Die Religion der ersten Christen: Eine Theorie des Urchristentums
Eine Fortführung und Alternative zu einer »Theologie des Neuen Testaments«
Sonntagsblatt – Professor Gerd Theissen
Die Dynamik des urchristlichen Glaubens ist in der Dynamik des Lebens verwurzelt. In diesem Buch zeigt Gerd Theissen, was die ersten Christen in ihrem Innersten bewegte. Sein Werk ist eine religionswissenschaftliche Beschreibung und Analyse des urchristlichen Glaubens. Es will weder rein deskriptiv die Theologie des Neuen Testaments beschreiben, noch konfessorisch ihren Glauben durch Wiederholung beschwören, sondern die Kraft dieses Glaubens verständlich machen. Theissen verfolgt dabei zwei Ziele: Einerseits untersucht er das Leben der Urchristen und stellt ihre theologischen Aussagen in semiotische, psychische und historische Zusammenhänge. Auf diese Weise werden mit religionswissenschaftlichen Kategorien der Glaube, der Kult und das Ethos der frühen Kirche sichtbar. Andererseits zeigt er, wie sich das frühe Christentum vom Judentum fortentwickelte und eine autonome religiöse Zeichensprache schuf, die eine ungewöhnliche gemeinschaftsbildende Kraft hatte und die Geschichte umgestaltete.
Mit dieser neuartigen Annäherung überschreitet Gerd Theissen den nur innerkirchlichen Diskurs über die Theologie des Neuen Testamentes und macht urchristliches Leben und Denken auch denen zugänglich, die selbst der christlichen Weltdeutung fernstehen.
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Unzählige Male ist das Leben und der Glaube des Urchristentums von Theologen beschrieben worden. Der Heidelberger Neutestamentler Gerd Theissen fügt den Regalmetern weitere 450 Seiten hinzu, und doch ist sein Buch wohltuend anders. Den “innerkirchlichen Diskurs” will der renommierte Autor nicht bereichern. Sein Wunsch lautet vielmehr: Auch nichtchristliche Wissenschaftler mögen verstehen, “was die ersten Christen in ihrem Innersten bewegte”. Auf diese Weise könne ein für Kirche und Christentum wichtiger Dialog mit anderen Fakultäten in Gang kommen.
Konsequent erklärt und beschreibt Theissen das Leben und den Glauben der ersten Christen nicht nach theologischen Aspekten, sondern mit allgemeinen religionswissenschaftlichen Kategorien. Religion definiert er als “ein kulturelles Zeichensystem, das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheisst”. Mit dieser ungewöhnlichen Erklärung verschafft sich Theissen Freiraum, die Ausbreitung des Urchristentums nicht als Gotteswerk darzustellen sondern als sozialgeschichtlich erklärbare Bewegung, die sich durch Mythen, Ethik und Riten von ihrer Umwelt abhob. Jesus, so Theissen, habe die jüdische Zeichensprache durch die Verkündigung der hereinbrechenden Gottesherrschaft wiederbelebt; “die ersten Christen aber stellten Jesus selbst ins Zentrum ihrer religiösen Zeichenwelt, inthronisierten ihn über Hymnen und Gebete zur Rechten Gottes und legten damit den Grund für die Trennung von Christentum und Judentum.”
Das historische Problem der Auferstehung umgeht Theissen, indem er ihren “subjektiv authentischen Erlebnisgehalt” hervorkehrt — “unabhängig davon, wie man dieses Erleben deutet”. Als urchristliche Grundwerte arbeitet Theissen “Nächstenliebe” und “Statusverzicht” heraus; sie hatten Auswirkungen auf die Stellung der ersten Christen zu Besitz und Macht. Nach und nach entstand ein “autonomes religiöses Zeichensystem”, dessen Neuartigkeit im Gegenüber zu Judentum und heidnischen Kulten in der Internationalität und Exklusivität bestand. Eine Gemeinschaft stiftende, faszinierende “semiotische Kathedrale” hätten sich die ersten Christen erbaut; deren Architektur führte “Menschen über kulturelle und nationale Grenzen hinweg zusammen und musste den Eindruck stärken: Hier kommt zum Durchbruch, was Konsens aller Menschen werden kann.” —Uwe Birnstein
Über den Autor
Dr. Gerd Theissen, geboren 1943, ist Professor em. für Neutestamentliche Theologie in Heidelberg. Er gilt als einer der kreativsten Exegeten der Gegenwart und entwickelte eine Theorie des Urchristentums, indem er die biblische Überlieferung mit Hilfe soziologischer und religionspsychologischer Fragestellungen untersuchte. Sein Buch “Der Schatten des Galiläers” ist seit mehr als 30 Jahren ein unübertroffenes Werk erzählender Jesusliteratur.
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Die Religion der ersten Christen: Eine Theorie des Urchristentums
Autor: Dr. Gerd Theissen
Gebundene Ausgabe: 455 Seiten
Verlag: Gütersloher Verlagshaus; Auflage: 4 (1. Oktober 2000)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3579026232
ISBN-13: 978-3579026237
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