, so leidenschaftlich warf er sich zunächst in die Arme seiner vermeintlichen neuen Freunde der sogenannten “Katholischen Integrierten Gemeinde”. Eine falsche Abzweigung, die er noch lange bereute. Mit selbigen Eifer und ungebremstem journalistischen Tatendrang versuchte er später jenen das Handwerk zu legen, die ihn und andere (darunter den zu diesem Zeitpunkt emeritierten Papst Benedikt XVI.) zu lange schon instrumentalisiert hatten.

“In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst”, hatte der heilige Augustinus einst gesagt. Eine Aufforderung, der Paul nur allzu bereitwillig nachgekommen ist. Paul brannte immer. Ab 2007 bildete er mit Guido Horst ein kongeniales Führungsduo, das gemeinsam mit Bernhard Müller und dem Fe-Verlag das “VATICAN-Magazin” aus der Taufe hob. Sie gaben sich den Auftrag, mit diesem Monatsheft “Schönheit und Drama der Weltkirche” abzubilden. Paul schrieb, dichtete und feilte meisterliche Texte, knipste eigenhändig Titelfotos mit der stets griffbereiten Kamera, die wie zu einem zusätzlichen Organ an Pauls Körper wurde.

Zweiter Frühling als TV-Star

Als 2013 seine Korrespondenten-Tätigkeit für die “Welt” endete, blieb er in Rom, heuerte bei EWTN an und schrieb fortan auch für CNA Deutsch. Man ließ ihm freie Hand – und Paul lieferte. Interviews, Reportagen, Kurzfilme, religiöse Betrachtungen: Wann immer der schnoddrige Herr mit dem Schlapphut und dem Trenchcoat mit seinem stets verrutschten Kragen vor die EWTN-Kamera trat, rückten viele noch näher an die Mattscheibe heran. Warum sich Paul, der gefeierte Reporter, Journalist und Buchautor so spät noch einmal auf das Abenteuer Fernsehen einließ, beschrieb EWTN-Programmdirektor Martin Rothweiler in einem Beitrag zum 70. Geburtstag von Paul so: “Weil er selbst von dem Faszinosum schlechthin, der Person Jesu Christi, vom liebevollen menschlichen Antlitz Gottes so fasziniert ist, dass er davon nicht schweigen kann.”

Es dauerte nicht lange, da sprach er selbstverständlich auch in seiner EWTN-Serie “Baddes Bilder” über seinen Sehnsuchtsort: Das Heiligtum von Manoppello. In “Rom direkt” interviewte er im typischen Badde-Stil die kleinen und großen Leute aus dem Umfeld des Vatikans. Zuletzt reiste er noch einmal mit Martin Rothweiler in das Heilige Land, um die langersehnte Rosenkranz-Serie “Steine und Perlen” zu drehen.

Dort, im Heiligen Land, seiner alten Wahlheimat, hatte Paul einst Gefallen gefunden am arabischen Wort “Abu”, “Vater”. Immer wieder nahm er jüngere Kollegen unter seine Fittiche, gab ihnen Rückmeldungen zu Artikeln, überschwänglich im Lob, doch auch mit bisweilen schmerzhafter Präzision in der Kritik. Immer Vollgas, nie leidenschaftslos. Einigen bot er nicht nur das “du”, sondern auch das “Abu” an, “Vater Paul”. “Ich bin schon so alt und du noch so jung, ich könnte dein Großvater sein”, schrieb er mir vor vielen Jahren, nachdem er mir eine eigene Kolumne im “VATICAN-Magazin” in Aussicht gestellt hatte. “Du kannst mich auch Ur-Abu nennen”, schloss er pragmatisch und beendete fortan viele seiner Emails mit einem fröhlichen “Hau rein, Kapelle! Dein Ur-Abu Paul”.

Er hat es nochmal allen gezeigt

“Der Mann mit den Kinderaugen”, hatte der Journalist und Kollege Ludwig Ring-Eifel die Person Paul Baddes einmal auf den Punkt gebracht. In seinen letzten Jahren konnte ihm die Krankheit zwar Stück für Stück die Fähigkeit zur Artikulation nehmen, doch nicht die Fähigkeit, die Welt mit kindlichen Augen zu sehen, mit neugieriger Ungeduld, brennendem Wissensdurst und leicht entflammbarer Begeisterungsfähigkeit.

Nun hat der Katholik, Vater, Ehemann und Journalist Paul Badde seine letzte Ruhestätte gefunden. “Denn der Eifer für dein Haus hat mich verzehrt” (Ps 69,10), heißt es im Psalm, doch so könnte genauso gut Pauls Fazit zu seinem Leben lauten.

Oder würde er sich dagegen wehren, wenn man ihm fromme Sprüche in den Mund legt?

“Nur das Gesicht Gottes bleibt”, so zumindest lauten die letzten Zeilen in seinem Buch über das “Göttliche Gesicht”. “Er trägt keine Maske”, schreibt Paul, “sein Gesicht bleibt für immer: das Antlitz des Königs und der Liebe.”

Möge Paul Badde, der Mann mit den Kinderaugen, nun vor diesem Antlitz des Königs stehen und nichts weiter spüren als Liebe, Liebe, Liebe. Und die, die sie nun alle anreisen werden nach Manoppello, dem Ort, der seine Ruhestätte sein wird, werden sich noch einmal vor diesem Mann verneigen, der sie auf die eine oder andere Art berührt hat: Sei es durch seine Texte, sei es durch seine Fernsehsendungen oder sei es auch nur durch sein aufgeregtes Zupfen am Unterarm, wenn er in typischer Manier mal wieder sein Rosenkranzgebet unterbrach, um mit ausladender Geste seine Mitbeter auf irgendeine Säule, eine Statue oder auch nur auf das Durchbrechen des Sonnenlichtes durch eine besonders dicke Wolke aufmerksam zu machen.

Und sie, die in Manoppello eintreffen, um Paul Baddes Tod zu betrauern, werden nicht umhinkommen, im dortigen Heiligtum dem Muschelseidentuch in die Augen zu blicken und sich zu fragen: Was, wenn Paul Recht hatte?

Er dagegen ist am ewigen Ziel angekommen. Und mir, der ich an diesem Samstagmorgen zu seinem Requiem nach Manoppello kommen werde, bleibt nichts anderes zu sagen als: Hau rein, Kapelle! Ruhe in Frieden, Ur-Abu.

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