Sonntagslesung – Das Pfingstfest der Urkirche

Der Heilige Geist prägt die gemeinsame Geschichte Gottes mit den Menschen und vertreibt die Geister, schreibt Martin Grichting

Quelle
Der Weinstock ist ein Bild für die Kirche | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Martin Grichting
Pfingsten

18.05.2024

Martin Grichting

Die erste Lesung und das Evangelium des Pfingstfestes erinnern an das “Gestern”, an das damals Geschehene. Die Lesung aus der Apostelgeschichte ruft uns ins Gedächtnis, was am historischen Pfingstfest geschehen ist. Der Heilige Geist kommt über die Urkirche und lässt sie in allen Sprachen sprechen. Das Evangelium erzählt, wie die Apostel von unserem Herrn Jesus Christus schon vor dem Pfingstfest seinen Geist eingehaucht bekommen haben.

Deshalb sind sie die Träger des Bindens und Lösens. Die zweite Lesung aus dem Korintherbrief ist demgegenüber eine Brücke ins Heute. Denn Paulus gibt eine Zustandsbeschreibung der Kirche aller Zeiten: Es gibt verschiedene Gnadengaben, Dienste und Kräfte, aber nur den einen Geist. Er durchwirkt und belebt den Leib Christi, die Kirche.

Die Kraft des Geistes

Es ist dann in der Liturgie des Pfingstfestes die Aufgabe der “Amtsgebete”, des Tages-, Gaben- und Schlussgebets, die Verknüpfung zum Heute herzustellen: Im Tagesgebet bittet die Kirche Gott darum, er möge durch die Gaben des Heiligen Geistes auch heute wirken, was seine Liebe am Anfang der Kirche gewirkt hat. Im Gabengebet wird Gott darum gebeten, er möge die Kirche immer tiefer in die Fülle der Wahrheit einführen. Im Schlussgebet wird diese Bitte auf die Zukunft hin geöffnet. Ja, es wird die ewige Zukunft in den Blick genommen. Denn es geht an Gott die Bitte, die Kraft des Heiligen Geistes möge fortwirken “bis zur Vollendung”.

Die Lesungen und die liturgischen Texte des Pfingstfestes sprechen zu uns somit von der Geschichte Gottes mit den Menschen. Diese geschieht nicht aus blinder Notwendigkeit. Sie ist nicht dem Zufall überlassen und sie endet weder in einer Apokalypse noch in der schieren Sinnlosigkeit. Sondern sie ist begleitet von Gott durch das Wirken und die Gegenwart seines Heiligen Geistes. Der Mensch, der sich dem nicht zu öffnen vermag, kann nur seine “Geworfenheit” bedenken, wie sie der Philosoph Martin Heidegger beschrieben hat: ungefragt in die Welt hineingesetzt worden zu sein, ohne je deren Sinn begreifen zu können.

Der große Exorzismus

Und der Mensch erfährt gegenwärtig wieder einmal, wie man an verschiedenen Signaturen der Gegenwart ablesen kann, was Franz Werfel treffend ins Wort gebracht hat: “Der große, historische Exorzismus, der sich Christentum nennt, scheint von Tag zu Tag weiter zurückzuweichen, und die Dämonen sprengen mit schrillem Stimmengewirr die Fesseln”. Ja, es ist der Geist Gottes, der die bösen Geister vertreibt, gestern, heute und morgen. Aber Gott will dies nicht ohne uns Christen tun: Es ist unsere Sendung, vom Wirken des Heiligen Geist in der Geschichte Zeugnis zu geben, “bis zur Vollendung”.

Text unter der Lupe

Apg 2,1-11
1 Kor 12,3b-7.12-13
Joh 20,19-23

Zu den Lesungen des Pfingstfestes 2024 (Lesejahr B).

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