Requiem für eine Kirche

Deshalb geht es St. Florian nun an die Fundamente

Quelle
KathTube
– Trailer – Der Film ´Requiem für eine Kirche´ von Christoph Böll erzählt hemmungslos, dass der Abriss einer Kirche eine emotionale Katastrophe ist
Requiem

Techniker können irren. Politiker nie. Deshalb wird die Ustraba in Wien trotzdem gebaut. Und hier fängt unsere Geschichte eigentlich erst an, interessant zu werden.

Jede moderne industrielle Grossstadt zeichnet sich durch Konzentration der Dienstleistungsbetriebe (des sogenannten „tertiären Sektors“ der Wirtschaft) im Stadtzentrum aus. Auch in Wien ist es nicht anders. Auch in Wien aber wohnen die Arbeitskräfte dieses tertiären Sektors – und sie machen bereits über 50 Prozent aller Beschäftigten aus – in den Randgebieten der Stadt, und gerade sie sind es, die ihre typischen „Zimmer-Kuchl“-Wohnungen als nicht mehr annehmbar empfinden.

Die Stadtverwaltung, zum Umbau der Wohn-Facilities genötigt, wirft sich daher auf den Bau von Stadtrand-Quartieren für 10 000, 20 000 und mehr Einwohner – sie baut genau das, was unter der Bezeichnung „Schlafstädte“ berüchtigt ist, weil es den schleichenden Suburb-Koller erzeugt und den Individualverkehr stark vermehrt, denn alle Schlafstadt-Bewohner wollen der lockeren Verbauung wegen mit dem Auto fahren, womit sie die City, ihren Arbeitsort, noch mehr verstopfen.

Das also ist die städtebauliche Situation in Wien, und nur vor diesem Hintergrund ist der Fall der Rauchfangkehrerkirche zu verstehen. Man hat nämlich einen Ustraba-Ast, der von einer Schlafstadt im Süden kommt und zur Dienstleistungsstadt in der City führt, der Eile wegen so geschickt projektiert, dass die Rampe zur Strassenoberfläche gerade unter die Rauchfangkehrerkirche zu liegen kommt. Deshalb geht es St. Florian nun an die Fundamente.

Dabei könnte die alte Kirche durchaus stehenbleiben, wenn man gleich eine richtige U-Bahn, eingebettet in ein grosses Systemnetz, geplant hätte – wobei es noch fraglich ist, ob eine einzige U-Bahnlinie ein aufgelockertes Stadtrandquartier von 30 000 Einwohnern überhaupt ausreichend bedienen kann. Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen Schlafstadt wären nämlich mehrere rasche, geschmeidige Verkehrsverbindungen mit dem Zentrum, die keineswegs allein auf der Schiene aufgebaut sein müssten. Wien hat aber weder Stadtautobahn- noch U-Bahnplanung, was den seinerzeitigen Stadtplaner zu den historischen Worten im offenen Gemeinderat hinriss: „Ich werde doch nicht eine U-Bahn projektieren, wenn es die Mehrheit des Hauses nicht will.“ Wobei dieses U-Bahn-Tabu, wie gesagt, nur darauf zurückgeht, dass die Rathaus-Opposition die U-Bahn seit eh und jeh als Steckenpferd betrachtet hat und ein waschechter Politiker doch nicht machen darf, was der Gegner verlangt. So kommt es, dass im Wiener Rathaus nun akute Ustraba-Planungstechnik herrscht und die Rauchfangkehrerkirche unter die Räder kam.

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