Geistliches Testament von Joachim Kardinal Meisner

Wie alle Menschen kenne ich nicht den Tag und die Stunde meines Todes und auch nicht die Art und Weise, wo und wie ich sterben werde

Quelle

Köln, den 25. März 2011

Liebe Mitbrüder im geistlichen Dienst,

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Seelsorge und Caritas,
liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Köln,
liebe Freunde und Verwandte!

Wie alle Menschen kenne ich nicht den Tag und die Stunde meines Todes und auch nicht die Art und Weise, wo und wie ich sterben werde. Darum möchte ich jetzt schon ein letztes Wort an Sie alle niederschreiben, das dann zu gegebener Zeit verlesen wird. Es soll hauptsächlich ein letztes Wort in dieser Welt vor Ihnen an Jesus Christus sein.

Herr Jesus Christus,

du bist das Wort, durch das alles geworden ist. Ich danke dir, dass du 
mich gewollt hast und ich deshalb geworden bin. Dein Wort hat mich im Leben begleitet und mich in deine Not um die Welt und den Menschen geführt. Deshalb wurde ich Priester und Bischof, geprägt und geweiht von deinen Wundmalen. Es gehört zu den staunenswertesten Gaben meines Lebens, dass du mich bei deinem Kreuz verwendest und mich deiner Leiden gewürdigt hast. Durch deine Leidenschaft für die Welt sind dein Herz, deine Hände und deine Füsse durchbohrt worden. Aus Liebe zu den Menschen hast du mich mit deinem Kreuz berührt. Du hast mich dein Priester und dein Bischof werden lassen. Darum will ich mich besonders im Sterben im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus rühmen, durch das Freude in die Welt gekommen ist.

Im Stundengebet der Kirche bezeuge und bekenne ich mit unseren Priestern ausdrücklich:

“Christus, göttlicher Herr,
dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben:
unbewusst, wer dich nicht kennt;
sehnsuchtsvoll, wer um dich weiss.

Christus, du bist meine Hoffnung
mein Friede, mein Glück, all mein Leben:
Christus, dir neigt sich mein Geist;
Christus, dich bete ich an.

Christus, an dir halt’ ich fest
mit der ganzen Kraft meiner Seele:
dich Herr, lieb’ ich allein –
suche dich, folge dir nach.”

In dieser Freude versuchte ich, Ihnen allen im Erzbistum Köln zu dienen. Unsere Bischofsstadt Köln trägt den Ehrentitel “Sancta Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia” (Heiliges Köln, von Gottes Gnaden der Römischen Kirche getreue Tochter). Ich habe in meinem bischöflichen Dienst versucht, dieser Auszeichnung zu entsprechen. Christus hat das Petrusamt in die Kirche eingestiftet, um den vielen Völkern in den verschiedenen Zeiten Orientierung und Halt zu geben. Das ist meine letzte Bitte an Sie alle um Ihres Heiles willen: Stehen 
Sie zu unserem Heiligen Vater. Er ist der Petrus von heute. Folgen Sie seiner Wegweisung. Hören Sie auf sein Wort. Petrus will nichts für sich, sondern alles für den Herrn und für seine Schwestern und Brüder.

Sie wissen alle, die Spanne meines Lebens umfasste drei gesellschaftliche Systeme: das zwöljährige Hitlerreich, die vierundvierzigjährige Herrschaft des Kommunismus und schon jetzt über zwanzig Jahre die freiheitliche Demokratie. In allen drei Lebensepochen hat mir der 
Dienst des Papstes immer Orientierung, Ermutigung und Beistand geschenkt. Haltet immer zum Papst, und ihr werdet Christus nie verlieren!

Nicht die Gnade, die der Apostel Johannes empfangen, begehre ich, nicht die Vergebung, mit der du dem Petrus verziehen, die nur, die du am Kreuz dem Schächer gewährt hast, die erflehe ich:

“Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein” (Mk 15,43).

Joachim Kardinal Meisner
Erzbischof von Köln

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