Chur – Priesterweihe am 26. Mai 2018

Homilie von Bischof Vitus Huonder anlässlich der Priesterweihe am 26. Mai 2018

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Homilie von Bischof Vitus Huonder anlässlich der Priesterweihe am 26. Mai 2018

Mein lieben Alexander, Benjamin, Peter und Stephan,

Ihr kommt als Diakone. Ihr tretet als Diener vor den Bischof. Ja, Diener seid Ihr. Ihr seid dazu geweiht, dem Herrn und den Menschen zu dienen: dem Herrn als dem Sendenden, den Menschen als den vom Herrn Erlösten, als seinen geliebten Kindern. Euer Auftrag zum Dienst geht vom Herrn aus und findet bei den Menschen seine Vollendung. Denn durch Euren Dienst will der Herr die Menschen in sein Volk aufnehmen, sie als Glieder seines Volkes begleiten und sie hin geleiten zum letzten Ziel, zum ewigen Leben, zur ewigen Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott. Auf diese Weise erfüllt der Herr eine Verheissung des Alten Bundes: So unzählbar das Heer des Himmels und so unmessbar der Sand des Meeres ist, so zahlreich mache ich die Nachkommen meines Knechtes David und die Leviten, die mir dienen (Jer 33,22).

Heute quittiert Ihr diesen Dienst nicht. Heute wartet auf Euch ein zusätzlicher, ein noch grösserer Dienst, der grösste Dienst, den Ihr im Auftrag des Herrn den Menschen erweisen dürft: Der Dienst am Altar, der eigentlich priesterliche Dienst. Dabei steigt Ihr nicht auf zu Herren. Ihr werdet um eine weitere Weihestufe Diener. Der Anspruch an Euren Dienst wird grösser. Die erste Weihestufe ist der Diakonat des so genannten Dienstes an den Tischen (Apg 6,1-6). Er berücksichtigt die alltäglichen menschlichen Bedürfnisse. Die zweite Weihestufe ist der „Diakonat“ des priesterlichen Dienstes, wie ich bereits sagte, des Dienstes am Altar. Die dritte Weihestufe wäre der „Diakonat“ des episkopalen Dienstes, des Dienstes des Bischofs, der Sorge um die Diener selber, um ihre Bevollmächtigung und um ihre Heiligung.

Ich verweise auf diese verschiedenen Dienste, damit sich niemand rühmt, der zu einer weiteren Weihe zugelassen wird. Wir dürfen dies nicht mit einem Aufstieg verwechseln wie etwa in einer Firma zum Vizedirektor oder zum Direktor. Die neue Weihestufe ist kein Aufstieg im Sinne der Karriere, sie ist ein Einstieg in einen noch verantwortungsvolleren Dienst, in noch mehr Mühe, in Mehrarbeit und daher in eine noch grössere Bescheidenheit und Demut. Ein Priester muss ein Modell der Demut sein. Denn Jesus sagt ausdrücklich: Der Grösste von euch soll euer Diener sein (Mt 23,11). Gute Priester werdet Ihr nur dann, wenn Ihr dieses Wort tief in Eure Herzen einschreibt, wenn Ihr in einer aufrichtigen Gesinnung des Dienstes Eure Hände in die Hände des Bischofs legt; in einer Gesinnung, die nicht Ehre sucht, Ansehen und Selbstverwirklichung, sondern in einer Gesinnung, die Jesus immer wieder fragt: Was kann ich für dich und die Deinennoch tun, Herr? Grösser wird Eure Vollmacht. Grösser wird daher auch Eure Verantwortung; grösser das, was Ihr als Diener zu geben habt. Denn viel wird Euch gegeben. Durch die Weihe werdet Ihr viel Gnade empfangen. Viel wird daher von Euch zurückgefordert werden (Vgl. Lk 12,48).

Dieses „Viel“, das Euch gegeben wird, und das Ihr für das Heil der Menschen einsetzen sollt, ist vor allem der Dienst am Altar, der priesterliche Dienst im engeren Sinn. Es ist der Dienst, von welchem sich alle weiteren Dienste ableiten, zu welchem anderseits alle anderen Dienste hinführen: Es ist der Dienst am Gnadenschatz des Kreuzesopfers unseres Herrn Jesus Christus, an jenem Gnadenschatz, von welchem der Brief an die Hebräer sagt: Jesus hat, weil er in Ewigkeit bleibt, ein unvergängliches Priestertum. Darum kann er auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten (Hebr 7,24-25). Ihr werdet Diener des unvergänglichen Priestertums unseres Herrn. Das ist der gewaltige Unterschied zum Priestertum des Alten Bundes. Dass Jesus Euch vergänglichen Menschen sein unvergängliches Priestertum anvertraut, das ist gewaltig. Dass er in Euch allezeit als Hoherpriester leben will, um für die Menschen einzutreten, das lässt sich nicht mehr in Worte fassen. Das ist das „Viel“, welches Ihr bekommt und welches Ihr den Menschen zu ihrem Heil schenken dürft: Euer Priestertum, das Priestertum, das sich ganz besonders imDarbringen des heiligen Messopfers verwirklicht. Deshalb wiederhole ich: Angesichts dieser Gnadengabe muss ein Priester ein Modell der Demut sein. Und ich verstehe Demut nicht als Ängstlichkeit oder Verzagtheit, sondern immer auch als Mut, die Wahrheit unseres Glaubens zu bekennen, vor allem auch die Wahrheit des Priestertums, und dieser Wahrheit entsprechend zu leben.

Der priesterliche Dienst verlangt eine volle und lautere Hingabe von Eurer Seite. Ich gehe davon aus, dass Ihr euch bei der Vorbereitung entsprechend Rechenschaft gegeben habt, und dass Ihr heute in dieser reinen, lauteren Absicht der Hingabe hier seid; in einer Haltung, auf welche der Bischof ganz besonders mit den Worten aufmerksam macht: Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes. Diese Worte fassen die ganze priesterliche Spiritualität zusammen. Sie sind die beste Anleitung für ein priesterliches Leben. Wenn die Priester ihr Amt immer in dieser Gesinnung ausgeübt hätten, ich glaube, dann hätte es in der Kirchengeschichte nie, jedenfalls weniger, zu Unzufriedenheit, zu Abfall, zu Spaltung, zu Reformation und zu weiterer Auflehnung kommen können. In diesen Worten liegt das Geheimnis der Einheit, des Friedens und der brüderlichen Liebe: Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.

Werfen wir noch einen Blick auf das Evangelium (Joh 17,11-19). Es ist ein Teil des Gebetes am Schluss der Abschiedsworte unseren Herrn. Die Abschiedsworte in Joh 13 – 17 waren das Testament Jesu für seine Jünger, in unsere Zeit hineingestellt für die Priester. Es sind Hinweise für ihr Leben, für ihre Aufgabe. Sie enden mit dem Gebet 17,1-26. Ich betrachte dieses Gebet als das Weihegebet, das Gebet der „Priesterweihe“ der Apostel, der Jünger, Vorbild für das Weihegebet der Kirche. Das zeigt sich insbesondere bei den Worten 17, 15-19: Heiliger Vater […] Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

„Heilige sie in der Wahrheit“ – Sanctifica eos in veritate. Die Weihe, die Heiligung, ist ein Akt, durch den der Kandidat ganz in den Dienst Gottes, in den Dienst seiner Sendung gestellt und wodurch er befähigt wird, in der Vollmacht des Herrn zu wirken. Auch Ihr seid in diesen Worten des Herrn mit gemeint: Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind. Der Herr hat sich auch für Euren Dienst, für Euer Priestertum am Kreuz geheiligt. Heiligt nun Ihr das Volk Gottes ganz besonders, indem Ihr in ständiger Bereitschaft mit Liebe und Ehrfurcht das Opfer des Kreuzes vollzieht.

Amen.

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