“Woke” hat unter Trump Hausverbot

Gender, Handel, Migration: Trump läutet mit den ersten Federstrichen eine politische 180-Grad-Wende ein. Auch wenn ihn ein Mandat trägt, das über das eigene Lager hinausgeht, sollte er eines nicht vergessen

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21.01.2025

Maximilian Lutz

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Bei der feierlichen Zeremonie zur Amtseinführung vergaß der frisch vereidigte US-Präsident Donald Trump, seine linke Hand beim Schwur auf die beiden Bibeln zu legen, die ihm seine Ehefrau Melania entgegenhielt. Nur mit der erhobenen Rechten leistete er den Amtseid, den ihm der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, John Roberts, vorsprach. Wahrscheinlich nicht mehr als ein kleiner Lapsus des Präsidenten, der kurz darauf in seiner Antrittsrede betonte, dass er “von Gott gerettet wurde, um Amerika wieder groß zu machen”. Und der versicherte, “unser Land, unserer Verfassung und unseren Gott” nicht zu vergessen.

Was der alte neue Mann im Weißen Haus am Montag in der Rotunde des Kapitols bot, war ansonsten Trump pur: viel Eigenlob, großspurige Ankündigen und eine bissige, schonungslose Abrechnung mit dem geschlagenen Joe Biden. Von der Versöhnung, die er versprach, keine Spur.

An den Taten, nicht an den Worten messen

Dennoch: Seine Anhänger werden und seine Kritiker sollten Trump weder an seinen Worten messen noch an symbolischen Gesten, sondern allein an seinen Taten. Der Republikaner rauschte gleich mit einer Kaskade an Dekreten in sein neues Amt. Dutzende solcher Präsidialverordnungen unterzeichnete er in den ersten Stunden. Eine beachtliche Schlagzahl.

Im Kern läutet Trump damit erwartungsgemäß die komplette Abkehr von der Politik seines Vorgängers Biden ein. Das ist es, was eine Mehrheit der Amerikaner wollte, auch über das MAGA-Lager hinaus. Dafür haben sie ihn im November gewählt. Einzelne Direktiven stechen hervor: So schreibt Trump beispielsweise die Geschichte des gewaltsamen Sturms aufs Kapitol am 6. Januar 2021 neu, indem er fast alle in dem Zusammenhang Verurteilten begnadigt oder deren Strafen abmildert.

Zudem lässt sich schon jetzt sagen: “Woke” hat im Weißen Haus unter Trump Hausverbot. Indem der Republikaner es zur Regierungslinie erklärt, dass es nur zwei Geschlechter gibt, männlich und weiblich, geht er der ausufernden Genderpolitik der Demokraten, die nie der Wille der US-Bürger war, an die Gurgel. Die Folgen werden weitreichend sein und dürften sich unter anderem bei Sportveranstaltungen, in Bildungseinrichtungen und im Militär bemerkbar machen. Auch wenn der Wandel grundsätzlich zu begrüßen ist: Es muss sich noch zeigen, ob solch eine staatliche 180-Grad-Wende in der Praxis auch funktioniert.

Keine Dekrete zum Lebensschutz

Aufschlussreich auch, wo der 78-Jährige hinter seinen Ankündigungen zurückblieb – oder gar Leerstellen ließ: Dass er Kanada und Mexiko mit Zöllen belegt, die EU und China jedoch vorerst verschonte, zeigt, dass auch Trump in der Lage ist, nüchtern ökonomische Fakten zu berücksichtigen, ehe er mit der ganz großen Keule auf Verbündete und Handelspartner einschlägt. Vielleicht lässt sich ja so noch ein besserer Deal für die USA aushandeln – Trump ist eben ein Geschäfts-, kein Staatsmann.

Dekrete zur Stärkung des Lebensschutzes vermisst man dagegen bislang. Sie können zwar in den nächsten Tagen noch folgen, allerdings macht Trump wie schon im Wahlkampf deutlich, dass das Thema für ihn keine Priorität mehr hat. Im Gegenteil: Per Präsidialerlass verfügte er, die Todesstrafe als “essenzielles Mittel der Abschreckung und Bestrafung” wieder verstärkt zu verhängen und auch konsequent anzuwenden.

Die Migrationskrise hat oberste Priorität

Oberste Priorität räumte Trump dem Thema Einwanderung ein. Zur Lösung der Migrationskrise kündigte er gleich eine ganze Reihe an Maßnahmen an: Unter anderem verhängte er einen Notstand an der Südgrenze, wo nun auch das Militär eingesetzt werden darf. Auch hier wird eine breite Mehrheit der Bürger hinter Trump stehen. Trotz aller polemischen Rhetorik Trump ist nicht von der Hand zu weißen, dass die Migrationszahlen und die damit verbundenen Probleme für die aufnehmenden Städte und Gemeinden aus dem Ruder gelaufen sind. Es schadet dennoch nicht, dass Trump von Seiten der katholischen US-Bischöfe immer wieder auch mahnende Worte zu hören bekommen wird, wie jüngst etwa vom Washingtoner Kardinal Robert McElroy oder von Chicagos Kardinal Blaise Cupich. Massenabschiebungen und Razzien seien ein Affront gegen die Menschenwürde, so Cupich.

Die Hand auf der Bibel beim Schwur zur Vereidigung vergessen? Geschenkt. Ein Mindestmaß an Humanität ist es, was Trump in den nächsten vier Jahren nicht vergessen darf. Daran sollten ihn auch Katholiken messen.

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