Die Kunst Roms, “Themen” zu setzen
Zeitenwende in Rom: Von der Baustelle des synodalen Weltprozesses zu den realen Baustellen des Heiligen Jahrs
28.11.2024
Rom zwischen zwei Kirchenjahren. Die Stadt und ihre Bürger plagen sich mit unzähligen Baustellen, die das “giubileo”, das kommende “Jubiläum”, ankündigen, und eine andere Baustelle wurde gerade geräumt: die des synodalen Weltprozesses, der 2021 begonnen hatte und im Oktober zu Ende ging.
Vom Jahr 2024, das im Vatikan noch ganz im Zeichen der Bischofssynode zur Synodalität stand, geht es nun über die Schwelle des ersten Advents in das Heilige Jahr 2025, zu dem sich wieder Romreisende aus aller Welt aufmachen. Diesmal keine Synodenteilnehmer samt Tross und Beratern, sondern Heerscharen von Gläubigen, die an den Apostelgräbern beten und die Heilige Pforte durchschreiten wollen. Die Stadt Rom rechnet mit 45 Millionen Besuchern.
Das wahre Interesse an Rom
Auch wenn Papst Franziskus das Abschlussdokument der Synode jetzt zum Teil seines ordentlichen Lehramts gemacht hat und der Text nun definitiv zitierfähig für weitere lehramtliche Dokumente wird, sind die Erfahrungen, die in den Ortskirchen beim synodalen Weltprozess gesammelt wurden, über den Glaubensalltag der Menschen hinweggeflossen wie Wasser über felsigen Grund.
Beim Heiligen Jahr ist das anders. Rom ist immer noch ein “Thema”. Nicht im abstrakten Sinn. Sondern in der handfesten Bedeutung des Wortes: Das, was der Eintritt Gottes in die Menschheitsgeschichte vor 2 000 Jahren – also ein Ereignis – an Spuren in der Geschichte hinterlassen hat, die sich in Rom in besonderer Weise verdichten, interessiert die Gläubigen auch in unserer Zeit:
die Spoglien der Urkirche, die dort immer noch vorhanden sind, angefangen mit den Apostelgräbern, die Stätten des frühen Lebens der christlichen Gemeinden, zu denen auch die Orte ihres Martyriums gehören, die Entwicklungen der “curia” rund um die Nachfolger Petri, die gewaltigen Zeugnisse der Kunst und Architektur, in denen der Glaube an Jesus Christus seinen Ausdruck gefunden hat, und nicht zuletzt der Vatikan mit seinen oft auch sehr menschlichen Seiten.
Die Ausfaltungen dieser Geschichte berühren noch immer
Alles das sind “Themen”, die Menschen anziehen. Reisebüros, Hotels und Gastronomie mögen im Heiligen Jahr ordentlich daran verdienen, die aufgerissenen Straßen und versperrten Plätze können einem derzeit auf die Nerven gehen und man könnte das Ganze einen großen “Rummel” nennen.
Aber das Fleisch gewordene Wort Gottes ist eben nicht in das Reich der Ideen eingetreten, sondern in die Geschichte der Menschheit. Und so berühren die Ausfaltungen dieser Geschichte auch nach 2 000 Jahren das Leben von Menschen, die sich aufmachen, um an den Ort zu gehen, an dem die katholische Kirche ihr historisch gewachsenes Zentrum hat.
Gut und weniger gut angelegte Millionen
Die Millionen und Abermillionen, die das Heilige Jahr kosten wird, dienen somit einem “Thema”, das die Menschen interessiert und ihr Leben berührt. Die Millionen und Abermillionen – und niemand vermag sie zu zählen –, die der synodale Weltprozess gekostet hat, wurden hingegen in den Sand gesetzt.
Die Frau in der Kirche war sicherlich ein “Thema2, das viele interessierte. Aber als der Papst merkte, dass der Druck – nicht zuletzt von außen – in Richtung Weihe und Frauenpriestertum ging, hat er dieses “Thema” aus dem Prozess herausgenommen.
Übrig geblieben ist der von einer Versammlung verabschiedete Schlusstext, der zwar Teil des ordentlichen Lehramts der Päpste sein mag, aber mit seinen “Man möge”- und “Es sollte”-Formulierungen genau das nicht gibt, was die Kirche heute – wie immer – geben sollte: Wegweisung, Orientierung und eine Bestärkung im Glauben. Das Heilige Jahr hingegen verweist auf das Fundament, auf dem die Kirche steht. Da mag viel Tourismus im Spiel sein. Aber immerhin dreht es sich um die Wurzel des christlichen Ereignisses.
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