Enzyklika Quas primas
Enzyklika Quas primas – Über die Einsetzung des Christkönigsfestes (11. Dezember 1925)
Quelle
11.Dezember – 90 Jahre Enzyklika Quas primas
Christkönig
Enzyklika Quas primas – Über die Einsetzung des Christkönigsfestes (11. Dezember 1925)
Pius XI.
Hinweis/Quelle: Diese deutsche Übersetzung folgt: A. Rohrbasser (Hg.), Heilslehre der Kirche. Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., Freiburg/Schweiz 1953, Nr. 61–103; lat. in: AAS 17 (1925) 593–610. Das vorliegende HTML-Format wurde erstellt von Dr. Josef Spindelböck unter Mitarbeit von Armin Jauch. Die Absatznummern wurden neu gesetzt.
1 Im ersten Rundschreiben, das Wir nach Antritt des Pontifikates an alle Bischöfe des katholischen Erdkreises gerichtet haben[1], sind Wir den Ursachen jener Mißstände nachgegangen, von denen Wir die Menschheit schwer bedrückt und heimgesucht sahen. Wir erinnern Uns, dabei folgende Erkenntnisse klar ausgesprochen zu haben. Jene Flut von Übeln habe eben deshalb die Welt überschwemmt, weil die meisten Menschen Jesus Christus und sein heiligstes Gesetz sowohl aus ihrem persönlichen Lebenswandel als auch aus der häuslichen Gemeinschaft und dem öffentlichen Leben verbannt haben. Es werde aber auch nie eine sichere Hoffnung auf dauerhaften Frieden unter den Völkern geben, solange die einzelnen Menschen und die Staaten die Herrschaft Unseres Erlösers verleugnen und zurückweisen. Wie Wir nun gemahnt haben, den Frieden Christi im Reiche Christi zu suchen, so haben Wir Uns selbst vorgenommen, zur Erreichung dieses Zieles alles zu tun, was Uns möglich ist. Im Reiche Christi, sagten Wir, denn es schien Uns, daß man nicht erfolgreicher an der Wiederherstellung und Festigung des Friedens arbeiten könne, als durch die Bemühung um das Reich Unseres Herrn.
2 Eine unzweifelhafte Hoffnung auf bessere Zeiten gab Uns nämlich die Bewegung der Völker zu Christus hin und zu seiner Kirche, die allein Rettung bringen kann. Die einen taten es zum erstenmal, die andern mit vermehrter Begeisterung. Es wurde dabei ja offenbar, daß viele, die das Reich des Erlösers verachtet hatten und deshalb aus ihm wie ausgestoßen waren, sich anschicken und sich beeilen, den Weg des Gehorsams wieder zu betreten.
Und gereichte all das, was im Verlaufe des Heiligen Jahres geschah oder getan wurde, und was gewiß steter Erinnerung würdig ist, etwa nicht zur Ehre und Verherrlichung des Stifters der Kirche, des höchsten Herrn und Königs?
So hat die öffentliche Missionsausstellung Geist und Sinn der Menschen sehr ergriffen. Man sah dort, wie die Kirche durch unermüdliche Arbeit das Reich ihres Bräutigams von Tag zu Tag weiter ausbreitet, auf alle Länder, auf alle Inseln, mögen sie noch so weit entfernt im Ozean liegen; man sah die große Zahl der Gebiete, die mit viel Schweiß und Blut tapferster und unermüdlicher Missionare dem katholischen Glauben gewonnen wurden; man sah aber auch, welch weite Gebiete es noch der heilsamen und milden Herrschaft Unseres Königs zu gewinnen gilt.
Und all die Pilger, die während des Jubeljahres von überallher unter Führung ihrer Bischöfe oder Priester nach der Heiligen Stadt kamen, was hatten sie anderes im Sinn, als nach wahrer Reinigung ihrer Herzen an den Apostelgräbern und vor Uns sich aIs Angehörige des Reiches Christi zu bekennen, heute und immerdar?
Und dieses Reich unseres Erlösers schien in neuem Lichte zu erstrahlen, als Wir sechs Bekennern und Jungfrauen nach Prüfung ihrer außerordentlichen Tugenden die Ehre der Heiligen im Himmel zuerkannten. Große Freude und starker Trost erfüllte Unser Herz, als im majestätischen Glanze der St. Peters-Basilika nach Verkündigung des feierlichen Dekretes eine gewaltige Menge von Gläubigen den Dankeshymnus sang: Du König der Herrlichkeit, Christus! (Tu Rex gloriae Christe!)
3 Während von Gott abgewandte Männer und Staaten in gegenseitigem Haß und inneren Zerwürfnissen dem Zerfall und dem Untergang entgegengehen, fährt die Kirche Gottes fort, der Menschheit die Speise des geistlichen Lebens zu reichen, gebiert und nährt für Christus heilige Kinder, Männer und Frauen, für Christus, der nicht abläßt, diejenigen zum ewigen Glück seines himmlischen Reiches zu berufen, die in seinem Reiche auf Erden ihm treu ergebene und gehorsame Untertanen waren.
Mit dem Heiligen Jahre fiel dann zusammen die 1600-jährige Gedächtnisfeier des Konzils von Nizäa. Umso lieber ließen Wir diese Jahrhundertfeier festlich begehen und haben sie selbst in der Vatikanbasilika begangen, als jenes Konzil die Lehre von der Wesensgleichheit des Eingeborenen mit dem Vater verkündete und als katholischen Glaubenssatz erklärte. Ferner hat es die Worte cuius regni non erit finis (dessen Reich kein Ende haben wird) ins Glaubensbekenntnis aufgenommen, womit es die königliche Würde Christi bekannte.
4 Hatte somit dieses Heilige Jahr in mehrfacher Weise dazu beigetragen, das Königtum Christi ins Licht zu stellen, so schien es Uns ein des Apostolischen Amtes würdiges Werk, den Bitten so vieler Kardinäle, Bischöfe und Gläubigen, wie sie sowohl einzeln als gemeinsam an Uns gelangten, zu entsprechen und das Heilige Jahr durch die Einführung eines besonderen liturgischen Festes zu Ehren Unseres Herrn Jesus Christus als König abzuschließen.
Diese Angelegenheit erfüllt Uns mit so großer Freude, Ehrwürdige Brüder, daß Wir Uns darüber mit Euch ein wenig zu unterhalten wünschen. An Euch ist es dann, was Wir über die Verehrung des Christkönigs sagen, dem Verständnis und dem Sinn des Volkes so nahe zu bringen, daß aus dieser alljährlichen Feier stets reichere Früchte erwachsen.
5 Seit langem ist es allgemeiner Brauch, Christus in übertragenem Sinn als König zu bezeichnen, um damit den höchsten Grad des Vorranges auszudrücken, der ihn vor allen Geschöpfen in erhabenster Weise auszeichnet. So sagt man, er herrsche über den Verstand des Menschen, wohl freilich kraft seines durchdringenden Geistes und seines umfassenden Wissens, noch mehr aber, weil er eben die Wahrheit selber ist und weil die Menschen von ihm die Wahrheit empfangen und in Gehorsam annehmen müssen. Er herrscht über den Willen des Menschen, nicht nur weil in ihm der Heiligkeit des göttlichen Willens eine vollkommene Geradheit und Unterwürfigkeit des menschlichen Willens entspricht, sondern weil er durch Antrieb und Eingebung unsern freien Willen dermaßen beeinflußt, daß er uns für die edelsten Dinge begeistert. Endlich wird Christus als König der Herzen anerkannt, wegen seiner Liebe, die alles Verstehen übersteigt[2] und ob der Milde und Güte, mit der er die Herzen an sich zieht; nie wurde noch wird je in Zukunft ein Mensch von der Allgemeinheit der Völker so geliebt werden wie Christus Jesus.
6 Doch Wir wollen tiefer in den Gegenstand eindringen. Es gibt wohl niemanden, der nicht einsieht, daß der Name und die Gewalt eines Königs auch im eigentlichen Sinne des Wortes Christus als Mensch zuerkannt werden muß; denn nur insofern er Mensch ist, kann man sagen, Christus habe vom Vater die Macht, die Ehre und das Königtum[3] erhalten. Als Wort Gottes, das eines Wesens ist mit dem Vater, muß er ja notwendigerweise alles mit dem Vater gemeinsam haben und besitzt so über alle Geschöpfe die höchste und vollkommenste Gewalt.
7 Daß Christus König ist, lesen wir das nicht häufig genug in den Heiligen Schriften? So wird er der Fürst genannt, der aus Jakob hervorgehen soll und der vom Vater zum Könige bestimmt ist auf Sion, dem heiligen Berge, dem die Völker zur Erbschaft gegeben werden[4] und der die Grenzen der Erde besitzen wird[5]. Im Brautgesang, in dem er unter dem Bilde eines sehr reichen und mächtigen Königs als der wahre künftige König Israels feierlich angekündigt wird, heißt es: Dein Thron, o Gott, steht fest gegründet ewiglich; ein Szepter der Gerechtigkeit ist das Szepter deines Königtums[6]. Viele ähnliche Zeugnisse übergehen Wir. Wir erwähnen eine andere Stelle, welche das Königtum Christi schärfer umreißt. Es wird da vorausgesagt, daß sein Reich, ein Reich ohne Grenzen, mit den Gaben der Gerechtigkeit und des Friedens ausgestattet sein werde: In seinen Tagen wird die Gerechtigkeit aufsprossen und die Fülle des Friedens … Und er wird von einem Meere zum andern herrschen und vom Strome bis an die Grenzen des Erdenrunds[7].
8 Diesen Zeugnissen schließen sich in ausführlicher Weise die Weissagungen der Propheten an, vor allem jene sehr bekannte von Isaias: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, und die Herrschaft ruht auf seinen Schultern; sein Name wird sein: Wunderbarer, Ratgeber, Gott, starker Held, Vater der Zukunft, Fürst des Friedens. Sein Reich wird ständig wachsen, und ein Friede wird sein ohne Ende. Auf dem Throne Davids und über dessen Reich wird er herrschen, daß er es festige und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit[8].
Nicht anders als Isaias weissagen die übrigen Propheten. So sagt Jeremias, es werde aus dem Geschlechte Davids ein gerechter Sproß erwachsen, und dieser Sohn Davids werde als König herrschen; er werde weise sein und Gerechtigkeit üben auf der Erde[9]; desgleichen kündet Daniel, der Gott des Himmels werde ein Reich aufrichten, das in Ewigkeit nicht zerfällt und in Ewigkeit dauern wird[10]. Kurz darauf fügt derselbe Prophet hinzu: Ich schaute weiter im Nachtgesicht: siehe da kam einer auf den Wolken des Himmels, ähnlich einem Menschensohne, und er gelangte bis zu dem Hochbetagten und ward vor ihn geführt. Ihm wurde Macht, Ruhm und Reich verliehen; ihm sollten alle Völker, Stämme und Zungen dienen; seine Herrschaft ist ewige Herrschaft, die ihm nicht genommen werden kann, und sein Reich wird unzerstörbar sein[11]. Und haben die heiligen Verfasser der Evangelien nicht als erfüllt erkannt und bewiesen, was Zacharias einst geweissagt hatte vom milden König, der auf einer Eselin reitet und auf dem Füllen einer Eselin, der als Gerechter und Retter[12] unter dem Beifall der Menge in Jerusalem einzieht?
9 Diese Lehre von Christus dem König, die Wir aus den Büchern des Alten Bundes kurzumrissen dargeboten haben, fehlt keineswegs in den Schriften des Neuen Bundes. Im Gegenteil; sie wird da auf großartige und glänzende Weise bekräftigt. Wir streifen kurz die Botschaft des Erzengels, welcher der Jungfrau verkündet, sie werde einen Sohn gebären, dem Gott der Herr den Sitz seines Vaters David geben werde, der im Hause Jakobs ewig herrschen, und dessen Reich kein Ende nehmen werde[13]. Christus selbst gibt Zeugnis von seiner Herrschaft: so in seiner letzten Ansprache an die Menge, wo er von den Belohnungen und von den Strafen spricht, die in Ewigkeit für die Gerechten oder für die Verdammten bestimmt sind, wie auch in seiner Antwort an den römischen Landpfleger auf dessen öffentliche Frage, ob er König sei, ferner, als er nach der Auferstehung den Aposteln das Amt anvertraute, alle Völker zu lehren und zu taufen. Bei jeder Gelegenheit legte er sich den Namen König bei[14] und beteuerte öffentlich, König zu sein[15]. Feierlich sprach er es aus, daß ihm alle Macht gegeben sei im Himmel und auf Erden[16]. Was anderes wollte er mit diesen Worten andeuten – als die Größe seiner Macht und die Unbegrenztheit seines Reiches?
Es kann uns daher nicht wundern, wenn jener, den Johannes den Fürsten der Könige der Erde[17] nennt, auf seinem Kleide und seiner Hüfte die Inschrift trägt: König der Könige und Herr der Herren[18], wie er dem Apostel in seiner prophetischen Schau erschien. Gott Vater hat ja Christus zum Erben des Alls eingesetzt[19]. Als solcher muß Christus herrschen, bis er am Ende der Zeiten alle Feinde Gott und dem Vater zu Füßen gelegt hat[20].
10 Aus dieser allgemeinen Lehre der Heiligen Schrift ergibt sich folgerichtig, daß die katholische Kirche als Reich Christi auf Erden, das sich auf alle Menschen und auf alle Länder ausdehnen soll, die Aufgabe hat, ihren Urheber und Stifter als König und Herrn und König der Könige unter vielfachen Formen der Verehrung im jährlichen Kreislauf der Liturgie zu begrüßen. Sie gebraucht diese Ehrenbezeugungen, die in schöner Mannigfaltigkeit der Worte denselben Sinn zum Ausdruck bringen, wie einst in der alten Psalmodie und in den altehrwürdigen Sakramentarien, so auch heute in den öffentlichen Gebeten des Offiziums, die sie der göttlichen Majestät täglich darbringt, und bei der Opferung der unbefleckten Hostie. In diesem ewigen Lob auf Christus den König wird man leicht auch den sehr schönen Einklang zwischen unseren und den östlichen Riten gewahr, so daß auch hier das Wort gilt: «Das Gesetz des Betens bestimmt das Gesetz des Glaubens».
11 Worauf nun die Würde und Macht Unseres Herrn gründet, das zeigt treffend Cyrillus von Alexandrien: «Christus besitzt die Herrschaft über alle Geschöpfe nicht infolge gewaltsamer Aneignung, nicht aus fremder Hand, sondern auf Grund seines Wesens und seiner Natur»[21]. Seine Herrschaft ergibt sich also aus jener wunderbaren Einheit, die man die hypostatische nennt.
12 Daraus folgt, daß Christus nicht nur als Gott von den Engeln und Menschen die Anbetung gebührt, sondern daß ihm auch als Mensch die Engel und Menschen unterwürfig und gehorsam sein müssen, daß Christus also schon infolge der hypostatischen Einheit die Macht über alle Geschöpfe besitzt.
13 Aber was könnte man Freudigeres und Schöneres denken, als daß Christus nicht bloß kraft seines angeborenen, sondern auch kraft seines erworbenen Rechtes über uns herrscht, d. h. kraft seines Erlöserrechtes? Möchten doch die vergeßlichen Menschen alle sich erinnern, was wir unserm Erlöser gekostet haben: Nicht mit vergänglichem Gold oder Silber seid ihr erlöst, sondern mit dem kostbarem Blute Christi, als eines unbefleckten und makellosen Lammes[22]. Wir gehören somit nicht mehr uns selber an, da Christus uns um hohen Preis[23] erkauft hat. Selbst unsere Leiber sind Glieder Christi[24].
14 Wir wollen nun Wesen und Bedeutung dieses Königtums darlegen. Es braucht eigentlich kaum bemerkt zu werden, daß es eine dreifache Gewalt umfaßt, ohne die von einer Herrschaft nicht die Rede sein könnte.
Die aus der Heiligen Schrift geschöpften Zeugnisse für die allumfassende Herrschaft unseres Erlösers beweisen mehr als genügend, und zudem ist es auch katholischer Glaubenssatz, daß Jesus Christus den Menschen gegeben wurde als Erlöser, dem sie vertrauen, und gleichzeitig als Gesetzgeber, dem sie gehorchen sollen[25]. Die Evangelisten berichten nicht nur, daß Christus Gesetze gegeben habe, sondern sie stellen ihn in der Ausübung seiner gesetzgebenden Gewalt dar. Und der göttliche Meister betonte bei verschiedenen Anlässen in verschiedener Weise, jeder, der seine Gebote beobachte, beweise dadurch, daß er ihn liebe, und ein solcher werde auch in seiner Liebe verbleiben[26].
15 Was die richterliche Gewalt anbelangt, erklärt Jesus selbst vor den Juden, sie sei ihm vom Vater übertragen worden. Als sie ihn nämlich anklagten, er habe durch die Heilung des Lahmen den Sabbat entheiligt, antwortete er: Der Vater richtet niemanden, das ganze Gericht hat er vielmehr dem Sohne übergeben[27]. Darin ist auch das Recht inbegriffen, die Menschen schon während ihres Lebens zu belohnen und zu bestrafen, denn das läßt sich von der richterlichen Gewalt nicht trennen.
16 Ferner muß auch die ausführende Gewalt Christus zuerkannt werden, denn alle müssen seiner Befehlsgewalt gehorchen und kein Widerspenstiger wird der Strafe entgehen können, die Christus über ihn verhängt.
17 Doch ist diese Herrschaft vor allem geistiger Natur und betrifft die geistigen Belange. Das zeigen sehr deutlich die oben angeführten Stellen aus der Heiligen Schrift, das beweist auch Christus der Herr selbst durch die Art und Weise seines Handelns.
Zu wiederholten Malen hören wir von den Juden, ja von den Jüngern selbst die irrtümliche Meinung, der Messias werde dem Volke wieder zur Freiheit verhelfen und das Reich Israel wieder aufrichten. Christus zerschlug diese Einbildung und verachtete dieses Hoffen. Als das von Bewunderung ergriffene Volk ihn zum König ausrufen wollte, da lehnte er sowohl Titel als Ehre ab, indem er floh und sich verbarg. Dem römischen Landpfleger erklärte er, sein Reich sei nicht von dieser Welt[28]. Dieses Reich wird in den Evangelien dahin umschrieben, daß die Menschen ihren Eintritt in dasselbe durch Buße vorbereiten sollen, daß sie aber in dasselbe nur durch den Glauben eingehen können und durch die Taufe, die zwar eine äußere Handlung ist, aber dennoch die innere Wiedergeburt anzeigt und bewirkt. Dieses Reich ist einzig dem Reiche Satans und der Macht der Finsternis entgegengesetzt. Es verlangt von seinen Anhängern nicht nur, daß ihr Herz sich löse von irdischen Reichtümern und Gütern, daß sie Milde walten lassen, daß sie hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, sondern auch daß sie sich selbst verleugnen und ihr Kreuz auf sich nehmen. Da nun Christus als Erlöser die Kirche mit seinem Blute erkauft hat und als Priester sich selbst als Sühnopfer für unsere Seelen hingegeben hat und sich fortwährend hingibt, wer sieht da nicht ein, daß auch seine königliche Würde den überirdischen Charakter dieser beiden Ämter haben muß und daran teilnimmt?
18 Anderseits würde derjenige sich schwer irren, der Christus als Mensch die Macht über alle zeitlichen Dinge absprechen wollte. Denn er hat vom Vater ein so unumschränktes Recht über alle Geschöpfe bekommen, daß alles seinem Willen unterstellt ist. Doch hat er sich während seines Erdenlebens der Ausübung dieser irdischen Herrschergewalt völlig enthalten. Er selbst hat Besitz und Erwerb menschlicher Dinge verachtet, und beließ sie und beläßt sie noch heute ihren Besitzern. Daran erinnert uns das schöne Wort: «Es greift ein sterblich Reich nicht an, der’s Reich des Himmels geben kann»[29].
19 So umfaßt also das Reich unseres Erlösers alle Menschen, wie dies folgende Worte Unseres Vorgängers Leo XIII., unsterblichen Andenkens, ausdrücken und die Wir gerne zu Unsern eigenen machen: «Seine Herrschaft erstreckt sich nicht nur auf die katholischen Völker, auch nicht nur auf jene, die durch die Taufe von Rechts wegen der Kirche angehören, mögen auch irrige Anschauungen sie fernhalten oder Uneinigkeit sie von der Liebesgemeinschaft scheiden, sondern sie umfaßt auch jene, die den christlichen Glauben nicht besitzen; somit untersteht im vollsten Sinne die ganze Menschheit der Herrschaft Jesu Christi»[30].
20 Auch ist in dieser Hinsicht kein Unterschied zu machen zwischen Einzelmenschen und häuslichen oder bürgerlichen Gemeinschaften, denn die in Gemeinschaften vereinigten Menschen stehen nicht minder unter der Herrschermacht Christi als die Einzelmenschen. Es gibt ja nur eine Quelle des Heiles, des persönlichen wie des gemeinschaftlichen: Es ist in keinem andern Heil; und kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, durch den wir selig werden sollten[31]. Ein und derselbe ist Urheber des Gedeihens und wahren Glückes für die einzelnen Bürger wie für die Staaten: «Das Glück des Staates fließt nicht aus einer andern Quelle als das des Einzelmenschen, denn der Staat ist nichts anderes als eine Vielheit von Menschen, die in Eintracht zusammenlebt»[32]. Wenn daher die Staatenlenker Unversehrtheit ihrer Autorität sowie Gedeihen und Fortschritt des Vaterlandes bezwecken, so dürfen sie sich nicht weigern, in ihrem persönlichen Namen und mit ihrem ganzen Volke der Herrschermacht Christi ihre Verehrung und Ergebenheit öffentlich zu bezeugen.
21 Denn was Wir zu Beginn Unseres Pontifikates über die stark erschütterte Autorität des Rechtes und die merklich verminderte Achtung vor der öffentlichen Gewalt geschrieben haben, das gilt nicht weniger für die Gegenwart: «Hat man Gott und Jesus Christus aus der Gesetzgebung und der Politik hinausgewiesen und leitet man die Autorität nicht mehr von Gott her, sondern von den Menschen, dann fehlt den Gesetzen ihre wahre und wirksame Sanktion, dann fehlen ihnen die höchsten Kriterien des Rechtes – und das haben schon heidnische Philosophen wie Cicero begriffen, daß Menschengesetze nur im ewigen Gesetz Gottes verankert sein können; ja sogar die Grundlage der Autorität ist zerstört in dem Augenblick, da man die Quelle verschüttet, aus der den einen das Recht zufließt zu befehlen, den andern die Pflicht zu gehorchen. So mußte mit unerbittlicher Notwendigkeit das ganze Gesellschaftsleben erschüttert werden; es war eben jeder festen Stütze und jedes Schutzes beraubt und wurde ein Tummelplatz für die Parteien; diesen aber ist es nur zu tun um den Besitz der Macht, nicht um das Wohl des Vaterlandes»[33].
Wenn daher die Menschen die königliche Macht Christi im persönlichen und öffentlichen Leben anerkennen würden, so würden notwendigerweise unglaubliche Wohltaten, wie gerechte Freiheit, Ordnung und Ruhe, Eintracht und Friede, die bürgerliche Gesellschaft beglücken.
22 Wie nämlich die königliche Würde Unseres Herrn der menschlichen Autorität der Fürsten und Staatsoberhäupter eine religiöse Weihe verleiht, so adelt sie die Pflichten der Bürger und ihren Gehorsam. Obwohl der Apostel Paulus Frauen und Sklaven aufforderte, in ihrem Manne, bzw. in ihrem Herrn, Christus zu ehren, so hat er sie doch auch eben deswegen ermahnt, ihnen nicht als Menschen zu gehorchen, sondern einzig als Stellvertretern Christi; denn es zieme sich nicht, daß die von Christus erlösten Menschen andern Menschen knechtisch dienen: Um teuren Preis seid ihr erkauft, macht euch also nicht zum Sklaven von Menschen[34].
Wenn einmal die Fürsten und die rechtmäßig gewählten Staatsmänner davon überzeugt sein werden, daß sie nicht so sehr kraft eigenen Rechtes befehlen als vielmehr im Auftrage und an Stelle des göttlichen Königs, so werden sie – wie jedermann leicht einsieht – von ihrer Autorität einen heiligen und weisen Gebrauch machen und beim Erlassen und Handhaben der Gesetze auf das allgemeine Wohl und die menschliche Würde der Untergebenen Rücksicht nehmen.
23 So werden alsbald Ruhe und Ordnung wiederkehren und herrschen, weil jeder Anlaß zur Auflehnung beseitigt ist. Denn, wenn auch der Bürger im Fürsten und in den übrigen Staatsoberhäuptern Menschen vor sich hat, die seinesgleichen sind, oder die aus irgendeinem Grunde unwürdig oder tadelnswert erscheinen, so wird er ihnen dennoch den Gehorsam nicht verweigern, soIange er in ihnen Abbild und Autorität des Gottmenschen Christus erblickt.
24 Was sodann die Eintracht und den Frieden anbelangt, ist folgendes einleuchtend: je weiter sich ein Reich ausdehnt und je vollständiger es die Gesamtheit des Menschengeschlechtes umfaßt, desto stärker werden sich die Menschen der Gemeinschaft bewußt, die sie eint. Und wie dieses Bewußtsein häufigen Streitigkeiten vorbeugt und sie unterdrückt, so nimmt es ihnen ihre Bitterkeit und ihre Härte. – Wenn also das Reich Christi tatsächlich alle umfassen würde, wie es sie von Rechts wegen umfaßt, warum sollten wir dann die Hoffnung auf jenen Frieden aufgeben, den der Friedenskönig auf die Erde gebracht hat? Er, der kam, um alles zu versöhnen[35]; der nicht kam, um bedient zu werden, sondern um zu dienen[36], und der, obgleich er der Herr aller ist, sich zum Vorbild der Demut machte und diese samt der Liebe zu seinem Hauptgesetz erhob; er, der gesagt hat: Mein Joch ist sanft und meine Bürde ist leicht[37].
25 O welchen Glückes könnten wir uns freuen, wenn Einzelmenschen wie Familien und Staaten sich von Christus leiten ließen! «Dann endlich wird man, um die Worte Unseres Vorgängers Leo XIII. zu gebrauchen, die er vor 25 Jahren an die Bischöfe des Erdkreises richtete, so viele Wunden heilen können, dann wird jedes Recht seine ursprüngliche Kraft wieder erlangen, dann endlich werden die kostbaren Güter des Friedens wiederkehren, und es werden die Schwerter und Waffen den Händen entgleiten, wenn alle bereitwillig Christi Herrschaft annehmen und ihm gehorchen werden, wenn jede Zunge bekennen wird, daß der Herr Jesus Christus in der Herrlichkeit Gottes des Vaters ist»[38].
26 Damit nun all diese überaus erwünschten Wohltaten in reichlicherem Maße uns zuteil werden und die christliche Gesellschaft sie immerdar festhalte, muß die Lehre von der königlichen Würde unseres Herrn möglichst weite Verbreitung erfahren. Und diesem Ziele scheint nichts besser zu dienen als die Einführung eines eigenen und besonderen Christkönigsfestes.
Denn mehr als irgendwelche noch so eindrucksvollen Dokumente des kirchlichen Lehramtes haben die alljährlichen Gedächtnistage der heiligen Geheimnisse wirksamen Einfluß auf die Belehrung des Volkes in Glaubenssachen und hiermit auf dessen Aufstieg zu den Freuden des inneren Lebens. Die Dokumente gelangen ja meist nur in die Hände einer geringen Anzahl von gelehrten Männern, die Feste hingegen erfassen und unterweisen alle Gläubigen; jene sprechen sozusagen nur einmal, diese aber alljährlich und immerdar; jene richten sich an den Verstand, diese aber berühren in heilsamer Weise Verstand und Gemüt, also den ganzen Menschen.
27 Da der Mensch aus Leib und Seele besteht, bedarf er der Anregung durch die äußeren Feierlichkeiten der Festtage, damit er, durch die Mannigfaltigkeit und den Glanz der heiligen Zeremonien angeregt, die göttlichen Lehren in reicherem Maße in sein Herz aufnehme und diese, nachdem sie ihm gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen sind, zum geistlichen Fortschritt seines Lebens fruchten lasse.
Übrigens geht aus geschichtlichen Zeugnissen hervor, daß solche Feste im Laufe der Jahrhunderte eines nach dem andern eingeführt wurden, je nachdem Notwendigkeit oder Vorteil für das christliche Volk dies wünschenswert erscheinen ließen; Wenn es z.B. notwendig war, das Volk zu wappnen gegen eine gemeinsame Gefahr, oder es zu sichern gegen die heimtückischen Irrtümer der Ketzereien oder mit größerer Andacht ein Geheimnis des Glaubens oder eine Wohltat der göttlichen Güte zu feiern.
So begann man in frühchristlicher Zeit, als die Christen grausamen Verfolgungen ausgesetzt waren, das Gedächtnis der Märtyrer mit heiligen Zeremonien zu begehen, damit, wie Augustinus bezeugt, «die Feierlichkeiten zu Ehren der Blutzeugen zum Martyrium anspornten»[39]. Und die liturgischen Ehren, die in der Folge den Bekennern, Jungfrauen und Witwen erwiesen wurden, dienten in bewundernswerter Weise dazu, in den Gläubigen die Liebe zu den auch in Friedenszeiten notwendigen Tugenden anzueifern.
28 Insbesondere die zu Ehren der allerseligsten Jungfrau eingeführten Feste bewirkten, daß das christliche Volk sie nicht nur als Gottesgebärerin und als mächtigste Beschützerin mit größerer Frömmigkeit verehrte, sondern sie auch stets inniger liebte als seine Mutter, die ihm der Erlöser gleichsam testamentarisch hinterlassen hatte.
Zu den Wohltaten, welche durch die öffentliche und liturgische Verehrung der Gottesmutter und der Heiligen im Himmel erlangt wurden, gehört auch, und zwar nicht an letzter Stelle, die Tatsache, daß die Kirche zu jeder Zeit die Pest der Häresien und Irrtümer siegreich abgewehrt hat. Auch da müssen wir die Pläne der göttlichen Vorsehung bewundern. Da sie sogar aus dem Übel Gutes zu ziehen weiß, ließ sie es zu, daß Glaube und Frömmigkeit im Volke abnahmen, oder daß falsche Lehren sich der katholischen Wahrheit entgegenstellten. Doch war der Ausgang immer so, daß die Wahrheit in neuem Glanze erstrahlte, Glaube und Frömmigkeit sich von der Lauheit erholten und die Gläubigen nach größerer Vollkommenheit und Heiligkeit strebten.
Die Feierlichkeiten, welche in neuerer Zeit in den Kreislauf des liturgischen Jahres aufgenommen wurden, hatten einen ähnlichen Ursprung und trugen ähnliche Früchte. So das Fronleichnamsfest, das eingesetzt wurde, als die Verehrung und die Anbetung des allerheiligsten Altarssakramentes im Schwinden war. Es soll derart festlich begangen werden, daß die feierlichen Prozessionen und die Bittandachten, welche acht Tage hindurch gehalten werden, die Völker zur öffentlichen Anbetung des Herrn zurückführen. So auch das Fest des heiligsten Herzens Jesu, das eingeführt wurde, als die trostlose Lehre und düstere Härte des Jansenismus die Seelen derart niedergedrückt und entmutigt hatten, daß sie völlig erkalteten und von der Liebe zu Gott wie auch von aller Hoffnung auf das ewige Heil sich abwandten.
29 Wenn wir nun anordnen, Christus solle von den ganzen katholischen Welt als König verehrt werden, so wollen Wir damit auch dem Bedürfnis unserer Zeit entgegenkommen und ein wirksames Heilmittel jener Pest entgegenstellen, welche die menschliche Gesellschaft befallen hat. Die Pest unserer Zeit ist der sogenannte Laizismus mit seinen Irrtümern und gottlosen Absichten.
Ihr wißt, ehrwürdige Brüder, daß diese Plage nicht an einem Tage ausbrach, sondern seit langem die Staaten insgeheim bedrohte. Man begann damit, Christi Herrschaft über alle Völker zu leugnen; man stritt der Kirche ihr Recht ab, das aus dem Rechte Jesu Christi selbst hervorgeht, die Menschheit zu lehren, Gesetze zu geben, die Völker zu leiten, um sie zur ewigen Seligkeit zu führen. Nach und nach wurde die christliche Religion mit den andern, falschen Religionen gleichgestellt und auf äußerst entwürdigende Weise mit diesen auf eine Stufe gestellt; sodann unterwarf man sie der weltlichen Gewalt und lieferte sie der Willkür der Fürsten und Staatsmänner aus. Noch weiter gingen jene, die darauf sannen, die göttliche Religion zu ersetzen durch so etwas wie eine natürliche Religion oder eine bloß gefühlsmäßige Religiosität. Gewisse Staaten glaubten sogar, Gott entbehren zu können; sie machten den Unglauben zu ihrer Religion und bemühten sich, bewußt und absichtlich Gott zu vergessen.
30 Die überaus bitteren Früchte, welche diese Abkehr der Einzelnen und der Staaten von Gott in so großer Zahl und andauernd zeitigte, haben Wir im Rundschreiben Ubi arcano[40] beklagt und beklagen sie heute wieder: nämlich den weitverbreiteten Samen der Zwietracht, jenen verzehrenden Neid und jene aufgestachelten Eifersüchteleien unter den Völkern, die eine friedliche Wiederversöhnung noch weitgehend behindern; die Zügellosigkeit der Leidenschaften und Begierden, die sich nicht selten unter der Maske der Vaterlandsliebe verbergen; und als Folgen dieser Unbeherrschtheit sowohl Streitigkeiten unter den Bürgern als auch jene blinde und schrankenlose Selbstsucht, die nur auf den eigenen Vorteil und Nutzen schaut und alles einzig danach bemißt. Der häusliche Friede ist durch Pflichtvergessenheit und Pflichtvernachlässigung völlig zerrüttet; die Einheit und die Beständigkeit der Familiengemeinschaft ist untergraben; die menschliche Gesellschaft selbst ist erschüttert und treibt dem Abgrunde zu.
31 Das fürderhin alljährlich wiederkehrende Christkönigsfest gibt Uns jedoch Anlaß zu der Hoffnung, daß die Menschheit sich bald zu ihrem liebenswertesten Erlöser zurückfinden wird. Es wäre nun freilich Pflicht der Katholiken, mit eifriger Bemühung diese Rückkehr herbeizuführen und zu beschleunigen. Aber es scheinen viele unter ihnen nicht jene gesellschaftliche Stellung noch jenen Einfluß zu besitzen, die eigentlich jene haben sollten, welche die Fackel der Wahrheit hochhalten. Dieser Mißstand ist vielleicht der Gleichgültigkeit und Furchtsamkeit der Guten zuzuschreiben, die des Kampfes sich enthalten oder nur schwachen Widerstand leisten. Dadurch werden aber die Feinde der Kirche umso unverfrorener und verwegener. Wenn aber einmal alle Gläubigen einsehen, daß sie unter dem Feldzeichen des Christkönigs mit Mut und Ausdauer kämpfen müssen, dann werden sie doch mit apostolischem Eifer danach trachten, die entfremdeten und unwissenden Seelen zum Herrn zurückzuführen, und sie werden sich bemühen, seine Rechte unverletzt zu bewahren.
32 Scheint es nun nicht, daß ein Christkönigsfest, das alljährlich und allerorten gefeiert würde, viel dazu beitragen könnte, jenen öffentlichen Abfall laut zu verurteilen und wieder gutzumachen, den der Laizismus zum größten Schaden der Gesellschaft herbeigeführt hat? Je mehr man bei internationalen Konferenzen und in den Parlamenten den liebreichsten Namen Unseres Erlösers mit ungebührlichem Schweigen übergeht, desto lauter müssen wir ihn in die Welt hineinrufen und die Rechte der königlichen Würde und Macht Christi überall verkünden.
33 Wer gewahrt nicht, wie sich seit Ausgang des verflossenen Jahrhunderts in glücklicher und wunderbarer Weise der Weg für die ersehnte Einführung dieses Festtages geebnet hat? Jedermann weiß, wie einsichtig und lichtvoll die Christkönigsverehrung überall auf dem Erdenrunde durch zahlreiche Schriften in den verschiedensten Sprachen dargelegt wurde; wie ferner Christi Reich und Herrschaft bereits durch jene fromme Übung anerkannt wurde, durch die fast zahllose Familien sich dem heiligsten Herzen Jesu weihten und widmeten. Und nicht nur Familien taten dies, sondern Staaten und Reiche; ja, nach Wunsch und Anleitung Leos XIII. wurde sogar die ganze Menschheit im Heiligen Jahr 1900 dem göttlichen Herzen geweiht.
34 Und Wir wollen nicht verschweigen, daß zur feierlichen Bekräftigung dieser königlichen Herrschaft Christi über die Menschheit die zahlreichen Eucharistischen Kongresse in erstaunlicher Weise beitrugen. Sie werden eben in der Absicht abgehalten, um die Gläubigen der einzelnen Bistümer und Gegenden, der Nationen, ja selbst der ganzen Welt zur Verehrung und Anbetung des unter den eucharistischen Gestalten verborgenen Christkönigs einzuladen. Durch Ansprachen in den Versammlungen und in den Kirchen, durch gemeinsame Anbetung des öffentlich ausgesetzten Altarssakramentes, durch prunkvolle Prozessionen will man Christus als den vom Himmel geschenkten König ehrend grüßen. Mit Recht darf man behaupten, daß das christliche Volk unter dem Antrieb einer göttlichen Eingebung den Heiland, der in diese Welt gekommen ist und den die Gottlosen nicht anerkennen wollten, aus der Stille und Verborgenheit der Heiligtümer hervorholen will, um ihn wie einen Sieger durch die Straßen der Städte zu geleiten und in seine königlichen Rechte wieder einzusetzen.
35 Zur Ausführung Unseres Vorhabens bietet fürwahr das Heilige Jahr, das seinem Ende entgegeneilt, die allergünstigste Gelegenheit. Denn nachdem nun der allgütige Gott Herz und Sinn der Gläubigen den himmlischen Gütern, die jede menschliche Vorstellung übertreffen, neu erschlossen hat, ist ihnen auch das Geschenk seiner Gnade von neuem zuteil geworden; andere wurden auf dem rechten Wege bestärkt, indem er ihren Eifer neu entfachte zum Streben nach größerer Vollkommenheit. Ob Wir also die vielen an Uns gerichteten Bitten berücksichtigen oder auf die Ereignisse dieses Jubeljahres zurückblicken, alles berechtigt uns zu der Annahme, daß der von allen ersehnte Tag angebrochen ist, an dem Wir verkünden, daß Christus als König der ganzen Menschheit mit einem eigenen und besonderen Feste gefeiert werden müsse.
In diesem Jahre wurde ja, wie Wir eingangs bemerkt haben, dieser göttliche, «in seinen Heiligen» wahrhaft «wunderbare» König in glorreicher Weise verherrlicht durch die Erhebung einer neuen Reihe seiner Getreuen zu den Ehren der Heiligkeit; in diesem Jahre konnte auch jedermann auf einer außergewöhnlichen Missionsausstellung die Siege bewundern, welche die Boten des Evangeliums in der Ausbreitung seines Reiches für Christus errungen haben. In diesem Jahre endlich gedachten Wir, anläßlich der Jahrhundertfeier des Konzils von Nizäa, der feierlichen Verkündigung der Wesenseinheit des fleischgewordenen Wortes mit dem Vater, einer, Glaubenswahrheit; auf die sich Christi Königsherrschaft über alle Völker wie auf ihre, Grundlage stützt.
36 So setzen Wir denn kraft Unserer Apostolischen Autorität das Fest Unseres Herrn Jesus Christus als König ein und bestimmen, daß es in allen Ländern der Erde am letzten Sonntag des Oktobermonats gefeiert werden soll, also am Sonntag, der dem Allerheiligenfeste unmittelbar vorangeht. Ferner verordnen Wir, daß alljährlich am gleichen Tage die Weihe der ganzen Menschheit an das heiligste Herz Jesu erneuert werden soll, wie dies Unser Vorgänger Pius X. seligen Andenkens alljährlich zu wiederholen anbefohlen hatte. Dieses Jahr zwar wollen Wir, daß dies am 31. dieses Monates geschehe; an diesem Tage werden Wir selbst ein feierliches Pontifikalamt zu Ehren Christi, des Königs, abhalten, und Wir werden verordnen, daß diese Weihe auch in Unserer Gegenwart erfolge. Wir glauben, das Heilige Jahr nicht besser und ehrwürdiger beschließen zu können; noch könnten Wir Christus, «dem unsterblichen König der Jahrhunderte», einen besseren Beweis Unserer eigenen Dankbarkeit wie auch der Dankbarkeit aller Katholiken geben für die Uns, der Kirche und dem ganzen katholischen Erdkreis während dieses Heiligen Jahres erwiesenen Wohltaten.
37 Es ist nicht notwendig, Ehrwürdige Brüder, Euch hier eingehend darzulegen, warum Wir ein Christkönigsfest eingesetzt haben im Unterschied zu jenen anderen Festen, die doch die Königswürde Christi in gewisser Hinsicht auch betonen und verherrlichen. Es genüge der Hinweis, daß Christus wohl bei allen Festen unseres Herrn der sachliche Gegenstand (Materialobjekt) ist, daß sie jedoch einen Betrachtungsgegenstand (Formalobjekt) haben, der sowohl im Gesichtspunkt wie in der Bezeichnung völlig verschieden ist vom Königtum Christi.
38 Aus folgendem Grund haben wir sodann dieses Fest auf einen Sonntag angesetzt: es soll nicht nur die Geistlichkeit mit Opferfeier und Breviergebet dem göttlichen König huldigen; ohne durch seine gewöhnlichen Beschäftigungen behindert zu sein, soll auch das Volk im Geiste heiliger Freude ein offenes Zeugnis seines Gehorsams und seiner Ergebenheit Christus gegenüber ablegen können. Der letzte Sonntag im Monat Oktober scheint Uns schließlich mehr als jeder andere für diese Feier geeignet zu sein, weil mit ihm der Kreislauf des liturgischen Jahres sozusagen abgeschlossen ist. So erfahren die im Verlaufe des Jahres gefeierten Geheimnisse des Lebens Jesu Christi durch das Christkönigsfest gleichsam ihre Vollendung und ihre Krönung; und ehe wir die Glorie aller Heiligen feiern, verherrlichen Wir den, der in allen Heiligen und Auserwählten triumphiert.
39 Das wird nun, Ehrwürdige Brüder, Eure Pflicht und Eure Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß alljährlich vor diesem Feste an geeigneten Tagen in jeder Pfarrei Unterweisungen erteilt werden. Dadurch sollen die Gläubigen über das Wesen, den Sinn und die Bedeutung dieses Festes genau aufgeklärt werden, damit sie eine Lebenshaltung einnehmen, die jenen ziemt, die aufrichtige und treue Untergebene des göttlichen Königs sein wollen.
40 Am Ende dieses Schreibens möchten Wir, Ehrwürdige Brüder, noch kurz jene Vorteile darlegen, die Wir Uns von dieser öffentlichen Christkönigsverehrung erwünschen und versprechen, und zwar zum Besten der Kirche und des Staates wie auch der einzelnen Gläubigen.
Dank der Verpflichtung, der Königsherrschaft unseres Herrn und Meisters die genannten Ehrenbezeugungen zu erweisen, werden die Menschen notwendig an folgende Rechte der Kirche erinnert: die Kirche, welche von Christus als vollkommene Gesellschaft gegründet wurde, muß aus höchst eigenem, unveräußerlichem Recht volle Freiheit und Unabhängigkeit von der bürgerlichen Gewalt für sich beanspruchen. Ferner kann die Kirche in der Ausübung ihres göttlichen Amtes, zu lehren, zu leiten und alle Glieder des Reiches Christi zur ewigen Seligkeit zu führen, nicht von fremder Willkür abhängen.
Überdies soll der Staat den religiösen Orden und Gemeinschaften beiderlei Geschlechtes die gleiche Freiheit einräumen. Es sind dies nämlich für die Oberhirten gewichtige Hilfskräfte, die in ganz hervorragender Weise an der Ausbreitung und Festigung des Reiches Christi arbeiten. Denn sie bekämpfen durch ihre dreifachen Gelübde die dreifache Begierlichkeit der Welt, und durch die Betätigung eines vollkommeneren Lebens bewirken sie, daß jene Heiligkeit, die nach dem Willen des göttlichen Gründers ein Kennzeichen der Kirche sein soll, beständig und mit täglich wachsendem Glanze vor aller Augen aufstrahle.
41 Für die Staaten aber wird die alljährliche Feier dieses Festes eine Mahnung sein, daß die Staatenlenker und Behörden, so gut wie die einfachen Bürger, die Pflicht haben, Christus öffentlich zu ehren und ihm Gehorsam zu leisten. Sie wird stets den Gedanken an jenes Jüngste Gericht in ihnen wachhalten, bei dem Christus, der aus dem öffentlichen Leben verbannt und aus Verachtung vernachlässigt und übergangen wurde, unerbittlich streng solch schmähliche Mißhandlung rächen wird. Es ist eine Forderung seiner göttlichen Würde, daß die ganze menschliche Gesellschaft sich nach den göttlichen Gesetzen und den christlichen Grundsätzen sichte, sowohl in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung, wie auch in der Heranbildung der Jugend zu gesunder Lehre und zu sittlicher Unbescholtenheit.
42 Wunderbar ist es sodann, welch sittliche Kraft und hohe Tugend die Gläubigen aus der Erwägung dieser Wahrheiten gewinnen können, um ihre Seelen gemäß dem wahren, christlichen Lebensideal heranzubilden. Wenn nämlich Christus, dem Herrn, alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden, wenn die Menschen, die mit seinem kostbaren Blute erkauft sind, unter einem neuen Gesichtspunkt seiner Herrschaft unterworfen werden, wenn endlich diese Herrschaft das ganze menschliche Wesen umfaßt, dann ergibt sich daraus, daß keine einzige Fähigkeit sich dem Einfluß dieser höheren Gewalt entziehen darf.
Christus soll also herrschen über den Verstand des Menschen, der in vollkommener Unterwerfung seiner selbst den geoffenbarten Wahrheiten, den Lehren Christi fest und beständig beipflichten muß; herrschen soll Christus über den Willen, der den göttlichen Gesetzen und Vorschriften folgen muß; herrschen soll er über das Herz, das die natürlichen Gefühle zurückdrängen und Gott über alles lieben und ihm allein anhangen muß; herrschen soll er im Leibe und in seinen Gliedern, die als Werkzeuge oder, um mit dem Apostel Paulus zu reden, als Waffen der Gerechtigkeit für Gott[41] zur inneren Heiligung der Seele dienen sollen. Wenn all diese Gedanken den Gläubigen zur Betrachtung und Beherzigung vorgelegt werden, so werden sie umso leichter zur höchsten Vollkommenheit gelangen.
43 Gebe Gott, Ehrwürdige Brüder, daß auch die Fernstehenden zu ihrem Heile nach dem sanften Joch Christi verlangen und es auf sich nehmen, und daß wir alle, die wir durch Gottes barmherzigen Ratschluß seine Hausgenossen sind, dieses Joch nicht mit Widerwillen, sondern mit Hingabe, mit Liebe und in heiliger Ehrfurcht tragen. Dann werden wir durch ein Leben, das ganz den Gesetzen des Gottesreiches entspricht, eine reiche Ernte guter Früchte einheimsen und, einst von Christus als gute und treue Diener befunden, in seinem himmlischen Reiche der ewigen Seligkeit und Herrlichkeit teilhaftig werden.
Dieser Unser Glückwunsch sei für Euch, Ehrwürdige Brüder, anläßlich des bevorstehenden Geburtsfestes Unseres Herrn Jesus Christus ein Beweis Unserer väterlichen Liebe; und als Unterpfand der göttlichen Gnaden empfanget den Apostolischen Segen, den Wir Euch, Ehrwürdige Brüder, Eurer Geistlichkeit und Eurem Volk von ganzem Herzen erteilen.
Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 11. Dezember
des Heiligen Jahres 1925, im vierten Jahre Unseres Pontifikates
PAPST PIUS XI.
[1] Vgl. Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano, vom 23. Dezember 1922. AAS XIV (1922) 673–700.
[2] Eph. 3,19.
[3] Dan. 7,13–14.
[4] Vgl. Num. 24,19.
[5] Vgl. Ps. 2.
[6] Ps. 44 (45) 7.
[7] Ps. 71 (72) 7–8.
[8] Is. 9,6–7.
[9] Jer 23,5.
[10] Dan. 2,44.
[11] Dan. 7,13–14.
[12] Zach. 9,9.
[13] Vgl. Luk. 1,32–33.
[14] Vgl. Matth. 25,31–40.
[15] Vgl. Joh. 18,37.
[16] Matth. 28,18.
[17] Geh. Off. 1,5.
[18] Geh. Off. 19,16.
[19] Hebr. 1,2.
[20] Vgl. 1 Kor. 15,25.
[21] Cyrillus von Alexandrien, In Joannis Evangelium, lib. XII, C. XVIII, 38. PG 74, 622.
[22] 1 Petr. 1,18–19.
[23] 1 Kor 6,20.
[24] 1 Kor 6,15.
[25] Vgl. Konzil von Trient, Sess. VI, c. 21. Denzinger Nr. 831.
[26] Vgl. Joh 14,15; 15,10.
[27] Joh 5,22.
[28] Vgl. Joh 18,36.
[29] Aus dem Hymnus Crudelis Herodes, zum Fest der Erscheinung des Herrn.
[30] Leo XIII., Rundschreiben Annum sacrum vom 25. Mai 1899. ASS XXXI (1898–1899) 647.
[31] Apg. 4,12.
[32] Augustinus, Epist. CLV ad Macedonium, c. III 9. PL 33, 670.
[33] Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano vom 23. Dezember 1922. AAS XIV (1922) 683.
[34] 1 Kor. 7,23.
[35] Kol. 1,20.
[36] Matth. 20, 28.
[37] Matth. 11,30.
[38] Leo XIII., Rundschreiben Annum sacrum vom 25. Mai 1899 ASS XXXI (1898–1899) 647.
[39] Augustinus, Sermo IV de Script., 34. PL 38, 52.
[40] Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano vom 23. Dezember 1922. AAS XIV (1922) 673–700.
[41] Röm. 6,13.
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