G. K. Chesterton: Der Literat Gottes
Viele sehen in ihm ein Vorbild im Glauben, manche einen Heiligen
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G. K. Chesterton: Der Literat Gottes
Viele sehen in ihm ein Vorbild im Glauben, manche einen Heiligen. Dennoch wird der zuständige Bischof kein Seligsprechungsverfahren für Gilbert Keith Chesterton eröffnen.
José García, 03. August 2019
Er gilt als einer der grössten Literaten seiner Zeit: scharfsinnig, unkonventionell, provokant, humorvoll, wortgewaltig. Einen „Propheten mit spitzer Feder“ nennt ihn Gisbert Kranz, der mit seiner Schriftkunst für den Glauben gekämpft habe. Zur Ehre der Altäre wird Gilbert Keith Chesterton (1874–1936) nun vorerst trotzdem nicht erhoben. Am 12. Juni 2018 berichtete „Die Tagespost“ unter Berufung auf die britische Zeitung „Daily Mail“ vom Abschluss des von Bischof Peter Doyle in Auftrag gegebenen kirchenamtlichen Vorverfahrens im Hinblick auf eine mögliche Seligsprechung des Autors in seiner Diözese Northampton.
Der 1974 aus Anlass des 100. Geburtstags des vom Anglikanismus zum Katholizismus konvertierten Schriftstellers gegründete Verein „The Society of Gilbert Keith Chesterton“ bat Bischof Doyle im Juli 2009 um die Eröffnung des Verfahrens. Laut dem Vizepräsidenten der italienischen Chesterton-Gesellschaft Paolo Gulisano gebe es „klare Beweise für Chestertons Heiligkeit“. Ausserdem: „Seine Grösse liegt auch darin, dass er es verstand, das Christentum einem sehr breiten Publikum aus Christen und Nichtchristen zu vermitteln.“
Chestertons Schriften beeinflussten Katholiken weltweit
Im August 2013 konnte Dale Ahlquist, Präsident der „American Chesterton Society“, auf der 32. jährlichen Chesterton-Konferenz davon berichten, dass Bischof Doyle einen „geeigneten Kleriker“ suche, „um eine Untersuchung über die mögliche Eröffnung eines Seligsprechungsverfahrens für Gilbert Keith Chesterton einzuleiten“. Ahlquist erinnerte daran, dass Papst Franziskus als Erzbischof von Buenos Aires das Verfahren unterstützt habe. „Chestertons prophetische Schriften“ beeinflussten eine neue Generation Christen, die „von seiner eloquenten Verteidigung des katholischen Glaubens, der traditionellen Familie, der Heiligkeit des Lebens und der ökonomischen Gerechtigkeit“ angezogen werde. „Ich denke, er ist ein grosser Heiliger für unsere Zeit und könnte vielen Menschen die Anziehung für die katholische Kirche vermitteln“, fügte Ahlquist hinzu.
Bischof Peter Doyle fand den Geistlichen, der die Vorarbeiten für die „Causa“ leisten sollte, recht bald: Im September 2013 erhielt der englische Priester John Udris den Auftrag zur Prüfung, ob die Eröffnung eines Seligsprechungsverfahrens für Gilbert Keith Chesterton angezeigt sei. Udris schien besonders geeignet dafür, da er der Pfarrer von Beaconsfield war, dem Ort, an den Chesterton und seine Frau 1909 zogen und wo sie bis zum Tod des Autors 1936 lebten.
Nun ist Bischof Peter Doyle von Northampton allerdings zur Überzeugung gekommen, dass das Seligsprechungsverfahren nicht eröffnet werden soll. In einem Interview mit der vom Erzbistum Madrid herausgegebenen Wochenschrift „Alfa y Omega“ sagte Bischof Peter Doyle: „Es war keine leichte Entscheidung, der ich mit grosser Demut begegnet bin.“ Trotz der Verehrung, die der Schriftsteller „in einigen Gruppen“ geniesse und „des sehr inspirierenden Einflusses, den seine Schriften auf viele Menschen auf der ganzen Welt haben“, seien diese „Phänomene lokal in seiner Diözese nicht in signifikanter Weise festzustellen“. Die Eröffnung eines Seligsprechungsprozesses erfordere den Nachweis durch den Ortsbischof, dass der Ruf der Heiligkeit sowie der Fürsprache zur Gewährung von Gnaden vorhanden sei.
Bischof vermisst ausreichende Belege
Als zweiten Grund führt Bischof Doyle an, er sei nicht in der Lage gewesen, „aus der Dokumentation ein Verhaltensmuster persönlicher Spiritualität zu entnehmen“, das die Art und Weise charakterisieren würde, wie der englische Schriftsteller und Apologet nach seiner Aufnahme in die katholische Kirche 1922 den katholischen Glauben gelebt habe.
Schliesslich sei „die Frage des Antisemitismus, der Chesterton vorgeworfen wird, auch im Kontext seiner Zeit stark ins Gewicht gefallen“. Dies sei „ein echtes Hindernis“, das besonders heute in Grossbritannien eine wichtige Rolle spielte. Der Schriftsteller habe zwar den Nationalsozialismus scharf kritisiert. Aber „von verschiedenen Seiten“ sei „angeprangert worden, dass in einigen seiner fiktionalen Werke aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert klischeehafte Juden auftreten“.
Der Erste Weltkrieg war gerade vorbei, da machte Gilbert Keith Chesterton sich auf in die Wüste. Von London fuhr der stattliche Engländer nach Frankreich, am Gare du Lyon setzte er sich in den Zug, nahm die Bastille in den Blick und liess so beginnen, wieder einmal beginnen, was schon damals als typisch chestertonianisch galt, einen weiteren „Fortschritt nach rückwärts“ – diesmal buchstäblich, „von älteren zu immer älteren Dingen, von Paris nach Rom und nach Ägypten, ja fast bis nach Eden“. Jerusalem hiess das Ziel.
Der Bischof von Northampton spricht vor allem von „The New Jerusalem“ (1920). Hier argumentiere Chesterton, dass Juden als Volk mit einer eigenen Identität eine eigene Nation brauchten, um „so weit wie möglich in einer von Juden regierten jüdischen Gesellschaft zu leben“. Chesterton habe auch als intellektuelles Experiment vorgeschlagen, sie sollten sich in orientalische Kleidung kleiden, „um diese unterschiedliche kulturelle Identität zu unterstreichen“.
In einem weiteren Interview mit „Alfa y Omega“ kritisiert der Journalist und Schriftsteller Juan Manuel de Prada die „jämmerliche und enttäuschende“ Entscheidung, die seiner Meinung nach von „Engstirnigkeit“ zeuge. „Es tut mir besonders leid“, so der Publizist, „festzustellen, dass einem so interessanten Charakter so plump begegnet werden kann.“ Die „bürokratische Bedingung“ einer diözesanen Verehrung findet de Prada besonders absurd: „Die Diözese eines Schriftstellers sind doch seine Leser!“
Unterstützer empört über Antisemitismus-Vorwurf
De Prada empört es insbesondere, dass mit dem Einräumen der Antisemitismus-Vorwürfe „der Vorstellung Vorschub geleistet wird, dass jede nicht lobende Betrachtung der Juden bereits als verdächtig gilt. Denn in Chestertons Zeit wurde die Judenfrage von allen grossen Intellektuellen mit Begriffen behandelt, die nichts mit den Massstäben zu tun haben, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg anlegen. Im Vergleich zu ihnen war Chesterton nicht besonders hart.“
Zwar räumt Bischof Doyle ein, dass die Entscheidung „nicht endgültig“ sei. Der ordentliche Weg ist jedoch versperrt. Sein Nachfolger – Doyles Rücktritt aus Altersgründen wurde bereits von Papst Franziskus angenommen – könnte zwar das Verfahren neu aufrollen. Aber dies wäre eher aussergewöhnlich. Im Gegensatz zu Kardinal John Henry Newman, der am 19. September 2010 von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen wurde und nun am 13. Oktober heiliggesprochen werden soll, wird die zweitwichtigste Figur der englischen katholischen Renaissance des 19. und 20. Jahrhunderts zumindest nicht durch ein reguläres Verfahren zur Ehre der Altäre erhoben.
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