“Die Kunst ist verwaist”
“Die Kunst ist verwaist”: Martin Mosebach über die Krise der Kultur
Von Alexander Folz
Redaktion – Sonntag, 6. April 2025
In einem Interview mit dem katholischen Apostolat Certamen hat der renommierte Schriftsteller Martin Mosebach über den Bruch zwischen Kirche und Kunst gesprochen.
Schon zu Beginn des Gesprächs stellt Mosebach klar: “Die Kunst ist verwaist oder sie ist selber von ihrer Mutter weggelaufen. Die Mutter hat sie auch nicht versucht zu halten.” Damit meinte er die Kirche, die einst kulturelle Mutter war.
Diese Bindung jedoch war der Ursprung europäischer Kultur. Mosebach erinnerte daran: “Die katholische Kirche, ihre Liturgie, ist es ja gewesen, die nach dem Untergang des weströmischen Reiches eine neue Kultur geschaffen hat.” Diese neue Kultur habe “das Beste, was die Antike besaß, in vollkommen andersartige, neuartige Verhältnisse hinein getragen”.
Besonders hob Mosebach die römische Liturgie hervor: “Sie war sprachschöpferisch. Sie hat mit ihrem anonymen Fundamentalkunstwerk ihrer Liturgie eine Formensprache geschaffen, die unerhört fruchtbar geworden ist.”
Die Hierarchie der Kirche habe diese Liturgie verwaltet und damit zugleich die Kunst ermöglicht: “Die großen erhabenen Themen der Religion sind von der Hierarchie verwaltet worden […]; der Dichtung, der Malerei […] wurde eine Art Freiheit zugebilligt.”
So sei “die Freiheit der Kunst eigentlich im Schoß der Kirche gewachsen”. Doch Mosebach beklagte, diese Freiheit sei “immer radikaler in Anspruch genommen” worden. Der Bezug zur Liturgie sei zunehmend verloren gegangen.
Für Mosebach hat dieses “unerhörte Experiment” nun ein Ende erreicht. Die Kunst sei in einem “radikalen Subjektivismus” gelandet, der “für die christliche Verkündigung bedeutungslos geworden ist”.
Mosebach forderte darum eine Rückkehr zu einer “vollständig gebundenen Kunst für die Kirche”: „Davon würde wahrscheinlich auch die profane Kunst profitieren, die von ihrer Bindungslosigkeit, Maßstabslosigkeit […] schon lange nicht mehr profitiert.”
Zum Schluss des Gesprächs betonte Mosebach, dass Kultur immer aus einem demütigen, langfristigen Denken heraus entsteht: “Kultur ist ein Wort aus dem Ackerbau. Eine Pflege des Bodens, die über Generationen geht.” Man müsse “Bäume pflanzen, deren Früchte man selbst nie erntet”.
Mosebach zeigte sich trotz allem gelassen: “Der Mensch ist ungebärdig, speziell der westliche Mensch, und wird sich nie lange in Ketten legen lassen.” Aber er sieht Hoffnung in einem neuen Kapitel: “Nach dem Experiment der Freiheit wagen wir vielleicht wieder das Experiment der Gebundenheit.”
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