Das diplomatische Gewicht des Vatikans ist gewachsen

Auch nach dem Telefonat zwischen Trump und Putin sollte man sich keine allzu große Hoffnung auf baldige Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine machen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber: den neuen Papst

Quelle
Zum Frieden muss Putin gezwungen werden | Die Tagespost
“Er sieht nett aus und ist schlau”: Stimmen vom Petersplatz zu Leo XIV.
Ukraine (835)

20.05.2025

Maximilian Lutz

Dreieinviertel Jahre sind seit der großangelegten russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 vergangen. Was man aus dem für beide Seiten blutigen und verlustreichen Krieg, dessen Ende wohl ziemlich jeder herbeisehnt, insbesondere die leidgeprüften Ukrainer, bislang lernen konnte: Mit der voreiligen Verkündigung unmittelbar bevorstehender Waffenstillstands-, ja sogar Friedensverhandlungen, sollte man vorsichtig sein. Schon oft war man in der Vergangenheit an einem ähnlichen Punkt – und die Kampfhandlungen nahmen kein Ende.

Das Ergebnis des zweistündigen Telefonats zwischen Donald Trump und Wladimir Putin am Montagabend mag zunächst vielversprechend erscheinen – wenn man nur die Verlautbarungen des US-Präsidenten im Anschluss liest: Trump lobte besonders den “exzellenten Ton” und die “exzellente Gesprächsatmosphäre”. Ein Ende des Blutvergießens würde allen Beteiligten auch wirtschaftliche Vorteile bringen, dem Verhandlungsprozess stehe nichts mehr im Wege.

Der Vatikan ist kein völlig neutraler Boden

Doch schon ein Blick auf die Äußerungen des russischen Präsidenten Putin zeigt, dass die konkreten Fortschritte sich in Grenzen halten dürften. Das Gespräch sei “sehr nützlich”, “sehr inhaltsreich und sehr offen” gewesen, erklärte er. Abgesehen davon, dass Russland und die Ukraine nun an einem “Memorandum” arbeiten wollten, das einen potenziellen künftigen Friedensvertrag regeln soll, macht Putin jedoch kaum Zugeständnisse. Vielmehr setzt er die massiven Angriffe auf die Ukraine weiter fort. Zu einer Waffenruhe ohne Vorbedingungen scheint er nicht bereit.

War die Unterredung zwischen Trump und Putin zwar kein großer Durchbruch, lässt sich aus den Worten des US-Präsidenten im Anschluss dennoch etwas Positives ziehen: Die diplomatische Rolle des Vatikans in den Bemühungen, den Krieg zu beenden, ist gewachsen. Das sieht man daran, dass Trump in seiner Erklärung den Vatikan und den Papst ausdrücklich als mögliche Gastgeber von Friedensverhandlungen nannte. Das kann dem Prozess nur guttun: Der Vatikan ist eben kein völlig neutraler Boden, und auch nicht Istanbul oder Riad, die als mögliche Verhandlungsorte immer wieder im Gespräch sind. Vielmehr steht er für eine ethische und moralische Integrität, die – so wäre zu hoffen – auch mögliche Friedensgespräche dort auszeichnen wird.

Papst Leos besonnener Kurs

Dass man auf ein Ende der Kampfhandlungen dringen kann, ohne Opfer und Aggressor gleichzusetzen, hat Papst Leo XIV. von Anfang an deutlich gemacht, etwa mit der Forderung nach einem “gerechten Frieden” in der Ukraine. Indem er am Tag seiner Inthronisierung den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Audienz empfing, setzte er diesen Kurs fort. Gleichzeitig bleibt er mit der amerikanischen Seite im Gespräch, indem er auch US-Vizepräsident Vance und Außenminister Rubio traf. Vielleicht lässt sich hier tatsächlich der erste positive Effekt davon erkennen, dass Papst Leo und Trump demselben Sprach- und Kulturkreis angehören.

Welche Strahlkraft der Vatikan als Vermittler entwickeln kann, hatte schon das kurze, aber in der Bildsprache ikonische Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Petersdom am Rande der Trauerfeier für Franziskus gezeigt. Der Vatikan befand sich zu der Zeit in Sedisvakanz, die Wirkung blieb zunächst auf die symbolische Ebene begrenzt. Nun ist der Stuhl Petri wieder besetzt – mit einem Pontifex, der in den drängendsten politischen Fragen der Zeit entschlossen, aber mit Augenmaß zu agieren scheint. Diese Tatsache ist es, die wieder einen Funken Hoffnung in das düstere Gesamtbild bringt.

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