Raus aus der Defensive

Mit der “Initiative Christliche Familie” kommt eine erfolgreiche österreichische Familienorganisation nach Deutschland

Quelle
Initiative Christliche Familie
Liebe wächst in der Freiheit

Herr und Frau Herold, wenn eine deutsche Familie nach Österreich fahren muss, um katholische Familienarbeit zu erleben, läuft dann nicht in Deutschland etwas schief?

Sagen wir einmal so: Die Initiative Christliche Familie (ICF) in Österreich macht visionäre Arbeit. Ihr Ziel ist es, Familien zu stärken, zu unterstützen, zu begleiten und fortzubilden, damit sie Licht in der Welt sind. Genau deshalb haben wir sie vor zwei Jahren nach Deutschland gebracht.

Wolfgang hat zuvor den Studiengang “Theologie des Leibes” an der Theologisch-Philosophischen Hochschule in Heiligenkreuz belegt, der von der ICF koordiniert wird. Als Familie nahmen wir früher regelmäßig den weiten Weg zu den Familiennachmittagen der ICF nach Mödling bei Wien und zum Jungfamilientreffen nach Pöllau auf uns.

Was genau hat Sie damals so begeistert, dass Sie die ICF nach Deutschland gebracht haben?

Uns faszinierte, dass die Familienarbeit so umfassend ist und alle Familienmitglieder einbezieht. Als wir damals nach Mödling fuhren, waren die Kinder begeistert, dort gleichgesinnte Freunde zu treffen. So ist es auch jetzt: Die Kinder freuen sich im Voraus immer auf das Miteinander der Familiennachmittage. Dort entstehen jetzt schon Freundschaften, die ihnen helfen, gestärkt in den Alltag hineinzugehen und hoffentlich auch langfristig tragfähig sind. Wenn Kinder sehen, dass sie nicht die einzigen sind, die beten und in die Kirche gehen, dann stabilisiert sie das innerlich ungemein. Das heute oft Exotische des Christseins darf man dort als Normalität erleben.

Wie schaffen Sie es, auch Teenager bei der Stange zu halten?

Wir geben ihnen Verantwortung, das Bewusstsein, dass sie gebraucht werden und die Gemeinschaft mit anderen Jugendlichen. Etwa ab 14 dürfen die älteren Geschwisterkinder als Helfer fungieren und zum Beispiel das Kinderprogramm mitgestalten. Wir schauen, wo sie ihre Begabungen und Interessen haben, um ihnen geeignete Aufgaben zu geben. Dadurch spüren sie: Wir dürfen Verantwortung übernehmen. Das ist für Jugendliche sehr wichtig. Außerdem bekommen sie im Vergleich zu den Kindern auch besondere Programmpunkte, um unter Jugendlichen sein zu können.

Welche Angebote halten Sie für Familien in Deutschland bereit?

Zunächst: Wir arbeiten eng mit der ICF Österreich zusammen und bewerben deren Angebote, wie den schon genannten Studiengang oder auch die Akademie für Ehe und Familie in Salzburg oder auch den Ehevorbereitungskurs Fit für Ehe, der in Deutschland bereits angeboten wird. Unsere Stärke ist, dass wir über die Ländergrenzen hinweg ganz eng zusammenarbeiten.

Unser Tätigkeitsschwerpunkt als Ehepaar liegt derzeit im Aufbau der zur ICF gehörigen Angebote der Gemeinschaft Immaculata. Die Fazenda de Esperanza bei Kaufbeuren beherbergt unsere regelmäßigen Familiennachmittage. Vor einigen Wochen fand das erste Ehefrauenwochenende in der Abtei Oberschönenfeld bei Augsburg statt, wir hoffen, dass bald auch ein entsprechendes Angebot für Ehemänner steht. Außerdem findet auch dieses Jahr wieder bei Berlin ein Jungfamilientreffen nach dem Vorbild des großen Pöllauer Jungfamilientreffens statt. So viele Leute wie dort können wir allerdings noch nicht aufnehmen, dazu fehlen uns im Moment noch die Kapazitäten. In Zukunft wollen wir auch in Deutschland die eigenen Angebote für Kinder und Jugendliche weiter ausbauen.

Welche gibt es da denn schon?

Seit zwei Jahren machen wir zum Beispiel regelmäßig eine Allerheiligenparty. Letztes Jahr war sie mit 30 Kindern und Jugendlichen schon relativ groß. Das ist für viele Familien ein dankbares Angebot, wenn man nicht Halloween feiern möchte. Die Kinder bekommen im Voraus den Auftrag, sich einen Heiligen auszusuchen und sich mit ihm zu beschäftigen, um sich dann entsprechend verkleiden zu können. Die Party beginnt dann mit einer großen Raterunde, während der jedes Kind seinen Heiligen und dessen Leben vorstellt. Außerdem gibt es Spiele, himmlische Naschereien, eine Nachtwanderung und gemeinsames Gebet. Kurz gesagt: Wir verbinden Spaß und Spiel mit tiefen Glaubenselementen.

Wie unterstützt die ICF Familien im Alltag in einem nicht-christlichen Umfeld?

Unsere Angebote sollen Familien helfen, ihre Identität als christliche Familie zu finden. Wenn ich weiß, wer ich bin, kann ich aus diesem Selbstverständnis heraus überall sein. Die missionarische Aktivität auch den eigenen Kindern gegenüber ergibt sich automatisch aus diesem Selbstverständnis, zu dem Ehepaare finden. Ein Beispiel: Beim Jungfamilientreffen gibt es immer einen “Tag der Versöhnung”, zu dem auch eine Eheerneuerung gehört. Uns erreichen immer wieder Rückmeldungen, wie sehr die Eheerneuerung dabei hilft, auch in Krisen wieder darauf zu vertrauen, dass der Partner einen selbst so annimmt, wie man ist.

Außerdem ist es uns wichtig, Familien auch konkrete Anregungen zu geben. Wenn man in der Gemeinschaft etwas erlebt, traut man sich vielleicht auch, das zuhause einzuführen. Zum Beispiel machen wir auf den Familiennachmittagen immer einen kurzen Gebetsmoment vor dem Abendessen, mit einem ganz kleinen, aber festen liturgischen Ablauf, zu dem auch gehört, dass die Kinder Kerzen anzünden. Wir wissen von mehreren Familien, die das mittlerweile bei sich zuhause eingeführt haben.

Wie können christliche Familien in der säkularen Welt Zeugnis geben?

Wenn Christen wissen, wer sie selbst sind und aus der Gottesbegegnung heraus Ehe und Familie leben, dann hat das Rückwirkungen auf Kirche und Gesellschaft. Wenn Kinder in der Familie einen Ort vorfinden, in dem sie ihre Identität und Berufung finden können, dann baut sich auch Kirche und Gesellschaft wieder auf. Wenn wir zum Beispiel in der Familie lernen, zu verzeihen und uns zu versöhnen, dann wird das auch in Beruf und Schule ausstrahlen. Wir Christen sind nicht dafür da, in die Defensive zu gehen. Wir dürfen und sollen aus unserem Selbstverständnis heraus Kultur bringen. Das ist unser missionarischer Auftrag in Kirche und Gesellschaft.

Haben Sie ein Beispiel?

Wenn wir als Familie und Ehepaar unsere Entscheidungen im Alltag immer wieder von Gott her treffen, dann laufen wir manchmal nicht konform mit der Welt. Dann tun wir Dinge, die die anderen vielleicht anders machen, zum Beispiel unsere Kleinkinder länger zuhause betreuen. Das kann schwer sein und da braucht es das Miteinander mit Gleichgesinnten, um sich gegenseitig zu ermutigen. Wenn wir den Mut finden, auch im Alltag zu unseren Überzeugungen zu stehen, dann kann man aber auch Überraschungen erleben. Zum Beispiel traut sich dann vielleicht plötzlich auch eine andere Mutter, zu sagen, dass ihr das Halloween-Fest nicht so gefällt und sie eigentlich auch nicht will, dass ihre Kinder dort mitmachen.

Was brauchen christliche Familien heute von der Kirche, um ihre Berufung wirklich leben zu können?

Ein tieferes Bewusstsein dafür, was die Ehe wirklich ausmacht. Sie ist Berufung und Sakrament. Ein erneuertes Bewusstsein dafür, dass es im Plan Gottes liegt, dass Mann und Frau gemeinsam die vollkommene Liebe Gottes abbilden und ihre Gemeinschaft eine enorme Kraft für die Kirche darstellt. Übrigens lebt bei uns die Mehrheit ja genau in einer solchen Beziehung, nicht nur in der Kirche. Wenn die Kirche wieder stärker in den Blick nimmt, wie diese Mehrheit leben möchte, dann steigt vielleicht auch wieder die Motivation für die Familienpastoral. Das fängt bei guter Ehevorbereitung an und geht hin zu Angeboten in allen Bereichen, die die Familie betreffen, auch die Erziehung.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Es besteht ein großer Bedarf zum Ausbau unserer Angebote. Wir können aktuell nicht alle Familien aufnehmen, die gerne teilnehmen würden. Wir versuchen aber, das Wachstum der ICF Deutschland auf eine solide Basis zu stellen, was vor allem bedeutet, dass das Kinderprogramm während unserer Veranstaltungen gesichert ist. Uns ist es wichtig, dass die Kinder während des Erwachsenenprogramms nicht einfach nur betreut werden. Daher brauchen wir dringend mehr ehrenamtliche Helfer und natürlich auch finanzielle Unterstützung, weil wir in Deutschland zu 100 Prozent spendenfinanziert arbeiten.

Themen & Autoren

Franziska Harter
Familienmitglieder
Initiative Christliche Familie
Kirche und Gesellschaft

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