Verhandlungen in Riad – Für Trump ist Putin Partner
Ungeachtet des Kriegs in der Ukraine normalisieren Washington und Moskau ihre Beziehungen. Europa wird von beiden brüskiert
19.02.2025
Seit drei Jahren leistet die Ukraine unter großen Opfern der russischen Invasion Widerstand. Fast ebenso lange versicherte der Westen dem angegriffenen Land, er werde es “as long as it takes” (so lange wie nötig) unterstützen.
Davon ist nun keine Rede mehr, seit US-Präsident Donald Trump zum Telefon griff und den westlichen Boykott Wladimir Putins beendete. Die Außenminister beider Seiten, der Neuling Marco Rubio und der erfahrene Sergej Lawrow, saßen sich am Dienstag mehr als vier Stunden lang in der saudischen Hauptstadt Riad gegenüber, auch um ein Treffen Trumps mit Putin vorzubereiten.
Washington will eine rasche Verständigung mit Moskau
Wenngleich die russischen Attacken auf die ukrainische Zivilbevölkerung unvermindert weitergehen, ist nun klar: Washington will eine rasche Verständigung mit Moskau über ein Ende der Kämpfe, notfalls über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg. “Hochrangige Teams” beider Seiten sollen den Krieg “auf eine Weise beenden, die dauerhaft, nachhaltig und für alle Seiten akzeptabel ist”, heißt es in einer Erklärung. Auf eine Unterscheidung zwischen Aggressor und Opfer wurde verzichtet. Trump jedoch lobte die russische Verhandlungsbereitschaft und rüffelte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Der habe “einen Krieg zugelassen, den es nie hätte geben dürfen”.
Amerika setzt auf eine Normalisierung seiner Beziehungen zu Russland: Rubio und Lawrow verständigten sich auf einen “Konsultationsmechanismus zur Beseitigung von Irritationen in unseren bilateralen Beziehungen”, wie das US-Außenministerium mitteilte. Geplant ist die “Normalisierung des Betriebs” der diplomatischen Vertretungen und eine “künftige Zusammenarbeit in Fragen von beiderseitigem geopolitischem Interesse sowie historischen Wirtschafts- und Investitionsmöglichkeiten”.
Lawrow bezeichnete das Gespräch mit seinem US-Kollegen in Riad als “sehr nützlich”. Es habe die Bedingungen für “eine vollwertige Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern” geschaffen. Die Börsen sahen das ähnlich: Der russische Rubel verzeichnete gegenüber dem Dollar und dem Euro einen Kurssprung.
Selenskyj: Keine Friedensgespräche ohne die Ukraine und Europa
Selenskyj, der am Mittwoch in Riad erwartet wurde, sagte wegen des Außenministertreffens seine Reise nach Saudi-Arabien ab und flog nach Ankara, wo er vom türkischen Präsidenten Erdoğan empfangen wurde. Selenskyj sagte, bei Friedensgesprächen müssten auch die Ukraine und Europa am Tisch sitzen. Genau das hatte Lawrow zuvor abgelehnt: “Ich weiß nicht, was sie am Verhandlungstisch zu suchen haben”, sagte er vor seiner Begegnung mit Rubio über die Europäer.
Lawrows Stellvertreter Alexander Gruschko lehnte Europa als Verhandlungspartner zur Lösung des Ukraine-Kriegs ebenso ab wie den Einsatz westlicher Friedenstruppen in der Ukraine: “Unter welchem Deckmantel auch immer sie erscheinen würden, es wäre ein Schritt der Eskalation.” Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte dem russischen Staatsfernsehen, die Hauptsache sei “eine reale Normalisierung der Beziehungen zwischen uns und Washington”. Dafür waren das Telefonat Trumps mit Putin und das Treffen Rubios mit Lawrow jedenfalls Meilensteine.
Moskau sah sich ermutigt, am Dienstag Friedensbedingungen zu nennen und sogar die Legitimität des ukrainischen Präsidenten in Frage zu stellen, weil dessen Amtszeit im Mai 2024 ausgelaufen sei. Kremlsprecher Dmitri Peskow lehnte europäische Friedenstruppen in der Ukraine ab, sofern diese aus NATO-Staaten kämen. Brüskiert fühlen sich von den bilateralen amerikanisch-russischen Konsultationen nicht nur die Ukrainer, deren Präsident darauf insistiert, keine Deals anzuerkennen, die in “Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine” erzielt wurden.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas meint: “Wenn ein Deal gemacht wird, dem wir nicht zustimmen, dann wird er scheitern, weil er nicht umgesetzt wird.” Damit ein Friedensabkommen funktioniert, müssten die Ukrainer und Europa insgesamt beteiligt sein. Kallas wörtlich:
“Wir sollten die Ukraine in eine Position der Stärke bringen, damit sie in der Lage ist, zu einem schlechten Deal Nein zu sagen.”
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