Nahostkonflikt: “Mitten im Dritten Weltkrieg”

Israels neuer Außenminister formuliert dramatisch: “Mitten in einem Dritten Weltkrieg” befinde sich sein Land, gegen den Iran und den radikalen Islam

Quelle
Israel setzt auf die Stärke der Demokratie

3.01.2024

Stephan Baier

Israels neuer Außenminister formuliert dramatisch: “Mitten in einem Dritten Weltkrieg” befinde sich sein Land, gegen den Iran und den radikalen Islam. “An die dunkelsten Perioden in der Geschichte der Menschheit” erinnere dieser Feind, so Israel Katz bei der Amtsübernahme am Dienstag. Sein Land aber halte an dem Ziel fest, “die Hamas zu stürzen”.

Nachdem Israels Geheimdienste die Möglichkeiten der Hamas vor dem 7. Oktober fahrlässig unterschätzten und die Regierung Netanjahu Terrorwarnungen offenbar ignorierte, ist dem neuen Außenminister klar, warum der Krieg gegen die Hamas langwierig und gefährlich ist: Der Iran habe eine “Achse des Widerstands gegen Israel” gebaut; dies sei “der Dritte Weltkrieg mit den heutigen Möglichkeiten”, und da stehe Israel “an vorderster Front”.

Die Herausforderung besteht für Israel nicht allein darin, den dichtbesiedelten Gazastreifen unter Kontrolle zu bringen und die militärischen Kapazitäten der Hamas zu zerstören. Das Land befindet sich in einem Mehrfronten-Krieg, weil der strategische Kopf hinter dem Terror vom 7. Oktober nicht in Gaza sitzt, sondern im Iran. Von dort kommen auch die Befehle an die schiitische Hisbollah, die vom Libanon wie von Syrien aus operiert, und wohl auch an die jemenitischen Huthis, die das Rote Meer unsicher machen. Seit Wochen gibt es wechselseitigen Raketenbeschuss zwischen Israel und dem Libanon, wie auch mit Syrien. In diesem kriegsgeschwächten, nun ganz von Moskau und Teheran abhängigen Land, greift Israel mit gezielten Militärschlägen ein: mit der Zerstörung relevanter Infrastruktur und mutmaßlich auch mit der Tötung iranischer Kommandanten. Ebenso im fragilen Libanon.

Baldiges Kriegsende ist Illusion

Vor der Illusion, der Krieg könne bald enden, warnte am Sonntag Israels Armeesprecher Daniel Hagari. Man bereite sich auf einen “längeren Kampf” vor und wisse, “dass wir während dieses ganzen Jahres weitere Aufgaben erfüllen und weiterkämpfen müssen”. Doch je mehr Opfer das Vorgehen Israels im Gazastreifen kostet (nach Hamas-Angaben bereits mehr als 22.000 Menschenleben), je mehr Bilder des Grauens (echte wie gefälschte) weltweit in Medien kursieren, desto mehr wendet sich die Stimmung gegen Israel. Nicht allein in der Region: Selbst der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sieht Anzeichen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg – immerhin auf beiden Seiten. So ausgewogen urteilt die Mehrheit in der UN-Vollversammlung nicht. Türk spricht von “unverhältnismäßigen, sehr schweren Bombardierungen” und davon, dass “eine kollektive Bestrafung der Palästinenser ein Kriegsverbrechen” wäre. Südafrika bezichtigt Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sogar des Völkermords.

Die Frage, ob die Ermordung von 1.200 Israelis den Tod Zehntausender palästinensischer Zivilisten und eine Hungerkatastrophe rechtfertigt, wird auch jenseits des arabischen Raums immer anklagender gestellt. Nicht immer so aggressiv-polemisch wie seitens des türkischen Präsidenten Erdoğan, der Netanjahu mit Adolf Hitler verglich, aber zunehmend mit Wut gegen Israel und sein Agieren. Vor allem jene arabischen Nachbarn, die mit Israel in Frieden leben, geraten nun unter Druck: das tolerante Königreich Jordanien und Ägypten, das nichts mehr fürchtet als eine Massenflucht aus Gaza in den Sinai.

Was wächst auf dem Boden der Zerstörung?

Noch eine Frage drängt sich auf: Was wächst auf dem Boden der Zerstörung? Jeder Getötete im Gazastreifen hat Eltern, Geschwister oder Kinder, deren Ohnmacht und Trauer von den Islamisten in Hass gewandelt werden. Ein Hass, den die Hamas zur Rekrutierung neuer Kämpfer braucht. Je mehr das Leid wächst, desto schwieriger wird eine Zukunftsvision für Gaza: Wer soll dieses Trümmerfeld nach dem Krieg regieren oder zumindest verwalten, ohne dass es erneut zur Brutstätte des Terrors wird? Eine Massenvertreibung der Palästinenser, wie zwei israelische Minister sie fordern, wies selbst der große Bruder USA scharf zurück.

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