1962 – 2012: Fünfzig Jahre nach dem II. Vat. Konzil

Die notwendige Auseinandersetzung mit dem Konzilsereignis  UPDATE

Quelle
Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften
Centre Saint-Louis de France
Weihnachtsansprache: Papst Benedikt XVI. 2005
Ein ausstehender Diskurs

Das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften bereitet eine internationale Tagung vor.

Von Armin Schwibach

Rom, kath.net/as,  01.08.2011

Am 11. Oktober 1962 eröffnete der selige Papst Johannes XXIII. das 21. Ökumenische Konzil der universalen Kirche, das unter dem Name “II. Vaticanum” in die Geschichte eingehen sollte. 2498 Konzilsväter aus 133 Ländern zogen an jenem Tag in feierlicher Prozession in die Peterskirche ein. War für das I. Vatikanische Konzil noch der rechte Kreuzarm der vatikanischen Basilika ausreichend, so fanden nun die Vollversammlungen der Bischöfe der Weltkirche im Hauptschiff statt. Die Peterskirche war eine einzige Konzilsaula. Nach drei Jahren beendete Papst Paul VI. am 8. Dezember 1965 das grösste Konzil der Kirchengeschichte. Die nachkonziliare Umbruchszeit begann mit allen bekannten Folgen und Etappen.

Der “Geist der Konzils” begann, das Leben und das Verständnis der Kirche zu bestimmen und radikal umzuschichten. Viele beschworen den nun durch das Konzil sichtbar gewordenen “Bruch” mit einer Vergangenheit. Ein politischer und spiritueller Utopismus gehörte nicht selten zu den neuen Ausdrucksformen, dies nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit den kulturellen Revolutionen der 60er Jahre in den westlichen Gesellschaften.

Gleichzeitig begann das Konzilsereignis zu einer Beschwörungschiffre zu werden, ohne dabei darauf zu achten, dass das für die Zukunft Bestimmende eine genaue Kenntnis und sowohl historische als auch theologische Analyse der offiziellen Dokumente sein muss. Die Rede vom “das Konzil annehmen oder ablehnen” jenseits einer Vertiefung des Ereignisses an sich, seiner Produktion, seiner Wirkungsgeschichte und seiner genauen Ortsbestimmung in der Tradition der Kirche und ihrer Lehre wurde zu einem Schlagwort, mit dem auch notwendige Diskussionen im Keim erstickt wurden und werden. Dies wurde in den letzten Jahren besonders nach der Weihnachtsansprache Papst Benedikt XVI. an die Römische Kurie vom 22. Dezember 2005, durch die Veröffentlichung des Motu proprio “Summorum Pontificum” zur “Liberalisierung” des Gregorianischen Ritus und im Zusammenhang mit der Rücknahme der Exkommunikation der vier unrechtmässig geweihten Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. deutlich.

Was den ersten Fall betrifft, so kann schwer geleugnet werden, dass der Aufruf des Papstes zu einer Reflexion entlang der Denklinie “Hermeneutik des Bruchs – Hermeneutik der Reform in Kontinuität mit der Tradition” nicht oder nur vereinzelt ernsthaft aufgenommen wurde. Die Anerkenntnis des “Alten Ritus” als nie abgeschaffte Ausdrucksform der Liturgie der Kirche stiess bei vielen Bischöfen und gewissen Gruppierungen auf heftige Ablehnung und wurde in ihrer Grundintention verkannt. Trotz der durch die nachkonziliare Liturgiereform möglich gewordenen Unordnung und Prophanierung des Ortes der innigen Begegnung zwischen Mensch und Gott kam und kommt es nicht selten zum Widerstand gegen das päpstliche Gesetz, erneut unter Berufung auf eine nicht näher erläuterte Kohärenz mit einem “Geist” oder “Willen” des Konzils. Der von Benedikt XVI. wieder zugänglich gemachte Reichtum der Liturgie der Kirche wird zumeist irrational und gegen jeden objektiven Blick auf die kirchliche Wirklichkeit abgelehnt.

Dieser Widerstand trat noch gewaltiger im Zusammenhang mit der Rücknahme der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe zutage. Gern waren vollmundige Bekenntnisse zum “Konzil” zu hören, mit denen die strikte Ablehnung der neuen Annäherung an die Priesterbruderschaft St. Pius X. “begründet” wurde: diese akzeptiere ja “das Konzil” nicht.

Nicht zuletzt aufgrund der Ereignisse der jüngsten Geschichte scheint es somit mehr als angebracht zu sein, die bevorstehenden Jubiläumsjahre und Jubiläumstage zu einer eingehenden Reflexion zu nutzen. Das Jahr 2015 ist nicht fern, und jenes Datum kann ein wichtiger Ansporn zu einer neuen und substantiellen Auseinandersetzung um “das Konzil” ohne ideologische Vorgaben sein.

Auch der Vatikan bereitet sich auf die kommenden historischen Gedenkmomente vor, so die Zeitung “L’Osservatore Romano” in einem Bericht der Ausgabe vom 31. Juli. Das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften organisiert unter dem Vorsitz seines Präsidenten Bernard Ardura in Zusammenarbeit mit dem von Philippe Chenaux geleiteten Studienzentrum “II. Vatikanisches Konzil” einen internationalen Kongress, der in Rom vom 3. bis 6. Oktober 2012 stattfinden wird. Ziel der Tagung ist es, zu einem ersten Punkt zu werden, an dem die internationalen Forschungsarbeiten zusammenfliessen, die von der Gesellschaft für Kirchengeschichte sowie von den Verbänden der Kirchenarchivare verschiedener Länder realisiert wurden.

Absicht der Forschungsarbeiten ist es, zu einer Erfassung der persönlichen Archive der Konzilsväter auf Weltebene zu gelangen. Die internationale Tagung soll die Möglichkeit zu einer Zusammenfassung und zu einer Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Arbeiten bieten. Das so zustande gekommene Verzeichnis der Dokumente wird dann die Basis für einen weiteren Kongress anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des II. Vatikanischen Konzils sein (2015).

Für eine weitere Initiative zeichnet das Studienzentrum “II. Vatikanisches Konzil” der Päpstlichen Lateran-Universität verantwortlich. Dieses organisiert zusammen mit dem czwischen Februar und Mai 2012 eine Reihe von Konferenzen zum Thema: “Eine Relecture der grossen Texte des II. Vatikanischen Konzils. Geschichte und Theologie”.

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Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften
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Weihnachtsansprache: Papst Benedikt XVI. 2005
Ein ausstehender Diskurs

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