Der Schutz der heiligen Engel
27. Sonntag im Jahreskreis A (02.10.2005)
Quelle
L1: Jes 5,1-7; L2: Phil 4,6-9; Ev: Mt 21,33-44
Josef Spindelböck
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Am 2. Oktober gedenkt die Kirche der heiligen Schutzengel, sie feiert das „Schutzengelfest“. Heuer werden zwar liturgisch die Messtexte des Sonntags verwendet; es lohnt sich dennoch, nachzudenken über den besonderen Dienst, den die heiligen Engel gemäss dem Heilsplan Gottes uns Menschen erweisen!
Worin besteht die Glaubensüberzeugung der Kirche im Hinblick auf das Dasein und das Wirken der Engel?
Was lehrt die Kirche über sie?
Im Apostolischen Glaubensbekenntnis bezeugen wir, dass wir „an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde“ glauben. Die Schöpfung also das Gesamt der von Gott erschaffenen Welt umfasst nicht nur das Irdische, sondern auch das Himmlische. Gott ist der Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, wie es im Grossen Glaubensbekenntnis von Nicäa und Konstantinopel heisst. Zur unsichtbaren Welt gehören aber jene Wesen, die wir die Engel nennen. Sie sind rein geistige, körperlose, unsterbliche, personale Wesen, die mit Vernunft und Freiheit ausgestattet sind.
Die Engel wurden nach ihrer Erschaffung durch Gott einer Prüfung unterworfen, bevor sie die Anschauung Gottes erlangen konnten. Jene Engel, die Gott treu blieben und ihm dienen wollten, wurden mit der ewigen Seligkeit beschenkt. Der Satan und seine Engel hingegen, welche in ihrem Stolz und in ihrer Verblendung das Motto „Non serviam ich will nicht dienen“ verwirklichten, wurden von Gott aus der seligen Gemeinschaft des Himmels ausgeschlossen und in die Hölle gestürzt.
Im Heilsplan Gottes spielen die heiligen Engel eine wichtige Rolle. Sie sind Boten Gottes, die den Menschen seine Heilsratschlüsse mitteilen. Vor wenigen Tagen war das Fest der heiligen Erzengel Michael, Gabriel und Rafael. Heute denken wir daran, dass „jedem Gläubigen ein Engel als Beschützer und Hirte zur Seite“ steht, „um ihn zum Leben zu führen“, wie es der heilige Basilius ausgedrückt hat. Der grosse Kirchenlehrer und Theologe Thomas von Aquin hat erklärt: „Bei allen unseren guten Werken wirken die Engel mit“ (STh I, q.114, a. 3, ad 3).
Im „Katechismus der Katholischen Kirche“ heisst es (in Nr. 336): „Von seinem Beginn bis zum Tod umgeben die Engel mit ihrer Hut und Fürbitte das Leben des Menschen.“
Wie aber sollen wir uns das Wirken und den Beistand der heiligen Engel für uns Menschen näher vorstehen? Da sie rein geistige Wesen sind, besitzen sie keinen Leib. Diesbezügliche Darstellungen auf Bildern geschehen daher nach Menschenart und haben symbolischen Charakter. Ein Engel besitzt z.B. keine Flügel; diese sind vielmehr ein Bild für die schnelle Bereitschaft, überall den Willen Gottes zu erfüllen. Kritisch müssen wir auch gegenüber einer Verniedlichung der Engel sein, wie sie in den Darstellungen der sog. „Putten“ geschieht. Die Engel sind vielmehr mächtige und erhabene Geister, deren Grösse wir uns gar nicht vorstellen können.
Der Schutz und die Hilfe der heiligen Engel können in der Regel nur von jenen Menschen erfahren werden, die sich selber helfen lassen wollen. Wenn ein Mensch beschliesst, sich z.B. durch Alkohol oder Drogen selbst zu ruinieren, dann wird ihm der Schutzengel nur wenig helfen können, denn Gottes Boten achten die Freiheit des Menschen auch dort, wo sie missbraucht wird und sich in sündhaftem und verkehrtem Tun gegen das Wohl des Menschen wendet.
Überall aber, wo wir es zulassen wollen, dass uns die Engel beistehen, wirken sie gerne. Der Gedanke an den heiligen Schutzengel ist nicht nur ein Trost für kleine Kinder, damit sie besser einschlafen können, sondern sollte uns auch als Erwachsene begleiten. Die Engel Gottes wollen uns in den täglichen Gefahren des Leibes und der Seele bewahren. Vergessen wir es nicht: Es geht ja um unseren Pilgerweg zu Gott, um den irdischen Lebensweg, der mit vielen Gefahren verbunden ist, in denen uns Gottes Liebe bewahren möchte. Im Psalm 91 (90),10–13 heisst es dazu in trostvoller Weise: „Dir begegnet kein Unheil, kein Unglück naht deinem Zelt. Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuss nicht an einen Stein stösst; du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen.“
Der Mensch denkt an erster Stelle an irdische Nöte und Gefahren. Aus eigener Erfahrung werden wir uns an Situationen erinnern können, wo wir im Nachhinein sagen mussten: „Da haben wir grosses Glück gehabt!“ Wenn wir es religiös verstehen, dürfen wir sagen: „Der heilige Schutzengel hat uns geholfen.“
Noch grösser sind die geistigen Gefahren, die den Menschen bedrohen. Denken wir an schlechte und unheilvolle Einflüsse einer glaubensfeindlichen und gottlosen Umgebung oder an die sittliche Rohheit bestimmter Kreise. Ist es nicht angebracht, besonders die Kinder und die heranwachsende Jugend dem Schutz der heiligen Engel zu empfehlen, damit sie auf guten Wegen wandeln und nicht dem Bösen erliegen? Jesus sagt ja, dass die Engel immerdar das Antlitz des himmlischen Vaters schauen: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters“ (Mt 18,10). Und auch der erwachsene Mensch braucht in vielem den Schutz und die Hilfe Gottes, wie sie uns durch den Dienst der Engel zuteil wird.
In besonderer Weise empfiehlt die Kirche die kranken und sterbenden Menschen dem Schutz und der Fürbitte der heiligen Engel. Wenn einst das irdische Leben zu Ende geht, mögen uns die Engel Gottes zum Paradies geleiten, zur Anschauung Gottes in der himmlischen Herrlichkeit.
Wenden wir uns zum Abschluss dieser Überlegungen der heiligen Gottesmutter Maria zu, der Königin der Engel: So wie die Engel Christus dem Herrn dienen und ihn anbeten, sind sie auch mit Maria, der Gottesmutter, verbunden. Im Himmel gibt es eine grosse Gemeinschaft aller Engel und Heiligen, die in gegenseitiger Freude Gottes Lob verkünden, der alles ins Dasein gerufen hat und auch uns zum ewigen Leben in seiner Herrlichkeit beruft!
Amen
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