Nizäa-Jubiläum
Nizäa-Jubiläum: Theologen diskutieren Verhältnis zu Judentum und Islam
Quelle
Kardinal Koch: 1700 Jahre Nizäa-Konzil als Chance für Ökumene – Vatican News
Was bedeutet das Konzil von Nizäa 1.700 Jahre nach seiner Abhaltung für das Zusammenleben der monotheistischen Religionen? Dieser Frage widmet sich eine internationale Doppelkonferenz, die Mitte Oktober an der Universität Münster fortgesetzt wird. Forschende aus Theologie, Judaistik, Islamwissenschaft und Philosophie beleuchten in einer Kooperation mit der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom die wechselvolle Rezeption des ersten gesamtkirchlichen Konzils.
Im Zentrum der Tagung vom 15. bis 17. Oktober 2025 steht die interreligiöse Herausforderung des 325 n. Chr. verabschiedeten Glaubensbekenntnisses. Das Konzil von Nizäa legte fest, dass Jesus Christus “desselben Wesens wie Gottvater” und somit im vollen Sinne Gott sei.
“Das Bekenntnis des ersten gesamtkirchlichen Konzils der Geschichte ist bis heute für die katholische Kirche sowie die orthodoxen und die meisten protestantischen Kirchen von grundlegender Bedeutung”, erklärt Dogmatikprofessor Michael Seewald aus Münster, einer der Veranstalter. Er betont jedoch die Konfliktlinien zu den anderen abrahamitischen Religionen: “Interreligiös betrachtet, vor allem was die jüdisch-christlichen und die christlich-islamischen Beziehungen angeht, hat Nizäa komplexe Fragen aufgeworfen.”
Die theologische Kluft: Göttlichkeit Christi als Bruch
Die Konferenz befasst sich mit der zentralen monotheistischen Diskrepanz. Die Göttlichkeit Jesu, die das Konzil festschrieb, ist für Juden und Muslime nicht vereinbar mit dem Glauben an den einen Gott.
“Aus jüdischer wie auch aus islamischer Sicht ist die Vorstellung, dass Gott einen Sohn hat, der ihm in allem gleich und daher selbst Gott sein soll, nicht akzeptabel”, erläutert Seewald. Die Tagung unter dem Titel “The Confession of the Council of Nicaea: History and Theology” soll klären, “wie das Konzil von Nizäa das Christentum innerhalb des Monotheismus verortet und was es aus Sicht der anderen beiden großen, monotheistischen Religionen, dem Judentum und dem Islam, dazu zu sagen gibt.”
Zu den internationalen Referenten in Münster zählen der Judaist Alfred Bodenheimer (Schweiz) und die Islamwissenschaftlerin Nadine Abbas (Libanon). Auch ökumenische Fragen werden erörtert, unter anderem mit dem anglikanischen Theologen Ben Quash und der evangelischen Theologin Friederike Nüssel.
Glaube der Gläubigen oft “prä-nizänisch”
Neben den historischen und interreligiösen Fragen beleuchtet die Konferenz auch die heutige Relevanz des Bekenntnisses im Alltag der Kirchenmitglieder. Seewald habe kritisch angemerkt, dass die theologische Entwicklung des 4. Jahrhunderts bei vielen modernen Christen kaum noch verankert sei.
“Die großen christlichen Kirchen erkennen alle das Nizänische Glaubensbekenntnis mit einigen späteren Ergänzungen an. Was die Mitglieder dieser Kirchen faktisch glauben, ist eine andere Frage“, so der Dogmatiker. Er vermutet: “Denken heute wohl viele Christen, Jesus sei ein beeindruckender Mensch gewesen, der erst im Nachhinein in vielleicht übertriebener Weise vergöttlicht wurde.” Diese Sichtweise sei ironischerweise näher an den theologischen Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts, die das Konzil eigentlich schlichten sollte.
pm – mg, 1. Oktober 2025
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