Impuls zum 16. Sonntag im Jahreskreis – Lk 18,8

Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt, Glauben finden auf Erden? – UPDATE

Zenit.org,, 21. Juli 2017, Peter von Steinitz

Im heutigen Sonntagsevangelium erzählt der Herr zwei Gleichnisse, die das Himmelreich darstellen sollen. Das Gleichnis vom Bauer, der guten Weizen sät und sich wundert, dass Unkraut mit aufwächst, für das er nicht verantwortlich ist. Sowie das Gleichnis vom Sauerteig, den eine Frau unter eine grosse Menge Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.

Später erläutert der Herr die Gleichnisse seinen Jüngern. In den Worten über das Unkraut, das der Teufel zwischen die Saat des Evangeliums gesät hat, schwingt die Trauer Jesu darüber mit, dass so viele Mühe vielleicht umsonst sein wird.

“Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?” (Lk 18,8)

Es handelt sich bei diesem Wort, das Jesus bei anderer Gelegenheit ausspricht, offensichtlich um eine Art von Prophezeiung. Wenn man die Frageform beiseite lässt, heisst es:

Es wird möglicherweise beim zweiten Kommen Christi auf der Erde kaum noch den christlichen Glauben geben.

Die Frage ist, wie schon seit zweitausend Jahren, wann ist das zweite Kommen Christi zu erwarten? Bereits die ersten Christen lebten bekanntlich in der ‘Naherwartung’. Aber auch wenn der Herr seit so langer Zeit nicht wieder gekommen ist, so heisst das nicht, dass die Wiederkunft niemals stattfindet.

Gott hat einen langen Atem. Denken wir nur an die Zeit vor der Babylonischen Gefangenschaft. Bevor das auserwählte, aber in Verblendung geratene Volk der Juden die harte Strafe der Verbannung nach Babylon erlebte, gab es jahrzehntelang vorher immer wieder mehr oder weniger verhüllte Prophezeiungen auf das Geschehen hin. Da es sich aber in so langer Zeit nicht erfüllte, dachten viele, es würde nicht mehr stattfinden, oder die Vorhersage wäre vielleicht ein Irrtum.

So ist es auch mit der Wiederkunft des Herrn. Ob sie sich in nächster Zeit oder erst in vielen Jahrhunderten ereignen wird, ist offen.

Ein Vorzeichen wäre aber – so kann man das Wort des Herrn deuten – das Schwinden des Glaubens an Christus. Mit den Worten des Gleichnisses: ein massives Überhandnehmen des Unkrauts.

Ein weiteres Vorzeichen ist nach der Geheimen Offenbarung des Johannes, den Apostelbriefen und der Tradition das Auftreten des Antichristen, der sich den Unglauben an Christus zunutze machen wird und alle Aufmerksamkeit auf sich, den falschen Christus lenken wird.

Im 2. Thessalonicherbrief spricht Paulus von diesem falschen Christus: „Niemand soll euch irreführen in irgendeiner Weise, denn es muss unbedingt zuerst der Abfall kommen und der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, geoffenbart werden, der Widersacher, der sich über alles erhebt, was Gott oder Gegenstand der Verehrung heisst, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst als Gott erklärt. Denkt ihr nicht mehr daran, dass ich euch solches sagte, als ich noch bei euch war? Und nun wisst ihr ja, was noch aufhält, dass er geoffenbart werde zu seiner Zeit. Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Werk, nur muss der, welcher jetzt aufhält, erst aus dem Wege geschafft werden; und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, welchen der Herr Jesus durch einen Hauch seines Mundes aufreiben, und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft vernichten wird. (vgl. Off 19,15)

Die Lehren des Antichristen, die bei den Menschen auf breite Zustimmung stossen, werden geprägt sein von einer Umkehrung aller Werte. Was gut ist, wird schlecht genannt werden, und schlecht ist plötzlich gut. Alles wird auf den Kopf gestellt werden.

Mit dichterischer Kraft sagt Nietzsche das in seiner Schrift “Der Antichrist” so: „Aber meine Wahrheit ist furchtbar, denn man hiess bisher die Lüge Wahrheit. – Umwertung aller Werte, das ist meine Formel für einen Akt höchster Selbstbesinnung der Menschheit, der in mir Fleisch und Genie geworden ist“ (Ecce Homo, Warum ich ein Schicksal bin, 1, KSA 6, 365).

Eigenartigerweise haben auch die Muslime eine ähnliche Vorstellung vom Antichristen, den sie Dajjal nennen, und von dem sie die gleichen Aussagen bezüglich der Umwertung aller Werte machen. In einem der Hadithen, der mündlichen Überlieferung des Islam, heisst es: “Der Dajjal wird die Menschen dadurch täuschen, dass es ihm gelingt, das Gute als das Böse und das Böse als das Gute darzustellen. Er wird ein Meister darin sein, die Herzen der Menschen mit Zweifeln zu erfüllen”.

Unabhängig davon, ob diese prekäre Zeit nahe bevorsteht oder nicht, erleben wir in den letzten Jahren immer wieder, wie eine solche Umwertung der Werte vorgenommen wird. Immer wieder soll ein Lieblingsthema der Linksliberalen, allen Frauen in Europa, ja in der ganzen Welt das ‘Recht auf Abtreibung’ zu vermitteln, durchgeboxt werden.

Ähnlich verhält es sich mit der sog. Homo-Ehe. Was früher total verpönt war, ist jetzt etwas Gutes und Richtiges.

In mehreren Ländern Europas gibt es die eigentlich immer abgelehnte Euthanasie. Hier kann man beobachten, wie das Böse immer weiteres Böses nach sich zieht: längst wird nicht jedes Mal gefragt, ob der Betreffende euthanasiert werden möchte. Und nun sollen auch Kinder von dieser ‚Errungenschaft‘ Gebrauch machen können!

Wenn Paulus, etwas geheimnisvoll, sagt, dass etwas den Antichristen noch aufhält, so ist oft gerätselt worden, was das ist, das ihn aufhält, und das zuerst beseitigt werden muss.

Der grosse Theologe Hugo Rahner vertritt die Ansicht, dass es das Papsttum ist, das das Erscheinen des Antichrist noch aufhält. In der Tat war ja der Papst immer die universale moralische Institution, die sich einem massiven moralischen Verfall entgegenstellt hat. Wenn das so ist, dann gilt es, darum zu kämpfen und dafür zu beten, dass es immer einen guten Papst gibt, der dem Unkraut wehrt.

Und dann ist da die Aufforderung an uns alle, wirklich Sauerteig zu sein für die Gesellschaft, mag sie noch so antichristlich sein.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.  Der Fe-Medienverlag hat einige ZENIT-Beiträge vom Autor als Buch mit dem Titel „Der Stein, den die Bauleute verwarfen“ herausgebracht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel