Erst Frieden, dann Nobelpreis!
Israels Regierungschef kam nicht mit leeren Händen ins Weiße Haus: Kriegsherr Netanjahu schlägt seinen Paten Trump für den Friedensnobelpreis vor
08.07.2025
Dass Donald Trump seine außenpolitischen Bemühungen gerne mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt sähe, ist ein Gerücht, das die Spatzen schon recht lange von den Dächern pfeifen. Und dass er sich für nobelpreiswürdig halten könnte, wird auch vermuten können, wer weniger als acht Semester Psychologie studiert hat. Insofern kann man die Initiative von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, Trump für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, zunächst höflich als Gastgeschenk oder weniger höflich als Versuch der Anbiederung abbuchen.
Nötig hat Netanjahu, der bereits zum dritten Mal in diesem Jahr vom US-Präsidenten empfangen wurde, beides jedenfalls: Immerhin hat Netanjahu, der mit seinem Angriff auf den Iran die USA praktisch in die militärische Solidarität gezwungen hat – zum bekundeten Missfallen Trumps – den Takt vorgegeben und passt sich auch derzeit beim Vorgehen im Gazastreifen eher rhetorisch denn faktisch den amerikanischen Mahnungen an.
Hätte Trump den Friedensnobelpreis überhaupt verdient?
Doch jenseits der psychologischen Einordnung bleibt die Frage, ob Donald Trump einen Friedensnobelpreis verdient hätte. Sicher ist, dass er an beiden akuten Schauplätzen – in der Ukraine wie in Nahost – einen raschen Frieden wollte und anstrebte. Um sich den globalen US-Interessen und dem Hegemonialkonflikt mit China widmen zu können, aber das ist völlig legitim. Ebenso sicher ist, dass er mit seinen Friedensbemühungen bisher gescheitert ist: an der Wirklichkeit und an den handelnden Akteuren, die er ebenso falsch einschätzte wie sein eigenes Gewicht.
Schlimmer noch: Mit Blick auf die Ukraine hat Trump vieles getan, um den Aggressor Putin in Sicherheit zu wiegen. Er hat die Ukraine demonstrativ herabgewürdigt, sprunghaft Waffenlieferungen zugesagt und wieder gestoppt, hat Putin unnötige Zugeständnisse gemacht und sich von ihm vorführen lassen. Trump brauchte Monate, um das Offensichtliche zu sehen, nämlich dass Putin gar keinen Frieden will. In Nahost wird sich erst noch weisen, ob das Agieren des US-Präsidenten ein Beitrag zu mehr Sicherheit und Stabilität war. Ein Frieden ist bisher jedenfalls nicht in Sicht.
Das Nobelpreiskomitee wäre wohl gut beraten, die Amtszeit von Donald Trump erst einmal abzuwarten und am Ende zu bewerten, ob sie eines Friedensnobelpreises würdig ist. Zu oft wurden voreilig Friedensnobelpreise vergeben an Staatsmänner, die zu schnell zu Hoffnungsträgern stilisiert wurden. Die Liste der Friedensnobelpreisträger, die dem Komitee in der Nachbetrachtung peinlich sein sollten, ist jetzt schon lang. Man sollte sie nicht erweitern.
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