Der “Fels” und der “Geringe”
Aus Simon und Saul werden Peter und Paul: Heute feiert die Kirche das große Fest der beiden Apostel Petrus und Paulus
Quelle
Lieber dienen als herrschen
Warum die Heiligen Petrus und Paulus am gleichen Tag gefeiert werden (catholicnewsagency.com)
29.06.2023
Wann genau Petrus und Paulus wirklich gestorben sind, und wo sich ihre Überreste heute befinden, kann niemand genau sagen. Aber es war an einem 29. Juni, ungefähr zweihundert Jahre nach ihrem Märtyrertod, dass ihre Gebeine umgebettet wurden, um sie in Sicherheit zu bringen. Jedenfalls war die Begeisterung für die Apostel Petrus und Paulus so groß, dass man sie seither gemeinsam als “Apostelfürsten” und Lehrer der Kirche feiert.
Und das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Denn zum einen hatten sich die beiden gar nicht so gut verstanden, wie wir aus ihren eigenen Briefen und aus der Apostelgeschichte wissen, denn sie waren sehr verschieden. Zum anderen merkt man schon an ihren Namen, dass ihr Lebensweg sehr unterschiedlich und alles andere als gerade verlief, auch wenn beide ungefähr zur selben Zeit für ihren Glauben hingerichtet wurden.
Ein Fischer
Petrus war ein einfacher Fischer am See Genezareth und hieß damals Simon; sein Bruder Andreas hatte ihn auf Jesus aufmerksam gemacht, den er für den Messias hielt. Simon war skeptisch. Was sollte ein einfacher Handwerker aus Nazareth für das geplagte Volk der Juden und für ihn, einen armen Fischer, schon tun können? Aber tatsächlich änderte sich sein Leben, als er Jesus begegnete, der ihm wie durch ein Wunder zu einem unerwartet reichen Fischfang verhalf. Jesus sagte damals: “Ich habe viel Größeres mit dir vor: Ich werde dich für Gottes Herrschaft zum Menschenfischer machen. Komm und folge mir nach!“ Und als Simon ihn als den Christus, den “Gesalbten” des Herrn (hebräisch: Messias) bekannte, da gab ihm Jesus den Namen Petrus: “der Fels” (hebräisch: Kephas); denn er sagte: “Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.”
Du kannst dir sicher vorstellen, dass Simon Petrus mächtig stolz darauf war, dass der Messias auf ihn baute, und dass er für ihn eine führende Rolle in seinem Reich vorsah. Allerdings hat Petrus damals noch kaum verstanden, wie Jesus dieses Reich aufbauen wollte. Als er nämlich von Kreuz und Leiden sprach, fiel ihm Petrus ins Wort und sagte: “Das darf niemals geschehen”. Da herrschte Jesus ihn an: “Hinter mich, Satan! Denn du hast nicht im Sinne, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.” Jesus hatte es also gar nicht so leicht mit seinem Stellvertreter; und das ist auch heute noch so, wenn Christen zwar Verantwortung und gute Absichten haben, es ihnen aber an Demut und Gehorsam fehlt, – mögen sie nun Päpste, Bischöfe, Priester oder einfache Gläubige sein. Zweifellos war Petrus von Jesus begeistert, aber er musste erst lernen, auf seinen Meister zu hören.
Ein Pharisäer
Da war Paulus aus ganz anderem Holz. Er nannte sich damals noch Saul und war zunächst kein Jünger Jesu – im Gegenteil: Er war ein radikaler Pharisäer, der die Anhänger Jesu verachtete. Der Tod Jesu am Kreuz war für ihn der Beweis, dass die Jünger einem falschen Messias gefolgt waren. Als aber immer mehr Menschen im Namen Jesu auftraten und behaupteten, ihr Meister sei auferstanden, ließ er sich vom Hohenpriester die Vollmacht erteilen, diese Leute zu verfolgen und zu verhören. Ja, er hatte sogar die Steinigung des Diakons Stephanus zu verantworten, der als erster Märtyrer sein Leben für Jesus gab. Unermüdlich eiferte Saulus gegen die Jünger, bis ihm eines Tages das Folgende passierte:
Er war gerade auf dem Weg nach Damaskus, um dort Christen gefangen zu nehmen und vor Gericht zu bringen. Da wurde er plötzlich von einem gleißenden Licht geblendet, so dass ihm das Sehen verging. Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme: “Saulus, warum verfolgst du mich?” Paulus fragte zurück: “Wer bist du, Herr?” Die Stimme antwortete: “Ich bin Jesus, den du verfolgst.” Da wusste Paulus mit einem Mal, dass er sich getäuscht hatte. Dieser Jesus war also doch lebendig! Er war tatsächlich auferstanden und hatte sich ihm gerade offenbart, seinem Verfolger. Furcht und Scham fuhren ihm in die Knochen, so dass er kaum auf die Beine kam. Seine Augen waren blind, doch in ihm war es auf einmal ganz hell.
Da zeigt sich die Gnade
Dieser Jesus hätte ihn zermalmen können, doch er zeigte sich im Licht der Gnade; und das erfüllte Paulus mit Ehrfurcht, Dankbarkeit und Liebe – aber auch mit tiefer Reue. Was für Unrecht er den Jesusleuten angetan hatte! Er hatte den Messias verachtet und seine Jünger verfolgt; doch der ließ ihn leben. Womit hatte er das verdient? Nun war er selber auf Hilfe angewiesen und musste sich in die Stadt führen lassen.
In Damaskus verbrachte er drei Tage in Dunkelheit ohne Essen und Trinken. Schließlich schickte Jesus einen frommen Mann namens Hananias zu ihm. Der legte ihm die Hände auf und sprach: “Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Weg erschienen ist. Du sollst wieder sehen und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.” Sofort stand Paulus auf, pries den Herrn und empfing die Taufe. Als er dann in die Synagoge ging und verkündete, dass Jesus der Gesalbte des Herrn sei, gerieten alle in große Verwirrung: Die einen konnten es gar nicht fassen, dass der Mann, der mit Drohungen und Mord gegen die Anhänger Jesu gewütet hatte, sich nun selber zu Christus bekennen sollte. Die anderen waren darüber so aufgebracht, dass sie ihn beim Hohen Rat anzeigten.
So wurde aus dem Verfolger ein Verfolgter, aus dem Saulus wurde Paulus, der “Geringe”. Und dieser Name kam ihm treffend vor, weil er wusste, dass er der letzte Apostel war, den Jesus berufen hat, seinen Namen der ganzen Welt bekannt zu machen. Ja, er sah sich als Missgeburt, “denn ich bin der Geringste von den Aposteln, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe”. Paulus war ganz durchdrungen von dem Gedanken, dass er alles allein Christus zu verdanken hatte: Ihm allein wollte er die Ehre geben, und dafür nahm er alle Strapazen und Entbehrungen auf sich. Paulus unternahm drei lange Reisen durch Kleinasien (die heutige Türkei) und bis nach Griechenland und Rom. Denn auch die Heidenvölker sollten den Sohn Gottes kennenlernen! Wo immer Paulus das Evangelium verkündete, entstanden neue Gemeinden.
Mission bei den Heiden
So entschlossen wie Saulus-Paulus war Simon Petrus nur selten aufgetreten. Aber auch in ihm loderte die Liebe zu Christus immer wieder auf. Doch dann erschrak er manchmal über seinen eigenen Mut. Einmal war er Jesus auf dem See entgegengegangen, doch dann bekam Petrus Zweifel und begann zu sinken. Und beim letzten Abendmahl hatte er versprochen: “Mein Leben würde ich für dich geben”; doch als Jesus wenige Stunden später gefangen genommen wurde, bekam er es mit der Angst zu tun und verleugnete ihn sogar dreimal. Nachdem Jesus auferstanden war, erschien er seinen Jüngern, als sie am See Genezareth wieder die Netze auswarfen. Petrus erkannte den Herrn und sprang sofort aus dem Boot, um ihm entgegen zu waten. Da fragte ihn Jesus dreimal: “Liebst du mich, Simon?” Da wurde Petrus traurig, denn er erinnerte sich an seine Feigheit. Natürlich hatte er Jesus lieb! Aber halt nicht mit der Stärke, die er verdiente. Doch Jesus trug ihm nichts nach, sondern erneuerte seine Berufung, die Kirche zu leiten.
Diesen Auftrag respektierte auch Paulus, als er sich nach seiner Bekehrung dem Petrus vorstellte und sich von ihm die Mission bei den Heiden bestätigen ließ. Allerdings kam es später auch zum Streit zwischen den beiden Aposteln, weil Petrus den Eindruck erweckte, dass man wie ein Jude leben müsse, um Christ zu sein. Paulus dagegen wollte, dass die Heiden, die zu Christus fanden, frei seien sollten von jüdischen Vorschriften. Und er hat sich durchgesetzt.
Die Wege der beiden Apostel führten schließlich die Hauptstadt der Welt – nach Rom. Petrus hat dort die Gemeinde gegründet und geleitet; auch seine Nachfolger galten als “Stellvertreter Christi” und werden bis heute Päpste genannt. Paulus hatte einen langen Brief an die Gemeinde in Rom geschrieben, bevor er selber kam, um seine Taten vor dem Kaiser zu verantworten. Beide Apostel wurden dort schließlich zum Tod verurteilt und dadurch mit Christus im Himmel vereint.
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