Vatikan setzt bei Klimagipfel COP30 auf Multilateralismus und Bildung

Der Vatikan erwartet von der COP30 einen neuen Schub für den multilateralen Einsatz gegen den Klimawandel. Das erklärte der Apostolische Nuntius in Brasilien, Erzbischof Giambattista Diquattro, in einem Interview mit uns vom 21. November. Er gehört der vatikanischen Delegation an, die unter Leitung von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Gipfel teilnimmt

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Der Heilige Stuhl hatte seinen Beitrag nach Angaben des Diplomaten bereits in den vergangenen Verhandlungstagen geleistet. Am Freitag soll der Gipfel programmgemäß zu Ende gehen. Wie Diquattro erklärte, habe der Vatikan “vor allem einen ethischen Beitrag und eine Botschaft menschlicher Solidarität” eingebracht. Die Klimakrise sei “nicht nur ein technisches, sondern auch ein moralisches Problem”. Menschen hätten Verantwortung füreinander und für die Schöpfung. Der Vatikan erinnere in allen Gesprächen an die “Würde der menschlichen Person, die von Gott stammt”. Diquattro verwies auf die Formulierung aus der Botschaft des Papstes zum Gipfel: Der Klimawandel habe ein “menschliches Gesicht”. Hinter allen Modellen und Abkürzungen stünden Gemeinschaften, die bereits unter der Erderwärmung litten.

“Wenn du den Frieden pflegen willst, dann hüte die Schöpfung”

Die Delegation betont zudem die Verbindung von Klimaschutz und Frieden. “Wenn du den Frieden pflegen willst, dann hüte die Schöpfung”, zitierte der Diplomat Papst Leo. Dieser habe so wie sein Vorgänger Franziskus daran erinnert, dass es einen “klaren Zusammenhang zwischen dem Aufbau des Friedens und dem Umgang mit der Schöpfung” gebe. Umweltzerstörung und Konflikte verstärkten sich gegenseitig. Der Vatikan fordere, dass die in Dubai beschlossenen Fortschritte nicht geschwächt werden. Dazu gehöre auch das Engagement, von fossilen Energieträgern wegzugehen. Gleichzeitig brauche es Rücksicht auf jene Staaten, die die Folgen des Klimawandels besonders hart treffen.

Bei den Finanzierungsfragen verweist der Heilige Stuhl auf die Lage der ärmsten Bevölkerungen und fordert Gerechtigkeit. Die Armen seien die ersten Opfer der Erderwärmung. “Eine echte Solidarität muss jene Finanzierungsmechanismen prägen, die auf Geschwisterlichkeit beruhen”, betonte Diquattro. Er erinnerte an die Anregung des Heiligen Stuhles, armen Ländern ihre Schulden zu erlassen, statt sie bloß umzuschichten. Der Nuntius brachte an dieser Stelle den Begriff der “ökologischen Schulden” ins Spiel. Diesem Konzept zufolge stehen Industrieländer bei Entwicklungsländern in der Schuld, weil sie ihren Fortschritt auf Kosten ärmerer Volkswirtschaften erzielen. In dieser Optik sei der komplette Schuldenerlass für Länder, die ihre Schulden nie zurückzahlen können, “eine notwendige Maßnahme zur Unterstützung der am stärksten betroffenen Länder”, erläuterte der Nuntius. Politische Maßnahmen wie diese seien unerlässlich für die Gestaltung eines “gerechten Übergangs” hin zu einer klimaneutralen Welt.

Keine strittigen Begriffe ins Dokument hineinverhandeln

In den Debatten zum Gender Action Plan hebt der Heilige Stuhlhervor, dass Frauen und Mädchen, besonders im globalen Süden, unverhältnismäßig stark betroffen sind. Diquattro sagte, es gebe Versuche, “nicht konsensfähige oder strittige Begriffe” in das Dokument einzufügen, etwa “sexuelle und reproduktive Rechte”, die nach vatikanischer Auffassung auch den Schwangerschaftsabbruch einschließen und daher “in keiner Weise akzeptiert werden können”. Der eigentliche Schwerpunkt müsse auf der Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen, auf Bildung und auf der Unterstützung durch entwickelte Staaten liegen. Der Vatikan betone, dass viele Frauen von den vorgesehenen Maßnahmen profitieren könnten.

Ein zentrales Ziel des Vatikans ist laut Diquattro ein erneuertes Bekenntnis zum gemeinsamen Handeln der Staaten miteinander. Er sagte: “Die Hoffnung ist, dass aus der Cop30 ein klarer und erneuerter Einsatz für den Multilateralismus entsteht.” Nur so ließen sich globale Probleme wie der Klimawandel “mit Offenheit, Vertrauen und Zusammenarbeit” angehen. Diese Herausforderungen kennten keine Grenzen und verlangten Beiträge von Regierungen und anderen gesellschaftlichen Akteuren, einschließlich Wissenschaft, lokaler Behörden und Wirtschaft.

Als weiteres Ergebnis erhofft sich der Vatikan die Bestätigung der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klima-Abkommens. Diquattro nannte als notwendige Schritte eine bessere Energieeffizienz, den Einsatz kohlenstoffarmer Technologien und Maßnahmen zur Wiederaufforstung. “Diese Initiativen müssen die Schöpfung in den Mittelpunkt stellen: Menschen und Umwelt, nicht nur die Wirtschaft.” Zugleich brauche es mehr Engagement bei der Anpassung an die Klimafolgen und in der Bildungsarbeit.

Der Vatikan drängt darauf, dass “Bildung zur integralen Ökologie” stärker in nationale Klimapläne aufgenommen wird. Es gehe um eine Lebens- und Denkweise, die “Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft weise miteinander verbindet”. Bildungsprogramme und Forschungsinitiativen könnten eine Kultur der Verantwortung fördern und den Dialog mit lokalen Gemeinschaften stärken. Der Heilige Stuhl arbeite daran, diesen Ansatz in allen thematischen Bereichen der Cop zu verankern.

Diquattro erinnerte auch daran, dass der Vatikan seine Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen ernst nimmt. Die Emissionen des Vatikanstaats seien zwar weltweit kaum relevant, dennoch investiere der Staat in Projekte zur Emissionsminderung und in Bildungsinitiativen für eine integrale Ökologie.

Er sagte, der Vatikan bleibe aufmerksam für den Schutz der Menschen und der Schöpfung. Klimapolitik berühre das Leben derjenigen, “die oft den höchsten Preis zahlen”. In der internationalen Arena bestehe die Aufgabe darin, Wege der Verständigung zu suchen und Verantwortung zu teilen. Diese Haltung gehöre zum Auftrag der Kirche.

Vatican News, 21. November 2025

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