Klosterreisen – Reisen in die Beständigkeit

Fasziniert von der Abgeschiedenheit und spiritueller Kraft des Klosterlebens entwickelt eine Autorin ein ungewöhnliches Reiseangebot abseits des schnelllebigen Sightseeing-Tourismus

Quelle
Klosterwelten erleben. Reisen mit Genuss
Klöster
Insel Reichenau
Kloster – Kloster Hegne

17.12.2024

Esther von Krosigk

Am Anfang war ein Buch. Unter dem Titel “Starke Schwestern: Klosterreisen – Inspirationen für ein anderes Leben2 erschien es kurz nach Ende der Corona-Zeit, geschrieben hat es die Münchner Journalistin Felicitas von Aretin. Auf die Idee, Ordensfrauen verschiedener Konfessionen in einem Buch zu porträtieren, war sie während des globalen Stillstands gekommen – zu Hause auf dem Sofa sitzend dachte sie über Ordensgeistliche nach, die nicht nur in der Pandemie, sondern freiwillig ihr gesamtes Leben an immer demselben Ort verbringen.

Das Thema lag ihr anfangs gar nicht so sehr am Herzen. Felicitas von Aretin hatte während ihrer Schulzeit wenig gute Erfahrungen mit Ordensfrauen gemacht, doch nun interessierte sie die Frage: Was für Menschen verbergen sich heutzutage hinter einem solch unzeitgemäß erscheinenden Konzept der ständigen Ortsgebundenheit, verknüpft mit tiefer Spiritualität und der Bereitschaft, arm, keusch und gehorsam zu leben?

Die Autorin reiste für ihr Buchprojekt kreuz und quer durch Deutschland und Österreich. Den Fokus legte sie bei den katholischen Konventen auf jene, die sich Problemen wie Überalterung und Kirchenkrise aktiv stellen und die ihre Konvente durch clevere Wirtschaftlichkeit wandeln, wobei sie gleichzeitig christliche Werte auf neue Weise vermitteln. Mutige und starke Schwestern fand sie auch in buddhistischen, evangelischen und orthodoxen Frauenklöstern, die sie ebenfalls in ihrem Buch vorstellt.

Auf den Spuren von Buddhisten und Zisterziensern

“Dann fragte mich eine Freundin: ‘Warum entwickelst du selbst keine Reisen daraus?'” erzählt von Aretin. “Und da ich auch im Veranstaltungsmanagement gearbeitet habe, gefiel mir der Vorschlag. Mit der Zeit wollten immer mehr Leute mit mir mitfahren, und schließlich hat sich die Sache professionalisiert.” Einzelne Reisen von “Klosterwelten erleben – Reisen mit Genuss” – so lautet inzwischen der Name – starteten 2022, jetzt steht für 2025 ein ganzes Jahres-Programm. Jeden Monat wird eine andere Region mit spirituellen Touren erkundet, mal geht es ins Rheingau, mal zur oberschwäbischen Barockstraße, im Juni und August dann zu den evangelischen Damenstiften in Niedersachsen. In Berlin kann man den Theravada-Buddhismus kennenlernen, eine deutsche Meisterin des Chan-Buddhismus hat in der deutschen Hauptstadt ein Zentrum eröffnet. Nicht zu vergessen Österreich: Dort wird sich eine Reisegruppe auf die Spuren österreichischer Zisterzienser machen; das 1133 gegründete Kloster Heiligenkreuz ist das erste Ziel.

Das Rahmenprogramm der meist viertägigen Reisen ist mit hochwertigen Kunstführungen, Weinproben, Waldwanderungen, aber auch mit Weiterbildungen (zum Beispiel “Franziskanisch werteorientiert führen”) oder Resilienz-Seminaren so abwechslungsreich wie anspruchsvoll. Wem Relaxen wichtig ist, der kann mancherorts die vielfältigen spirituellen Eindrücke durch Golfen oder Wellness abrunden. Der Genuss darf auch an geistlichen Orten nicht zu kurz kommen: “Wir wollen keine klösterliche Auszeit anbieten, sondern die Teilnehmer an die Klosterkultur heranführen, indem wir Impulse geben für eine spirituelle Lebensweise, etwa durch Gespräche mit den Ordensfrauen oder durch Rundgänge durch die Abteien und Kirchen. Es ist uns wichtig, jeden Teilnehmer selbst entscheiden zu lassen, die gewonnenen Eindrücke zu vertiefen und vielleicht noch ein oder zwei Tage länger zu bleiben, um das Klosterleben intensiv auf sich wirken zu lassen”, so Felicitas von Aretin.

Da die Nachfrage nach den Reisen stetig steigt, hat sie sich mit Monika Vogt eine Partnerin an die Seite geholt. Zu zweit organisieren und gestalten sie nun die Reisen, die sie irgendwann bis nach Italien ausweiten wollen.

Insel Reichenau als Highlight

Rund um den Bodensee erstrahlt die liebliche Landschaft in herbstlichen Tönen – die letzte Reise von “Klosterwelten erleben” in diesem Jahr führt auf die Insel Reichenau und nach Konstanz zur großen Landesausstellung “Welterbe des Mittelalters – 1.300 Jahre Insel Reichenau”. Mit dabei sind unter anderem ein Berliner Notar, ein ehemaliger Bundesrichter und eine sehr bekannte Kinderbuchautorin, die Gruppengröße ist überschaubar gehalten, sie besteht aus höchstens 18 Personen. Wer aus Altersgründen zögert, allein mitzufahren, braucht sich nicht zu sorgen – unter den Mitreisenden wird sich schnell Anschluss finden, die Atmosphäre ist sehr familiär. Die beiden Organisatorinnen umsorgen auch jene, die nicht mehr ganz so fit sind. Zum Service gehört das Abholen am Bahnhof und das Geleit zum Hotel. “Vor allem durch die persönliche Betreuung habe ich mich bei dieser Reise sehr wohlgefühlt”, äußert der pensionierte Pfarrer Norbert Stähler aus Dornburg. Er schwärmt von der Exkursion nach Reichenau, die jedes Mal zu den Highlights der Klosterwelten-Reisen gehört.

Auch 2025 wird es wieder Fahrten Richtung Bodensee geben, dann steht das “Konstanzer Konzil” im Mittelpunkt. Ein Abstecher gilt dabei dem Reformkloster Hegne, das weitläufige Gebäude mit Seeblick war einst die Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Konstanz. Seit Ende des 19. Jahrhunderts lebt hier die Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz, die in der Tradition des heiligen Franz von Assisi steht. Seit einigen Jahren durchläuft das Kloster einen aufwendigen Transformationsprozess, damit es trotz fehlendem Nachwuchs künftig weiter bestehen kann. Im Zuge des Wandlungsprozesses wurden nicht nur Baumaßnahmen durchgeführt – unter anderem entstanden ein Demenzzentrum, ein Hotel und ein Bildungszentrum –, sondern die Betriebe wurden in eine Stiftung überführt. “Wir haben gemerkt, dass es nicht damit getan ist, Gebäude zu sanieren, sondern dass wir uns sanieren müssen”, bringt es eine der Schwestern auf den Punkt. Über die vielen neuen Gäste freuen sich die Ordensschwestern. Benedicta-Maria Kramer sagt: “In unserer Lebensordnung heißt es: ‘Wir wollen nicht müde werden, neue Wege zu den Menschen zu suchen’, die Klosterwelten sind ein solch – uns ‘zugefallener’ – neuer Weg, um mit Menschen auch über ihre Sehnsucht nach Spiritualität und Sinn ins Gespräch zu kommen.”

Für Felicitas von Aretin und Monika Vogt ist das Reisen nach Kloster Hegne ein bisschen wie nach Hause kommen, so sehr fühlen sie sich inzwischen der dortigen Gemeinschaft verbunden. Die Leidenschaft fürs Klosterleben wissen sie an ihre Gäste weiterzugeben: Vor kurzem äußerte eine Reiseteilnehmerin, dass sie sich vorstellen könne, in ein Kloster einzutreten. So kann aus einem Kurztrip eine Reise in ein völlig neues Leben werden.

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