“Gleicht euch nicht dieser Welt an”
“Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken!”
“Ich bin überzeugt davon, dass alles andere, was wir in Kirche und Gesellschaft bewirken wollen, ungleich viel mehr Kraft haben wird, wenn wir damit auf diese Art und Weise von innen heraus beginnen” – BeneDicta am Freitag von Linda Noé
Linz, kath.net/ln, September 2020
„Hah, wir waren so in unser gemeinsames Gebet vertieft, dass wir doch glatt die Autobahnausfahrt verpasst haben und dann wieder zurückfahren mussten. Und zurück in der Vorlesung sind mir zu den Stichworten immer wieder Stellen aus dem Evangelium eingefallen. Wer hätte das gedacht!“
Ich war von einem Bibelwochenende gemeinsam mit ein paar Freundinnen zurückgekommen und schrieb aus dem Studentenheim als erstes gleich ein begeistertes email an den Priester, der uns begleitet hatte. Der erste katholische Priester übrigens, den ich jemals kennen gelernt hatte. Ein beeindruckend gebildeter Mann mit ziemlich trockenem Humor- und ganz anders, als ich mir als jemand, der bisher gänzlich ohne eine sogenannte „kirchliche Sozialisation“ aufgewachsen war, einen Priester immer vorgestellt hatte. Wenige Minuten später blinkte seine ganz kurze Antwort mit einem grossen zwinkernden Smiley darunter auf meinem Bildschirm auf: „Déformation professionelle!“
„Ein Abfärben des Berufs auf das Privatleben“ hatte nun zwar nicht stattgefunden durch meine ziemlich plötzliche Bekehrung, aber vielleicht doch langsam ein Durchdringen auch meines ganz normalen Alltagslebens durch meine neu gefundene Liebe zu Jesus Christus- mehr als Beruf- eine Berufung.
Dieses scherzhafte Wort des Priesters kommt mir immer mal in den Sinn, seit ich mich wieder intensiver damit auseinander setze, was es konkret bedeuten könnte, wozu Paulus im Römerbrief 12,2 auffordert: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.“ Gerne hätte ich gewollt, dass diese Veränderung auch bei mir damals tatsächlich so plötzlich wie auch gänzlich umfassend passiert wäre. Und doch muss ich sagen, dass bereits meine ersten kleinen Schritte meine bisherige Welt doch sehr auf den Kopf gestellt hatten, und dass Vieles im Leben vielleicht einfach ein Prozess sein muss- alleine deshalb weil wir nun mal Menschen sind und nicht alles auf einmal verdauen können. Manche Veränderung und Befreiung schenkt Gott mit einem Schlag, andere muss man wohl erringen in Treue und in aktivem Tun, wie die Stelle aus dem Römerbrief auch andeutet. Über sehr viele Jahre, das ganze Leben lang.
Meiner Überzeugung nach ist das Thema des erneuerten Denkens heute oft zu wenig präsent in unserer Auseinandersetzung als Katholiken. Diese Wandlung kann nicht bedeuten, dass wir in den sozialen Medien vor den Augen der Welt über den allgemeinen moralischen Verfall lamentieren, weil wir ihn im Gegensatz zu allen anderen so deutlich erkennen, und uns darüber die Köpfe einschlagen, ob es nun würdiger ist, die Liturgie so oder so zu feiern (nicht weil das grundsätzlich unwichtige Themen wären.)
In Vers 1 heisst es: „…ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst.“ Sich als dieses lebendige Opfer darzubringen, den wahren Gottesdienst zu leisten: das bedeutet offenbar in weiterer Folge auch, sich aktiv zu wandeln und das Denken zu verändern. So, wie wir im Alltag denken und handeln, wie wir Gott sehen, uns selbst und unsere Mitmenschen. Gerade uns Katholiken ist die Wichtigkeit eines rechten Gottesdienstes sehr bewusst. Die Gedanken des Menschen ohne Christus bringen Streit und Spaltung, ein Antizeugnis, hervor. Wir sehen das schnell bei anderen Menschen, und es fällt schwer, sich selbst dahingehend zu überprüfen und zu verändern.
Wo wird eigentlich heute darüber gesprochen, wie diese Wandlung des Denkens geschehen kann, damit wir wirklich Zeugnis für Christus geben und seine Jünger sein können? Ich meine, das sollte zu unseren meistgefragten Themen gehören. Gerade auch in Zeiten, in denen sich selbst bisher als Einheit erlebte Gruppen wie „die konservativen Katholiken“ beispielsweise über den richtigen Umgang mit Corona-Regeln öffentlich entzweien, beschimpfen und entfreunden. Das alleine ist ein Skandal, der uns aufrütteln sollte. In Zeiten, in denen kirchlicher Missbrauch mehr denn je eine öffentliche Tragödie darstellt und wir uns immer wieder fragen, auch in unserem eigenen Leben vielleicht: „Wie KONNTE es nur so weit kommen?“
Wir werden nicht drum herumkommen, zuerst an uns selbst zu arbeiten und uns verändern zu lassen, und zwar offensichtlich nicht dahingehend, dass wir endlich durch unsere Bekehrung (eventuell mehr oder minder selbstgerechte) Wahrheitserkenner und Missständebejammerer werden.
In Markus 4,14 geht es um das Gleichnis vom Sämann. Zuerst muss der Samen eingepflanzt werden, damit etwas wachsen kann. Das passiert dadurch, dass wir Jesus in der Eucharistie empfangen, aber auch dadurch, dass wir uns aktiv mit Gottes Wort auseinandersetzen. Unsere (alten, bösen, nutzlosen… oder destruktiven) Gedanken, aus denen letztlich unser Leben entspringt, werden nicht dadurch gewandelt, dass wir uns verbieten, sie zu denken, sondern dadurch, dass sie ersetzt werden durch Gottes Gedanken, durch Gottes Wort. Dazu brauchen wir offensichtlich ziemlich viel von Gottes Wort, das kraftvoll und ein zweischneidiges Schwert ist!
Das Gleichnis vom Sämann lehrt uns auch, dass wir Geduld haben müssen, bis etwas von dem, was sich unter der Oberfläche tut, sichtbar sein wird. Wir müssen es aber fest glauben, um Dranbleiben zu können: das Gebet mit dem Wort Gottes wird uns verändern. Gebet und Fasten sind Wasser und Dünger und für das Wort, aber die Kraft trägt es selbst in sich, wir müssen sie nicht herausquetschen. Wir dürfen eintauchen, aber wir müssen das auch tun!
Wasser und Dünger für den Samen, den wir empfangen, können auch eine Auszeit mit Gott sein, ein Bibelwochenende, wie ich es anfangs erwähnt habe, Exerzitien, ein Aufenthalt im Kloster. Für zuhause, sehr praktisch aufgebaut und kostenlos, empfehle ich allen Lesern gern den online-Persönlichkeitsentwicklungscrashkurs der katholischen Mission Base/ Loretto Gemeinschaft in Salzburg.
Ich bin überzeugt davon, dass alles andere, was wir in Kirche und Gesellschaft bewirken wollen, ungleich viel mehr Kraft haben wird, wenn wir damit auf diese Art und Weise von innen heraus beginnen. Es wird vielleicht nicht gleich so viel sichtbar sein, wie wenn wir mit Aktionismus starten. Es wird dann aber der Heilige Geist in uns und durch uns wirken. Am Ende müssen wir auf das übernatürliche Wirken Gottes vertrauen, um als Christen zu erfüllen, was uns aufgetragen ist. Es ist mit menschlichem, gutem Willen allein nicht möglich. Vielleicht können alle schwierigen Umstände dieses Jahres dazu beitragen, dass diese Erkenntnis in uns ganz tief und neu wird, und dass wir auch endlich auch unsere Konsequenzen daraus ziehen!
Ein herzliches Shalom aus dem spätsommerlichen, vorschulisch- häuslichen Kinder- und Haushaltschaos, Ihre und Eure Linda
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