Für die Umkehr ist es nie zu spät

31. Sonntag im Jahreskreis C (03.11.2019)

Quelle

31. Sonntag im Jahreskreis C (03.11.2019)

L1: Weish 11,22-12,2; L2: 2 Thess 1,11-2,2; Ev: Lk 19,1-10

Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

In den letzten Tagen haben wir Allerheiligen und Allerseelen gefeiert.

Im Hochfest Allerheiligen drückt sich unsere gemeinsame Freude darüber aus, dass Gott schon so viele Menschen in die Herrlichkeit des Himmels aufgenommen hat. Ihre Zahl ist übergross, und sie sind allein Gott bekannt. Wir alle sind von Gott berufen, einmal zur Schar der Heiligen des Himmels zu gehören!

Der Gedenktag Allerseelen macht uns die eigene Sterblichkeit neu bewusst. Zugleich beten wir für alle verstorbenen Angehörigen, Freunde und Bekannten sowie auch besonders für jene, an die sonst niemand mehr denkt. In Gottes Liebe sind sie aufgehoben, und wir bitten ihn, dass er sie reinigt von allen Sünden und allen Unvollkommenheiten und sie aufnimmt in sein himmlisches Reich!

Das Evangelium des 31. Sonntags im Jahreskreis C nach Lukas zeigt uns die Fülle des göttlichen Erbarmens. Jesus ist ja der Menschensohn; dies ist ein alter Hoheitstitel, der schon im Alten Testament bekannt war und dem kommenden Messias galt. Nun aber ist der gekommen, den die Propheten angekündigt haben, und weil er zugleich der Sohn Gottes ist und der Sohn der Menschen, kann er alle retten, die sich ihm glaubend und liebend anvertrauen. Jesus ist „gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“, sagt er selber (Lk 19,10), nachdem sich Zachäus, der oberste Zollpächter, bekehrt und ihm angeschlossen hat.

Wir Menschen urteilen oft leichtfertig über andere. Wer zu einer bestimmten Gruppe gehört, meint, er sei bei den Guten. Andere Menschen sieht man kritisch. Es ist ja leicht, Sündenböcke zu finden und ihnen die Schuld für alles Mögliche zuzuschreiben. Zur Zeit Jesu war das nicht anders. Insbesondere galten die Zöllner als eine Gruppe ungerechter, nur auf ihr eigenes Wohl bedachter Menschen. Und so ganz falsch war diese Einschätzung ja auch nicht, denn ein Zollpächter wie Zachäus musste zwar der höhergeordneten Autorität – in diesem Fall den römischen Besatzern – einen bestimmten Betrag für seine Zollpacht abliefern; im übrigen war er selber in gewissem Rahmen frei, wie hoch er die jeweiligen Abgaben festsetzte, die er eintrieb. Und hier da gab es natürlich auch Willkür, Ungerechtigkeit und Gier. Als Zollpächter konnte man reich werden; beliebt war man hingegen mit Sicherheit nicht.

Nun aber will ausgerechnet ein Zöllner Jesus sehen, und Jesus lässt dies zu. Er nimmt sich dieses verhassten Menschen Zachäus an und kehrt sogar in seinem Haus ein. Wie gross war da die Empörung der Gerechten: „Er ist bei einem Sünder eingekehrt“ (Lk 19,7). Stellt das nicht die Glaubwürdigkeit Jesu selbst in Frage?

Oh nein! Das wäre nur dann der Fall, wenn Jesus nichts verlangen und fordern würde. Denn einerseits nimmt er jeden Sünder an, der zu ihm kommt, doch andererseits gilt auch, dass eben dieser Mensch sein früheres Leben nicht fortsetzen kann und wird. Die Gnade der Umkehr bedeutet die Freisetzung in ein neues Leben. Auf diese Weise wird Zachäus, wenn er denn sein Zöllneramt noch länger ausübt, dies nicht mehr in der bisherigen Weise tun können und wollen. Er selbst sieht dies ein und sagt, er wolle künftig die Hälfte seines Vermögens den Armen geben und jedem, von dem er ungerechterweise zu viel gefordert habe, das Vierfache zurück erstatten! Das sind nicht bloss schöne Worte oder unverbindliche Ankündigungen, sondern Zachäus hat diese Worte auch eingelöst durch das aufrichtige Beispiel seiner Umkehr. Auf diese Weise zeigt sich die Macht der Gnade Gottes, und viele andere Menschen wurden durch das Beispiel des Zachäus ermutigt, sich ebenfalls auf die rettende Botschaft Jesu einzulassen. Denn Gott sieht auf das Herz des Menschen, und solange der Mensch hier auf Erden lebt, ist es nie zu spät umzukehren.

In der ersten Lesung, welches aus dem Buch der Weisheit des Alten Testaments stammt, hiess es über Gott: „Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie umkehren“ (Weish 11,23).

Gott ist unendlich heilig; er ist allmächtig. Doch sind diese Eigenschaften mit Weisheit und Liebe verbunden. Gott hat uns die Erkenntnis und die Freiheit geschenkt. Als freie Menschen dürfen wir uns ihm zuwenden, sogar dort, wo wir versagt haben. Denn er erwartet uns in seinem himmlischen Reich, wo wir einst unsere Vollendung finden sollen.

Amen.

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