Sämtliche Briefe An die Männer der Politik

Caterina von Siena – Sämtliche Briefe An die Männer der Politik

Verlag St.Josef (9)
Katharina von Siena – Heiligenlexikon

Klappentext

Es gibt viele, die über Städte und Burgen herrschen, aber über sich selbst keine Kontrolle haben. So aber ist jede Herrschaft ärmlich und unbeständig.
(Br. 254 an Pietro Tolomei)

Jene, die sich nicht selbst beherrschen können, sind auch nicht geeignet und fähig, andere zu regieren.
(Br. 121 an die Regierung von Siena)

Dieser elende Mensch, der dazu bestellt wurde, die Stadt zu regieren (und sich nicht einmal selbst regieren kann!), drückt die Augen zu und geht sogar so weit, dass er jene für schuldig erklärt, die im Recht sind, und die Schuldigen freispricht.
(Br. 367 an die Regierung von Siena)

Adressaten der Briefe sind:

Könige
Regierungen
Stadtväter
Richter
Senatoren
Grafen
Herrscher
Soldaten

Rezension: “Eine Frau, die sich was traut”

(die-tagespost.de) Unter diesem Titel wurde in der Zeitung “Die Tagespost” am 17.10.2009 die folgende Rezension von Urs Buhlmann veröffentlicht:

Berühmt ist sie schon lange und nicht erst seit Papst Paul VI. sie 1970 zur Kirchenlehrerin erhoben hat, eine Ehre, die Johannes Paul II. noch erhöhte, indem er den „Schutzengel der Kirche“, wie er sie nannte, zehn Jahre später neben Birgitta von Schweden und Sr. Teresia Benedicta a Cruce zur Mitpatronin Europas proklamierte. Berühmt ist Katarina, die als 24. Kind des Färbers Benincasa 1347 in Siena geboren wird, vor allem für eines: Durch ihre ermunternden und nachdrücklichen Worte bewegt sie – damals war sie 28 Jahre alt – Papst Gregor XI. dazu, Avignon zu verlassen und nach Rom zurückzukehren. Einer schlichten Angehörigen des III. Ordens der Dominikaner gelingt es, die „babylonische Gefangenschaft“ der Päpste in Südfrankreich zu beenden, wohin die Nachfolger Petri 1309 gezogen waren und sich damit unter den er drückenden Einfluss der französischen Könige begeben hatten. Jener Papst Gregor, selber Franzose, hört auf die Italienerin und verlässt im September 1376 gegen den wütenden Widerstand seiner Umgebung Avignon, um an den Tiber zurückzukehren.

Das Medium des Briefes war es, mit dem Katarina Einfluss auf die Weltgeschichte genommen hat. 380 Briefe sind von ihr erhalten, die aber, da sie selber erst spät, wenn überhaupt, lesen und schreiben lernte, allesamt diktiert wurden. Seit Jahren müht sich die St. Josef Gemeinschaft in Kleinhain bei St. Pölten, deren Moderator Werner Schmid ein hervorragender Kenner der Nationalpatronin Italiens ist, um die Herausgabe ihrer Briefe und weiterer Schriften zur Heiligen. Bei Band 9 ist man mittlerweile angekommen, Briefe „an die Männer der Politik“ überschrieben und wie alle Bände dieser Reihe exzellent ediert und ausgestattet: Farbige Abbildungen zeitgenössischer Kunstwerke und Bauten mit Bezug auf die Briefpartner schmücken den Band. Der jeweiligen Briefgruppe wird eine historische Einführung und eine Kurz-Zusammenfassung der jeweiligen Schreiben vorangestellt, die Briefe selber sind von Rita Manlik – De Cesaris in lebendiges Deutsch übertragen worden. Ein bunter Reigen von Königen, Ratsherren, Richter und Söldnerführer sind die Empfänger der hier abgedruckten 54 Briefe: Die Herrscher von Frankreich und Ungarn sind darunter, und das Staunen darüber verlässt einen nicht, wie die mit mystischen Visionen begabte, mit 27 Jahren stigmatisierte und, auch nach damaligen Massstäben, gänzlich ungebildete Frau mit den Mächtigen ihrer Zeit spricht. Ihre Schreiben – häufig diktierte sie mehrere gleichzeitig – entsprangen Zuständen visionärer Entzückung, die sich aber in fliessend gesprochenen Sätzen mitteilten.

Lange Vorreden gibt es nicht, diese Frau hat keine Zeit zu verlieren: „Ich Catarina, Dienerin und Magd der Diener Jesu Christi, schreibe Euch in seinem kostbaren Blut. Ich möchte Euch als treuen Diener der heiligen Kirche sehen, als Säule und Verteidiger dieser treuen Braut Christi“, heisst es etwa gleich zu Beginn in dem Brief an den umbrischen Söldnerführer Tommaso d’Alviano, mit dem sie diesen dazu bewegen will, militärisch und finanziell der Kirche, also dem Papsttum, zu Hilfe zu kommen. An Karl III. von Anjou Durazzo, seit 1381 König von Apulien, der 1385 den aberwitzigen Versuch unternahm, die Königreiche von Neapel und Ungarn zu vereinen und sechs Wochen später in Visegrád ermordet wurde, einen wegen seiner Grausamkeit und Machtgier berüchtigten Heerführer, schrieb sie, dass er nicht Gott gefallen könne, wenn er nicht zuvor die drei Hauptfeinde bekämpfe: „Die Welt, den Teufel und unser schwaches Fleisch. Das sind die drei Tyrannen, die – egal in welcher Position wir sind – die Gnade in unserer Seele töten, wenn wir mit der Hand unseres freien Willens das Tor (…) öffnen und sie einlassen“. Katarina forderte ihn zunächst zu inneren Umkehr auf, bevor sie ihn dazu bewegen wollte, von nun für die Kirche zu kämpfen. Vergebliches Tun bei diesem ganz von sich selbst und seinen Plänen eingenommenen Kriegsherrn! Immer wieder kommt die Dominikanerin darauf zu sprechen, dass es die menschliche Eigenliebe ist, die sich der göttlichen Barmherzigkeit widersetzt. „Die Eigenliebe ist es, die die Welt vergiftet hat“, sagt sie. Sie mache den Menschen stolz, „da sie ihn glauben lässt, dass das Gute, das er an sich hat, von ihm selbst und nicht von Gott her rührt“. Dem nicht minder ehrgeizigen Sieneser Politiker Pietro Tolomei ruft sie zu: „Es gibt viele, die über Städte und Burgen herrschen, aber über sich selbst keine Kontrolle haben. So aber ist jede Herrschaft ärmlich und unbeständig.“

Klare Worte einer Frau, die keine Angst vor Fürstenthronen kannte. Weil sie sich des Fürsten ihrer Seele allzeit bewusst war, in Gott lebte und war, konnte sie furchtlos und als gute Psychologin den Mächtigen ihrer Zeit ins Gewissen reden und dabei Gottes Ansprüche in aller Klarheit vertreten. „Sweetest of the Saints“ nannte Swinburne die grosse Heilige des Dominikanerordens, die im Alter von 33 Jahren 1380 in Rom stirbt, aber über die innige Jesus-Beziehung hinaus darf die in diesem Band gesammelt vertretene Unbedingtheit und Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Grossen, die sie zunächst zur Umkehr bringen und dann in den Dienst der Kirche stellen wollte, nicht in den Hintergrund treten: Eine Frau, die in der noch fast ausschliesslich von Männern dominierten Frührenaissance ins Rad der europäischen Geschichte greift und auch heutigen Verantwortungsträgern etwas zu sagen hat! Für Rilke war sie „das Gewissen ihrer Zeit“. Wenn sie für Gott eintritt, ist das für sie gleichbedeutend damit, der Kirche den Rücken zu stärken. Denn „die Kirche ist Christus selber“, wie sie weiss, und der Papst „sein Stellvertreter, der süsse Christus auf Erden“.

Mit ähnlich klarer Entschiedenheit trat sie für einen neuen Kreuzzug ein, zu einer Zeit aber, in der diese Ausdrucksform christlichen Eifers schon anachronistisch geworden war. Sie will die Ungläubigen durch das Blut des Gottessohnes, das ja auch für sie vergossen worden ist, erlöst sehen, und sie will – ein schon mehr pragmatisches Argument –, dass die bitteren internen Kämpfe in Italien aufhören, dass nicht mehr Christen gegen Christen kämpfen.

Ob ein solcher neuer Kreuzzug überhaupt erfolgreich sein könnte, ist für Katarina zweitrangig: Das innere Ringen der ins Heilige Land gezogenen Christen gehe in jedem Fall siegreich aus, weil durch den Einsatz für Christus und das vergossene eigene Blut das ewige Leben gewonnen wird. So kann nur sprechen, wer alles sub specie aeternitatis betrachtet. 1375 heisst es da im Brief an den Condottiere Bartolomeo Smeducci da Sanseverino: „Ich lade Euch im Namen des gekreuzigten Christus ein, Euer Blut für sein Blut zu opfern, wenn die Zeit kommen wird, auf die die Diener Gottes warten: wenn sie aufbrechen, um das zurückzuerobern, was uns genommen wurde.“

Zum Bild der Zeit gehört freilich auch, dass die heilige Birgitta von Schweden – Zeitgenossin Katarinas – Papst Gregor XI. ausrichtete, Christus wolle nicht, „dass der Papst Banden gottloser Christen zu seinem Grab schicke“. Vieles kann also entdecken, wer sich in die Briefe dieser bemerkenswerten und gelegentlich verstörenden Frau vertieft. Die mustergültige Edition ihrer Schreiben bietet dazu die Gelegenheit.

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