Kardinal Comastri: “Das Gebet ist die Lebenskraft der Kirche”
Papst Franziskus hat während seiner Zeit im Krankenhaus eine Welle des Gebets ausgelöst, die Gläubige weltweit vereinte. Kardinal Angelo Comastri, emeritierter Priestervikar des Petersdoms, sprach im Interview mit uns über die tiefe Bedeutung dieser kollektiven Gebetsgemeinschaft
Quelle
Kardinal Comastri
Rosenkranz auf dem Petersplatz, um Marias Hilfe zu erflehen – Vatican News
Mario Galgano und Benedetta Capelli – Vatikanstadt
“Das Gebet für den Papst war und ist in erster Linie ein Akt familiärer Zuneigung”, betont Kardinal Comastri. “Wenn der Vater leidet, leiden die Kinder mit ihm – und die Begegnung geschieht im Gebet.” Diese weltweite Gebetsbewegung, die sich in Mahnwachen, Rosenkränzen und Messen ausdrückte, sei ein wunderbares Beispiel für Einheit innerhalb der Kirche. Sie erfülle das Gebet Jesu an den Vater aus dem Abendmahlssaal:, “Alle sollen eins sein, (…) damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.”
Zugleich hätten sich viele in der Krankheit des Papstes wiedererkannt. “Oft wird in Zeiten der Not gebetet, aber weniger, wenn alles gut läuft. Doch das Gebet ist immer bedeutsam – in Krankheit wie in Gesundheit.”
Die Heiligen als Vorbild für die Kraft des Gebets
Kardinal Comastri verweist auf die heilige Thérèse von Lisieux, die trotz ihres klösterlichen Lebens zur Patronin der Missionen ernannt wurde. Sie habe das berühmte Archimedes-Zitat aufgegriffen: “Gebt mir einen Hebel und einen festen Punkt, und ich werde die Welt aus ihren Angeln heben.” Doch anders als Archimedes, dessen Ansatz rein wissenschaftlich-physikalisch war, habe Thérèse den festen Punkt in Gott gefunden und die Hebelkraft im Gebet. “Die Heiligen, die beten, haben die Welt bewegt – und sie werden es bis zum Ende der Zeiten tun.”
Auch die heilige Mutter Teresa von Kalkutta habe betont, dass Jesus selbst für das Gebet manchmal sogar die karitative Arbeit zurückstellte, um zu zeigen: “Ohne Gott sind wir zu arm, um den Armen zu helfen.”
Das Gebet als “Lebenskette”
Papst Franziskus spricht oft davon, dass das Gebet nicht nur aus Psalmen und Gesängen besteht, sondern eine “Lebenskette” ist. Kardinal Comastri erklärt: “Das Gebet verbindet uns mit Jesus, der gesagt hat: ‘Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.’ Wenn wir beten, schaffen wir Raum für den Herrn, der in uns mit seiner Liebe und seinem Leben eintritt.” Wahres Gebet führe daher immer zur Nächstenliebe. “Mutter Teresa sagte: ‘Ich bin keine Sozialarbeiterin. Ich bin eine Christin, die betet. Und wenn ich bete, legt Jesus seine Liebe in mein Herz – und diese Liebe bringe ich zu den Menschen.’”
Ein Gebet für die Kranken
Angesichts der weltweiten Gebete für den Papst erinnerte Kardinal Comastri an eine besondere Gebetstradition für Kranke. Er selbst habe nach einem Besuch in einer Abteilung für unheilbar Kranke ein Gebet an Maria verfasst, das die Leiden der Menschen in ihrer ganzen Tiefe erfasst:
“O Maria, Mutter der Kranken, stehe am Bett aller Leidenden: derer, die ohne Hoffnung sind, die schreien oder weinen vor Schmerzen, die sich keine medizinische Versorgung leisten können.
Sei bei jenen, die in Armut arbeiten müssen, obwohl sie ruhen sollten.
Tröste die, die nachts keinen Schlaf finden. Und insbesondere jene, die nicht an ein besseres Leben glauben, die sich gegen Gott auflehnen oder nicht wissen, dass Christus für sie und mit ihnen gelitten hat.
O Maria, Mutter der Kranken, trockne ihre Tränen.
Amen.”
Ein Appell an die Gläubigen
Zum Abschluss des Interviews ruft Kardinal Comastri die Gläubigen auf, das Gebet nicht nur in schwierigen Zeiten, sondern als tägliche Lebensquelle zu betrachten. “Das Gebet hält die Kirche lebendig – und es macht auch unser eigenes Leben reicher. Denn wer betet, schafft Raum für die Liebe Gottes.”
vatican news, 31. März 2025
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