‘Ganz grosses Kino’ – “Lasst euch nicht irreführen”

Sonntagsimpuls aus Maria Vesperbild von Wilhelm Imkamp  “UPDATE”

Ganz grosses Kino

Eine Lieblingstätigkeit – Nicht nur politischer Prominenz — ist das „Enthüllen” von Denkmälern und Gedenktafeln! In der Vergnügungsindustrie lebt ein ganzer Berufszweig vom „Enthüllen”, vom Striptease! In der Presse aller Seriositätsgrade feiert der „Enthüllungsjournalismus” grosse Triumphe. Es wird immer mehr enthüllt „Enthüllen”, „Aufdecken” ist „mega-in”.

Ja gerade in Zeiten, in denen Gewissheiten und Ansprüche schmelzen wie die Polkappen angeblich aufgrund der Klimaerwärmung, in denen Terrorismus und Globalisierung, Gen- und Nanotechnik, Naturkatastrophen aller Art menschliche Urängste grauenhaft bedienen, wird heftig nach Erklärungen, ja Enthüllungen der letzten Ursachen verlangt.

Die Enthüllung der letzten Ursache: diese Enthüllung hat einen uralten griechischen Namen, der aber erst durch einen Hollywood-Film so richtig populär geworden ist: „Apokalypse”. Die „apokalyptischen Reiter” von Albrecht Dürer bilden geradezu ein possierliches Vergnügungsensemble im Vergleich zum Personal, das Francis Ford Coppola in seinem Film „Apocalypse Now” 1979 aufbietet. Tatsächlich macht das Grauenhafte wirkliche Fortschritte, wie die Völkermorde des 20. Jahrhunderts zeigen. Immer mehr Menschen leben unter dem Grauschleier des Grauens oder flüchten in physische oder psychische Drogen, die schnelle Erleuchtung und Erlösung versprechen. Da passen die Worte Jesu unseres Tagesevangeliums ganz genau. Er enthüllt, was kommt, und das ist wirklich nicht nur „Apocalypse Now”, das ist „Apocalypse Now Redux”, unter diesem Titel präsentierte Coppola seinen Film 22 Jahre später, 2001, „digital verfeinert” und um 53 Minuten verlängert, erneut in Cannes mit gigantischem Erfolg. Das Grauen wird länger und macht Fortschritte!

Jesus stellt sich diesem Grauen, er beschreibt es präzise und drastisch, aber er zeigt auch in knappen Sätzen, wie der Christ damit umzugehen hat: „Lasst euch nicht irreführen!” Flucht in Drogen und Kulte des Irrationalen sind keine (Er-) Lösung. Die Versuchung der Esoterik ist die treue Begleiterin allen Grauens durch die Jahrtausende hindurch. Das apokalyptische Grauen wird alle Bindungen und Sicherungen, auch die von Familie und Freundschaft, zerstören. Trotz dieser Aussichten darf sich der Christ nicht auf seine Verteidigung fixieren, „denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so dass all eure Gegner sich geschlagen geben müssen und nicht mehr widerstehen können” (Lk 21,15).

Jesus verspricht denjenigen, die sich nicht irreführen lassen, die nicht die Flucht antreten, seine persönliche Verteidigung, ja er steigert dieses Versprechen noch dadurch, dass er hinzufügt: „Doch wird euch kein Haar gekrümmt werden.” Dieses Versprechen des Herrn gilt allerdings nur für die, die durchhalten, die sich nicht irreführen lassen, die sich auch nicht auf ihre Verteidigung fixieren, die standhaft bleiben, diejenigen, die die Geduld nicht verlieren. Luther übersetzt den letzten Satz unseres Tagesevangeliums grossartig: „In eurer Geduld werdet ihr eure Seelen besitzen”.

Genau darum geht es, um den Besitz der Seele. Wir können sie verlieren in der Ungeduld esoterischer Scheinlösungen, in der starren Fixierung auf Verteidigung, die doch häufig nur ein bizzarer Dialog mit dem apokalyptischen Grauen ist: „Das Grauen hat ein Gesicht und man muss sich das Grauen zum Freund machen”, lässt Coppola den durchgeknallten Colonel Kurtz in seinem makaberen Dschungelreich, „dem Herz der Finsternis”, sagen. Diese Art von Dialog ist absurd und wird selbst zum apokalyptischen Zeichen des Grauens. „Lasst euch nicht irreführen”, bleibt die aktuelle Mahnung, der einzige Ausweg aus dem Grauen, das uns umgibt. Der einzige Ausweg aus der „Apocalypse Now” ist das Vertrauen in die alles besiegende Liebe des Gekreuzigten, der als Opfer der Gewalt alle Gewalt besiegt hat. So könnte man „The Passion” von Mel Gibson (2004) als die cineastische Antwort auf die „Apocalypse Now” von Francis F. Coppola sehen!

Jesus enthüllt heute die Zukunft, weil er selbst unsere Zukunft ist, und zwar garantiert.

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