Supreme Court entscheidet
Planned Parenthood wehrt sich gegen Streichung öffentlicher Mittel – Amerikas Höchstrichter müssen nun den diffizilen Fall entscheiden. Das Urteil des US-Supreme-Courts wird für Juni erwartet
Quelle
Trump-Regierung will Gelder für “Planned Parenthood” einfrieren | Die Tagespost
08.04.2025
Mit Spannung fiebern US-amerikanische Lebensrechtler derzeit einem Urteil des US-Supreme-Courts entgegen. Die für Ende Juni erwartete Entscheidung könne, so die Hoffnung vieler Lebensrechtler, US-amerikanischen Bundesstaaten eine Möglichkeit eröffnen, “Planned Parenthood”, einen der weltweit größten Anbieter von Abtreibungen, auch von der Inanspruchnahme öffentlicher Gelder für andere Dienstleistungen auszuschließen.
Das Bundesrecht verbietet bereits jetzt allen Bundesstaaten, Medicaid-Mittel zur Finanzierung vorgeburtlicher Kindstötungen zu verwenden. Doch vielen Lebensrechtlern in den USA reicht das nicht. Sie wollen den Abtreibungsriesen von sämtlichen öffentlichen Geldern abgeschnitten sehen. Diese Möglichkeit scheint nun erstmals in greifbare Nähe gerückt.
Republikanischer Gouverneur brachte den Stein ins Rollen
Und das kam so: 2018 hatte der Gouverneur von South Carolina, der Republikaner Henry McMaster, sämtliche Behörden des im Südosten der USA gelegenen Bundestaates angewiesen, keine öffentlichen Mittel mehr an Ärzte oder Praxen zu vergeben, die mit “Planned Parenthood” in Verbindung stehen, und sie von der Liste der Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen im Rahmen des staatlichen “Medicaid”-Programms zu streichen. Anders formuliert: Wer mit vorgeburtlichen Kindstötungen Geld verdiene, habe sich als seriöser Anbieter von Gesundheitsdiensten disqualifiziert.
Dagegen hatte Planned Parenthood geklagt. In South Carolina betreibt der Abtreibungsriese Kliniken in Charleston und Columbia. Neben Abtreibungen, die in South Carolina verboten sind, sobald der Herzschlag des Kindes nachgewiesen werden kann, bietet Planned Parenthood dort auch die Durchführung von Schwangerschaftstests, die Abgabe der “Pille danach” sowie die Behandlung von Geschlechtskrankheiten und anderem mehr an. In dem Rechtsstreit berief sich Planned Parenthood auf ein Gesetz aus dem Jahr 1871, das es Bürgern ermöglicht, die Handlungen von Staatsbeamten anzufechten. Ein Bundesrichter entschied zugunsten der Organisation. Die Begründung: Der Bundesstaat habe mit seiner Anordnung das Recht von Medicaid-Patienten auf freie Arztwahl verletzt.
Vorinstanzen entschieden zweimal zu Gunsten von Planned Parenthood
Zum Hintergrund: Medicaid ist ein Gesundheitsfürsorgeprogramm für Menschen mit geringem Einkommen, das von den US-Bundesstaaten und der US-Regierung paritätisch finanziert wird. Dabei tragen die Bundesstaaten je nach Pro-Kopf-Einkommen ihrer Einwohner 50 bis 80 Prozent der Kosten. Der Aufnahme in das Programm geht eine Bedürftigkeitsprüfung voraus. 2022 waren 85 Millionen US-Bürger über das Programm kostenlos krankenversichert.
South Carolina legte gegen das Urteil Berufung ein und verlor auch diese. Im vergangenen Jahr entschied der US-Berufungsgerichtshof für den 4. Bezirk mit Sitz in Richmond, Virginia, South Carolina habe die Rechte von Medicaid-Patienten unzulässig beeinträchtigt, indem es Planned Parenthood als qualifizierten Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen ausschloss. In ihrem Urteil hielten die Richter fest: “Wir weigern uns, den unbestreitbaren Wunsch des Kongresses, den weniger Glücklichen unter uns eine Auswahl an medizinischen Anbietern zu ermöglichen, für ungültig zu erklären. Es handelt sich dabei um Menschen, die mit denselben medizinischen Problemen konfrontiert sind wie die Glücklicheren in der Gesellschaft, die aber aus eigener Kraft nicht die gleiche Freiheit haben, ihren Gesundheitsdienstleister zu wählen.” Mit Medicaid habe der Bundesgesetzgeber versucht, “dieses Ungleichgewicht auf bescheidene Weise zu korrigieren”.
ADF-Anwalt: Der Bundesstaat entscheidet, welche Anbieter er für qualifiziert erachtet
Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Supreme Court. Vergangene Woche ließen sich die Obersten Richter die Argumente der streitenden Parteien vortragen. Bei der Anhörung konzentrierten sich die Richter vor allem auf die Frage, ob die Formulierung des Medicaid-Gesetzes den Versicherten lediglich ein Privileg gewähre oder ob es sie darüber hinaus auch ermächtige, dieses einzuklagen. In den USA sind Klagen, die sich gegen die Regierung wenden, traditionell enge Grenzen gesetzt, nicht zuletzt, um Staatsbedienstete vor einer Haftung zu schützen.
Der Anwalt von South Carolina, John J. Bursch, Senior Counsel bei der Menschenrechtsorganisation “Alliance Defending Freedom” (ADF), erklärte, genauso wie private Versicherer nicht jeden Arzt versicherten, entscheide auch der Staat, welche Anbieter er für qualifiziert erachte. Und zwischen diesen hätten die Patienten dann die Wahl. In diesem Fall habe South Carolina entschieden, dass Planned Parenthood “aus vielen Gründen nicht qualifiziert sei”, vor allem nicht, “weil sie der größte Abtreibungsanbieter der Nation” sei, zitiert die “Washington Post” Bursch.
US-Medien zeichnen kein einheitliches Bild
Dagegen argumentierte Planned-Parenthood-Anwältin Nicole A. Saharsky, der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass Staaten Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen aus Gründen, die nichts mit ihrer medizinischen Kompetenz zu tun hätten, die Finanzierung streichen könnten. Zudem gebe es “nicht viele Dinge”, die “wichtiger” seien als die Möglichkeit, “seinen Arzt zu wählen”. Er sei schließlich, “die Person, die man aufsucht, wenn man am verletzlichsten ist”.
Advertisement
Während US-Medienberichte die drei liberalen Höchstrichter eindeutig auf Seiten von Planned Parenthood wähnen, vermitteln sie hinsichtlich der Frage, wem die konservative Mehrheit der sechs übrigen Richter zuneige, kein einheitliches Bild. Das lässt sich ohnehin nur selten einmal aus den Fragen ableiten, welche Richter, die ja gehalten sind, sämtliche Aspekte zu bedenken, bei solchen Gelegenheiten zu stellen pflegen. Bis zu der für Juni erwarteten Verkündung des Urteils dürfte es daher spannend bleiben.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.
Themen & Autoren
Stefan Rehder
Kindstötung
Lebensschutz
Schwangerschaftsabbruch
US-Regierung
Schreibe einen Kommentar